Archiv der Kategorie: PoliticalScene

MedienScreen # 284 [Freedom Day light]

[Fundstück] Markus Feldenkirchen, “Zurück ins Leben“, DER SPIEGEL, 19. Februar 2022 –

Am 20. März also sollen (…) so gut wie alle Coronamaßnahmen auslaufen. Einige geschichtsvergessene Mitbürger sind darüber so aus dem Häuschen, dass sie von einem Freedom Day sprechen. Das ist, mit Verlaub, Kokolores und an Peinlichkeit kaum zu übertrumpfen. Als Freedom Day wurde bislang zum Beispiel jener Tag im Jahr 1994 bezeichnet, an dem in Südafrika die Apartheid endete (…) Oder der Tag der Nelkenrevolution in Portugal (…) Oder die Befreiung von Auschwitz. Bei uns geht es aktuell nur um den schnöden Umstand, dass man bald auch wieder ungeimpft in die Kneipe darf. Welch ein Hohn (…)

MedienScreen # 279 [Homo sapiens]

[Fundstück] Wolfgang Schaller, Kolumne “Satirischer Nachschlag“, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 30. Oktober 2021 –

(…) Der Dichter Jean Paul hat mal gesagt: Schon die Frage, ob du Jude bist, ist rassistisch. Denn es ist egal, ob jemand Jude ist oder Moslem oder Homo. Es geht niemanden was an. Und selbst, wenn es ein homosexueller jüdischer Moslem in Gestalt einer orthodoxen russischen Lesbe mit sächsischen Wurzeln wäre – es wäre ein Mensch (…)

MedienScreen # 276 [BündnisGrüne Zukunft? Learning by Doing.]

[Fundstück] Jutta Ditfurth, “Das größere Übel“, konkret, 6/2021 –

Der Kapitalismus, wenn er ungestört fortbestehen will, braucht die Grünen. An der Zuspitzung der Klimakrise ist den moderneren Kapitalfraktionen nicht gelegen (…)

(…) Das Modewort dafür heißt Green New Deal (…)

Für den Übergang braucht es eine Partei mit hoher ökologischer Glaubwürdigkeit, eine unbezahlbare Währung in dieser Krise. Wie gut, dass die Grünen sich in den letzten 30 Jahren alles antikapitalistischen Flausen ausgetrieben haben (…)

Die heutigen Grünen (…) die beiden Parteivorsitzenden sind das Resultat einer Entwicklung der Grünen, wie sie 1999 in einem rechtsgrünen Grundsatzpapier vorgeschlagen wurde: Der “Muff von 20 alternativen Jahren“ sei zu entsorgen, die Mitgliedschaft “teilweise“ auszuwechseln, mit den “Geschichten von 68“ müsse Schluss gemacht werden. “Ohne von der Öffentlichkeit respektierte“ Repräsentanten und Repräsentantinnen, denen die Partei vertrauen müsse, gehe das nicht (…)

Baerbock geht ihren Weg in der Schneise, die Joschka Fischer einst schlug. Zu seinem 70. Geburtstag gratulierte sie ihm auf Twitter: “Joschka Fischer hat den Rock ’n’ Roll in die Politik gebracht und die Grünen in die Regierungsfähigkeit geführt. Er hat unserer Partei auch viele unbequeme Entscheidungen zugemutet. Aber nur aus Zumutung erwächst Zutrauen und Kraft.“

Die Grünen waren einmal eine antimilitaristische und pazifistische Partei (…)

Bei den Grünen initiierten Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit Mitte der 1990er Jahre Auseinandersetzungen über eine mögliche militärische Intervention in Jugoslawien (…)

In den grünen Auseinandersetzungen um die Kriegsfrage griff Cohn-Bendit zur NS-Relativierung (…)

(…) später tönte Außenminister Fischer im Stahlgewitter-Sound des von im verehrten Ernst Jünger: “Die Grünen wollen regieren, jetzt werden sie abgehärtet – oder zu Asche verbrannt.“ (…)

(…) eines ist sicher: An den Grünen werden künftige Militäreinsätze oder umfangreiche neue Sozialstaatskürzungen (…) nicht scheitern. Ihr Rückgrat ist längst gebrochen.

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Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.

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