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MedienScreen # 8 [Hooligans Elbflorenz, Gerichtsauftakt]

(…) Fünf Männer stehen seit Mittwoch [24. August] unter anderem wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor dem Gericht. Die Gruppierung soll besonders für gewalttätige Randale bei Auswärtsspielen von Dynamo Dresden verantwortlich sein.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, die “Hooligans Elbflorenz“ gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Die Gruppierung soll besonders für gewalttätige Randale bei Auswärtsspielen von Dynamo verantwortlich sein. Ein Angeklagter stand bereits im Sommer 2009 als “Organisator“ der EM-Krawalle von 2008 vor Gericht und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, die er inzwischen verbüßt hat. Für den Mammut-Prozess sind 30 Verhandlungstage angesetzt. Zum Prozessauftakt wurde die Anklage noch nicht verlesen, weil die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen die Staatsschutzkammer wegen “unrechtmäßiger Besetzung“ gestellt hatte (…) [Prozess gegen “Hooligans Elbflorenz“ vor dem Landgericht Dresdendresden-fernsehen.de, 24. August 2011]

(…) Vorrangiges Ziel der Gruppierung sei es allerdings gewesen, sich überwiegend bei Spielen des Fußballclubs Dynamo Dresden mit Hooligans der gegnerischen Vereine zu Schlägereien ohne Regeln zu treffen. Die Prügeleien in den Jahren 2008 und 2009 seien darauf ausgerichtet gewesen, ohne Rücksicht auf die Gesundheit zu kämpfen, sagte [Staatsanwalt] Wagner. Anreise, Kleidung und Auftreten seien detailliert geplant worden.

Unter anderem hätten sich die Mitglieder der “Hooligans Elbflorenz“ mit Mitgliedern der Gruppierung “Brigade Nassau 9“ aus dem Raum Frankfurt am Main getroffen. Bei den Auseinandersetzungen soll einer der Gegner zu Boden gestreckt und minutenlang blutend liegend gelassen worden sein. Der Mann habe mehrere Knochenbrüche im Gesicht erlitten, sagte der Staatsanwalt.

Einer der Anwälte erklärte, bei den verabredeten Schlägereien der Hooligans handele es sich nicht um Straftaten. Es sei lediglich eine “ungewöhnliche Freizeitbeschäftigung“, sagte Rechtsanwalt Rolf Franek. Die Gruppierung sei daher auch keine kriminelle Vereinigung (…)

(…) Auch das Gericht stellte fest, dass einige Punkte der Anklage “hoch problematisch“ seien. Ob es sich bei den “Hooligans Elbflorenz“ um eine kriminelle Vereinigung handele, müsse im Prozess geprüft werden. Mit dem Tatvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung bei verabredeten Hooligan-Schlägereien betrete das Gericht Neuland, sagte Richter Lames. Ein Urteil wird kurz vor Weihnachten erwartet. [Dresden – Hooligans schweigen zu Angriffen auf türkische Lokalemz-web.de, 24. August 2011]

(…) “Der Junge liegt auf der Intensivstation mit Kieferjochbein- und Augenhöhlenbruch.“ “Wir hatten auch schon so einen Fall, ist nach zwei Wochen ausgeheilt.“ Solche und ähnliche SMS tauschten sich Frankfurter und Dresdner Hooligans im Oktober 2009 nach einer wüsten Schlägerei in hessischen Wildeck-Obersuhl aus. Kurznachrichten von jungen Männern, die ganz selbstverständlich und trocken zertrümmerte Knochen und lebensbedrohliche Verletzungen kommentierten, ohne das eigene Handeln zu hinterfragen oder Reue zu zeigen. Die Dresdner gehörten zu den “Hooligans Elbflorenz“ – eine der extremsten und brutalsten Schlägertruppen in ganz Deutschland (…)

Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zweck von organisierten Schlägereien bei Fußballspielen vorgeworfen, daneben Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Dabei bezieht sich die Staatsanwaltschaft auf sieben konkrete Fälle, wobei es bei zwei Schlägereien Schwerverletzte gab und bei einer dritten zumindest der Versuch von gefährlicher Körperverletzung. Alles spielte sich 2009 ab.

Zwei verabredete Prügelorgien, im Mai 2009 mit gewaltbereiten Fans vom Fußballclub Erzgebirge Aue sowie im August des selben Jahres mit Hooligans des FC Nürnberg, konnten durch die Polizeipräsenz verhindert werden. Zwei weitere angekündigte Aufmärsche von verfeindeten Hooligans im September 2009 verliefen ebenfalls im Sande. So hatten sich die Dresdner Schläger in Tschechien mit russischen Hooligans prügeln wollen. Eine Auseinandersetzung Anfang November 2009 in Jena forderte einen Verletzten, eine weitere Schlägerei mit Radikalen von Lok Leipzig verlief dagegen “relativ“ unblutig. Und dann bleibt noch die Begegnung der Frankfurter Hooligans “Brigade Nassau 96“ mit den Schlägern aus Elbflorenz im Oktober, die beinahe ein Leben kostete. Gerade die dort im Nachgang verschickten SMS bezeugten, dass die Hooligan-Gruppen bewusst und willig aufeinander losgeschlagen hatten (…)

Nach Aussage der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den “Hooligans Elbflorenz“ um eine straff und regelrecht militärisch durchorganisierte Gruppierung. Ihr Ziel sei es, gemeinsam schwere Straftaten zu begehen, die sich nicht mehr nur auf das Umfeld von Fußballspielen konzentrieren (…) [Landgericht Dresden verhandelt über “Hooligans Elbflorenz“dnn-online.de, 25. August 2011]

(…) Der übergeordnete Zweck der Gruppierung soll darin bestanden haben, “erprobtes Personal“ für die legalen Sicherheitsdienste des Rädelsführers der Vereinigung zu rekrutieren.

Dieser Chef ist laut Anklage ein 35-jähriger Versicherungsmakler aus Pirna, verheiratet, ein Kind (…) Die Anklage wirft ihm zudem vor, versucht zu haben, im Raum Löbau ein Sicherheitsunternehmen mit seinen Leuten “abzulösen“. Neben dem Rädelsführer sitzt sein mutmaßlicher Stellvertreter, ein 34-jähriger Dresdner (…) Die beiden führten auch die Untergruppe der “Althools“ an, so Wagner.

Die Jüngeren – “Jungsturm“ genannt – wurden vom Mitangeklagten Willi K. (24) geführt. Als einziger hat er bereits zweieinhalb Jahren wegen schweren Landfriedensbruchs gesessen und ist erst seit Juni wieder auf freiem Fuß. In seinem ersten Prozess im März 2009 hatte er gestanden, zu Überfällen auf vier Dönerläden in der Neustadt aufgerufen zu haben (…)

Die Verteidiger bestreiten, dass sich ihre Mandanten schuldig gemacht haben. Der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung sei eine “strafprozessuale Wundertüte“, die Ermittlern etwa Telefonüberwachungen erlaube. Schlägereien unter Hooligans seien aber nicht strafbar, da die gegnerischen Gruppen einvernehmlich gehandelt hätten. “Allein im Boxsport hat es seit 1990 rund 180 Tote gegeben“, sagt Willi K.s Anwalt Rolf Franek.

Für den Prozess sind bis Ende des Jahres 31 Verhandlungstage vorgesehen. Das zeigt, dass das Gericht vor einer aufwendigen Beweisaufnahme steht. Die Frage ist tatsächlich, was da einmal herauskommen kann. Als die Verfahren nach einer Großrazzia Ende 2009 bekannt wurden, klangen die Vorwürfe weit gravierender. Zurzeit laufen noch Ermittlungsverfahren gegen 24 weitere Beschuldigte der “Hooligans Elbflorenz“. [Hooligan-Maskerade vor GerichtSächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 25. August 2011]

[Dieser Beitrag wurde am 25. August 2011 als Presse-Spiegel bei Ostfussball.com publiziert.]

MedienScreen # 7 [Fern gesehenes Relegationsspiel, NDR, MDR, Medien]

[Fundstück] “Realität – nur eine Frage der Regie“, politplatschquatsch.com, 27. Mai 2011 –

(…) Die Realität, sie ist noch stets nur eine Frage der Regie. Als Dynamo Dresden im Relegationsspiel in Osnabrück kurz vor dem größten Erfolg der letzten Jahre stand, waren sie natürlich auch wieder da. Eine Handvoll Irrer, die die Gelegenheit passend fanden, genau jetzt die mitgebrachten bengalischen Feuer zu zünden, um ihrer Freude auf eine Weise Ausdruck zu verleihen, die – ein wenig bösen Willen vorausgesetzt – den Schiedsrichter auch hätte veranlassen können, das Spiel abzubrechen. Osnabrück wäre dann in der 2. Liga geblieben, Dresden in der 3.

Sehen konnte das Ausmaß der Ausschreitungen allerdings nur, wer als Osnabrück-Anhänger die Übertragung des NDR sah. Der MDR, der den sächsischen Traditionsklub mit einem eigenen Team nach Norden begleitet hatte, um den Fans zu Hause einen landsmannschaftlich-begeisterten Kommentar zu bieten, reagierte schnell. Solche Bilder will man daheim nicht sehen, entschied die Regie. Solche Bilder muss daheim auch keiner sehen. Wie sieht das denn aus? Und zeigte statt der brennenden Dynamo-Kurve, der herumirrenden Spieler und des heftig diskutierenden Schiedsrichters minutenlang unverfängliche Wiederholungen von Spielszenen. Das Live-Bild mit dem, was wirklich geschah in Osnabrück, packte die Sendeleitung in ein kleines Kästchen am Bildschirmrand.

Ausschreitungen? Immer dasselbe mit den Fans von der Elbe? Aber woher denn! Das große Dynamo-Herz der MDR-Verantwortlichen ließ den peinlichen Eklat genau auf dieselbe Art zu einer Marginalie schrumpfen, wie ihr aufklärerisches Engagement seinerzeit die blödsinnigen “antisemitistischen“ (MDR) “Juden Jena“-Rufe von HFC-Fans zu einer Staatsaffäre aufgeblasen hatten.

Welche Verwunderung muss in Dresden herrschen, wenn der DFB nun ein “Nachspiel“ der “Jagd- und Prügelszenen am Rande des Relegationsspiels zwischen dem VfL Osnabrück und Dynamo Dresden“ ankündigt, wo doch großartige Jagd- und Prügelszenen beim Nachfolgesender des DDR-Fernsehens gar nicht zu sehen waren? Und die “Sächsische Zeitung“ auch nur sehr sparsam darüber berichtet? “Bereits während der Partie hatten Dynamo-Anhänger auf der Tribüne Fahnen angezündet und Feuerwerkskörper abgebrannt“, weiß man immerhin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (…)

Der Schiri habe die Partie aus Sicherheitsgründen einige Sekunden vor dem Ablauf der regulären Spielzeit abgepfiffen, weil Dynamo-Fans aufs Spielfeld drängten. Beim Sturm der Fans kam es dann zu “Tritten und Schlägen gegen Beamte, Ordner und Fotografen, im Stadion wurden Kameras, Werbebanden und Sitzschalen zerstört“. Sätze, die laut Google-News keine Ostzeitung auch nur sinngemäß druckt. Dafür aber alle West-Medien. Hier die Angst, dem Fußballstandort zu schaden. Dort die klammheimliche Freude, dem ballspielenden Osten alle Klischees als völlig korrekt unter die Nase reiben zu können.

“Ostklubs sind eine Bereicherung“, höhnt das Hamburger Abendblatt. Von “Hunnen oder Wandalen in der Völkerwanderungszeit“, sieht eine Zeitung in Offenbach. Die Blätter im Osten dagegen schweigen (…) Nicht einmal der MDR, der ja dabei war, findet auf seiner Homepage ein Plätzchen, Bilder der Ausschreitungen zu zeigen (…)

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Mit Dank & Gruß an PPQ und dortselbst im vollständigen Original.

[Dieser Beitrag wurde am 27. Mai 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]

MedienScreen # 6 [Dynamo-Fans, Hunnen, Wandalen, Ossis]

[Fundstück] “Klagende Unschuldslämmer“, Thomas Kirstein, op-online.de, 19. Mai 2011 –

(…) Der Ruf, der Anhängern des Fußballclubs Dynamo Dresden vorauseilt, steht kaum dem von Hunnen oder Wandalen in der Völkerwanderungszeit nach. Allerdings waren die Stämme frei vom Rassismus, den ein Teil der Elb-Hooligans pflegt.

Wer im Internet nach “Dresden“ und “Fans“ sucht, wird mit einer Fülle von Berichten über Krawalle und antisemitische Hetze bedient.

Beim Spiel Offenbach gegen Dresden gilt also höchste Alarmstufe, zumal in einer Baustelle. Nachdem es dann tatsächlich zu Konfrontationen gekommen ist, gehen die als Provokateure geltenden Sachsen in die mediale Offensive. Die Methode ist bekannt: erst Krawall machen, dann die Unschuldslämmer mimen (…)

[Fundstück] “Augenzeuge – der Wochenrückblick der Fangemeinschaft Dynamo“, fangemeinschaft-dynamo.de, 18. Mai 2011 –

(…) Länger im Gedächtnis bleiben werden den Offenbachreisenden allerdings auch die katastrophalen Rahmenbedingungen des Spiels. Selten, so waren sich alle dynamischen Auswärtsfahrer einig, hatte man ein derartiges Chaos erlebt, wie in Offenbach. Von einem Konzept nicht die leiseste Spur, dafür gab es völlig hilflose Ordner zu bestaunen und Polizisten, die den Einsatz im und am Stadion offensichtlich mit einem Kampfsportseminar verwechselten. Das die Unfähigkeit von Veranstalter und Sicherheitskräften, sowohl im Heimbereich des Stadions als auch am und im Gästeblock nicht zu richtigen Katastrophen führte, war an diesem Nachmittag einzig und allein dem unglaublich besonnenen Verhalten der schwarzgelben Fans zu verdanken. Die Fangemeinschaft Dynamo zollt dafür allen Dynamos ihren größten Respekt (…)

[Dieser Beitrag wurde am 19. Mai 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]

MedienScreen # 5 [Fangemeinschaft Dynamo, Offenbach]

[Fundstück] Pressemitteilung: Fangemeinschaft Dynamo entsetzt über Einsatz in Offenbach, fangemeinschaft-dynamo.de, 16. Mai 2011 –

(…) Im letzten Spiel der gerade abgelaufenen Saison traf die SG Dynamo Dresden auf die Kickers aus Offenbach. Bereits lange vorher war klar, dass die bauliche Situation rund um den Bieberer Berg ungünstig sein wird. Um so unverständlicher ist für uns das, was am Sonnabend passierte.

Die Situation am Einlass ins Stadion wurde durch völlig konzeptlose Einheiten der Polizei und der Ordnungskräfte regelrecht provoziert. Nicht nur willkürliche Festnahmen, sondern auch das Verhalten der Einsatzkräfte waren alles andere als deeskalierend. Unsinnige Aufrufe an mehr als 800 Menschen, geschlossen zurückzutreten, wechselten sich mit der Androhung von Gewalt ab. Die Stimmung heizte sich durch derartiges Verhalten weiter auf und drohte endgültig zu kippen. Innerhalb des Stadionbereiches wurden die Fans aufgerufen, per Telefon oder SMS beruhigend auf die Wartenden einzuwirken. Dagegen wurden die mit offiziellen Arbeitskarten des OFC ausgestatteten Fanvertreter der Fangemeinschaft Dynamo beim Versuch, direkt am Tor deeskalierend auf die eigenen Fans einzugehen, mit Platzverweisen belegt. Die damit einhergehenden Beschimpfungen führender Polizeibeamter empfinden wir als Provokation und deutliches Signal an uns Fanvertreter, dass eine Beruhigung der Lage gar nicht gewollt war. Aussagen in diese Richtung gab es jedenfalls mehrfach.

Leider durften wir auch zum wiederholten Male erleben, dass seitens der Polizei der Einsatz von Pfefferspray einer immer weiter sinkenden Hemmschwelle unterliegt. Ohne tatsächlichen Grund wurde willkürlich und rücksichtslos in Menschenmengen gesprüht, Verletzungen von unschuldigen und wehrlosen Fans dabei mindestens billigend in Kauf genommen. Wir empfinden es als unerträglich, dass Menschen, die zu einer offiziellen Veranstaltung gehen wollen, bereits vorbeugend erklärt wird, sie müssen mit der Gewalt staatlicher Einsatzkräfte rechnen. Das Verhalten der Polizei und der Einsatzkräfte in Offenbach war eines Rechtsstaates unwürdig und ist in keiner Weise mit dem ersten Artikel des Grundgesetzes zu vereinbaren.

Die Fangemeinschaft Dynamo ist stolz auf das Verhalten der Dynamofans. Nur der Besonnenheit der großen Masse ist es zu verdanken, dass die Situation in Offenbach trotz ständiger Provokationen und unsinniger Restriktionen nicht eskaliert ist. Dem gegenüber steht das Entsetzen über die Art und Weise einer Machtdemonstration hauptsächlich uniformierter Beamter im Staatsdienst, die ihre Aufgabe, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, gründlich missverstanden haben. Gewalt ist aus Sicht der Fangemeinschaft Dynamo niemals ein Mittel, um vorhandene Probleme zu bekämpfen. Weder auf Seiten der Fans, noch auf Seiten der Polizei und Ordnungskräfte.

Die Fangemeinschaft Dynamo bedauert jeden einzelnen Verletzten. Keinem Fan, keinem Ordner und keinem Polizeibeamten sollten solchen Risiken durch mangelhafte Konzeption aufgebürdet werden. Die für die Sicherheit Verantwortlichen haben am Sonnabendnachmittag jedoch genau dies durch ihr völliges Versagen getan (…)

[Fundstück] Offener Brief der Fangemeinschaft Dynamo an die Verantwortlichen der Offenbacher Kickers 1901, fangemeinschaft-dynamo.de, 16. Mai 2011 –

(…) Sehr geehrter Präsident, Herr Dieter Müller,
sehr geehrter Geschäftsführer, Herr Thomas Kalt,
sehr geehrter Sicherheitsbeauftragter, Herr Gernot Hess,
sehr geehrte Fanbeauftragte, Herr Matthias Schmidt und Herr Raffael Baccaro,

nach dem Spiel der Offenbacher Kickers 1901 gegen die SG Dynamo Dresden ziehen wir, die Fangemeinschaft Dynamo, eine erschreckende Bilanz. Medienberichten zufolge zählten die Sanitäter und Ärzte vor Ort insgesamt 29 Verletzte. Dies ist umso bedauerlicher, als dass jeder einzelne Verletzte an diesem Tag vermeidbar gewesen wäre.

Dynamo Dresden hat selbst Erfahrungen mit dem Spielbetrieb auf einer Baustelle. Dennoch gab es in Dresden zu keinem Zeitpunkt der Bauphase Verletzte durch mangelnde Sicherheitskonzepte. Aus unserer Sicht wurden bereits in der Vorbereitung des Spieles gravierende Fehler begangen.

Im Ergebnis musste das Spiel eine viertel Stunde später angepfiffen werden, gleichwohl zu diesem Zeitpunkt noch mehrere hundert Dresdner vorm Stadion warteten. Eine vollkommen unübersichtliche Situation am Eingang, die leicht vermeidbar gewesen wäre, ist dabei nur der Anfang der Kette von Unverständlichkeiten. So ist es der Konzeptlosigkeit aller Sicherheitskräfte geschuldet, dass Offenbacher Fans aus ihrem eigenen Block mit Polizeigewalt vertrieben werden mussten. Im Dresdner Fanblock wurde Pfefferspray eingesetzt, weil einige Wenige auf dem Zaun saßen, ebenso am Treppenaufgang gegen Fans, welche dort auf die sich vor dem Stadion befindlichen Personen warteten. Verletzungen Unschuldiger wurden dabei billigend in Kauf genommen. Aufrufe über den Stadionsprecher waren inhaltlich an Dreistigkeit kaum zu überbieten. So wurden die Dresdner Fans aufgerufen, beruhigend auf die Masse eigener Fans vor dem Stadion einzuwirken. Diesem Aufruf folgend wurden dann Fanvertreter trotz Arbeitskarte mit Platzverweisen belegt. Niemand im Stadion war als Ansprechpartner oder Vermittler zur Stelle, mit dem man gemeinsam die Situation beruhigen hätte können. Ein sogenannter “Communicator“ der Polizei warb sogar mit “privaten Problemen“ um Verständnis.

Höhepunkt der Peinlichkeiten waren dann die minutenlang wiederholten Androhungen von Gewalt durch die Polizei über das Mikrofon des Stadionsprechers, begründet mit der Aussage, man wolle keine Gewalt. Dass Fans auf Zäunen sitzen, mag nicht gewollt sein. Sie haben durch das ausgesprochene Verbot auch nichts darauf zu suchen. Dieses einfache Sitzen aber als “Aggression“ zu bezeichnen, ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten!

Sehr geehrte Verantwortliche des OFC,

zusammengefasst haben Sie im Zusammenhang mit dem genannten Spiel Ihre mangelnde Fähigkeit demonstriert, ein Spiel unter den gegebenen Bedingungen sicher und kontrolliert durchzuführen. Für die Vertreibung der eigenen Fans aus dem eigenen Block aufgrund mangelnder Organisation der angezeigten Fantrennung, für die völlig undurchdachte Zuführung der Dresdner Fans zum Stadion und für die offene und wiederholte Androhung von Gewalt sollten Sie sich schämen! Das ist eines ambitionierten Drittligisten nicht würdig! (…)

[Dieser Beitrag wurde am 16. Mai 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]

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MedienScreen # 4 [Heterogener Blick auf Ultras]

[Fundstück] Michael Wollny, Blog: Ultra unschuldig!, eurosport.yahoo.com, 9. Mai 2011 –

(…) Sie fühlen sich missverstanden. Nicht ausreichend gewürdigt in ihrem moralischen Kampf gegen den schnöden Mammon, gegen Kommerz und Ausverkauf. Dabei sind sie doch ehrenhafte Ritter, Verteidiger des heiligen Fußball-Grals. Sie sind doch die Unverzichtbaren, die wahren, echten authentischen Fans … pardon: Ultras, no Fans!

Ohne ihren meditativen Dauergesang würde schließlich keinem Stürmer das Standbein beim Torschuss einschlafen.

Ohne ihre Grünflächenpflege beim Rasensprengen mit Böllern und Bengalos müsste man wohl bald schon wieder auf roter Asche kicken.

Ohne ihre Transparente “Diffidati con noi“ wüsste niemand, dass deutsche Ultras auch drei Worte Italienisch können.

Ohne ihre Transparente “Ausgesperrte immer bei uns“ wüsste niemand, dass der “moderne Fußball“ für “Diffidati con noi“ auch Untertitel anbietet.

Ohne ihre Beute aus fremden Fanshop-Schals wüsste niemand, dass man einem normalen Fan ab und an auch einfach mal ordentlich den Frontspoiler polieren muss.

Ohne ihre Abneigung auf das Fanshop-uniformierte Event-Publikum wüsste niemand, dass schwarze Jacken, Sonnenbrille, Gürteltasche und Gesichtsvermummung vollkommene Individualität widerspiegeln.

Ohne ihr “A.C.A.B.“ wüsste niemand, dass Polizisten keine echten Menschen sind, sondern bestenfalls der schweflige Auswurf des Satans höchstselbst. Obwohl sich letztlich doch beide Seiten nichts schenken und sogar gegenseitig bedingen.

Ohne ihr Credo wüsste niemand, dass nur Ultras die höchste Ebene des menschlichen Seins erreichen können, ohne sich selbst noch ans eigene Credo halten zu müssen.

Ohne ihre allwöchentlichen Stellungnahmen wüsste niemand, dass Ultras grundsätzlich immer nur Opfer und nie Täter sind.

Ohne ihre Aversion gegen anstrengende Gesellschaftsnormen wüsste niemand, dass Ultras lieber eigene Regeln aufstellen, an die sie sich dann selbst nicht immer halten.

Ohne ihr Mantra “Fußballfans sind keine Verbrecher“ wüsste niemand, dass Körperverletzung, Sachbeschädigung und Diebstahl eigentlich gar keine Verbrechen sind, sondern nur kriminelle Lügen der Medien.

Ohne ihr isolationistisches Weltbild wüssten wir nicht, dass Hans Kasper recht hatte, als er vor Jahrzehnten feststellte: “Gib einem Fanatiker zur Hälfte recht, und du tötest ihn.“

Ohne ihr eitles Selbstbild wüssten wir nicht, dass Ultras die Exklusivrechte an echter Leidenschaft für den Verein besitzen.

Ohne ihr ausgewogenes Rechtsverständnis wüsste niemand, dass chronisch erfolglose Fußball-Profis zwingend totgeschlagen gehören.

Ohne ihr aggressives Selbstmitleid wüsste niemand, dass weniger der “moderne Fußball“ ein Problem darstellt, als viel mehr der moderne Ultra.

Ohne ihre krude Überhöhung des Fußballs wüsste niemand, dass Gott am 7. Tag in seiner Mittagspause den Ultra erschaffen hat.

(…)

Ohne all diese Dinge und den Mangel an kritischer Selbstreflexion wüssten wir nicht, dass moderne Ultras ihren traditionellen Werten und dem Anspruch auf Glaubwürdigkeit und Anerkennung selbst am meisten schaden.

Und so schwebt Sir Winston Leonard Spencer-Churchill auf seinem Union-Jack-Wölkchen über einem deutschen Fußballstadion, senkt den Blick nach unten, zieht an einer Romeo y Julieta und denkt sich wieder mal: “Ein Fanatiker ist ein Mensch, der seine Ansicht nicht ändern kann, und das Thema nicht wechseln will.“

Doch eines darf zum Schluss festgehalten werden:

Ohne ihre Heterogenität wüsste niemand, dass es auch noch Ultras gibt, für die Fußball und Verstand tatsächlich noch glaubhaft im Vordergrund stehen (…)

[Dieser Beitrag wurde am 10. Mai 2011 bei Ostfussball.com publiziert.]