Archiv der Kategorie: ReftLight

NPD in einer “finanziell sehr ernsten Lage“

Berlin. Nur wenige Stunden vor dem geplanten Beginn ihres nach Berlin anberaumten Bundesparteitages wurde bekannt, dass der rechtsextremistischen Partei mittelfristig offenbar eine Rückzahlungsforderung von insgesamt 870.000 Euro aus der an sie bereits teilweise ausgereichten staatlichen Parteienfinanzierung ins Haus steht. Wie am Nachmittag des 10. November aus dem Deutschen Bundestag verlautbarte, seien die NPD-Rechenschaftsberichte der Jahre 1998 und 1999 fehlerhaft und somit die resultierenden staatlichen Zahlungen an die Partei rechtswidrig.

Als Grundlage für die rechtlichen Beanstandungen des rechtsextremistischen Finanzgebarens gelten vom dazumal amtierenden Thüringer Landesvorsitzenden Frank Golkowski seit 1996 über Jahre hinweg falsch ausgestellte Spendenbescheinigungen. Golkowski wurde im Juni 2006 wegen Steuerhinterziehung in 135 Fällen verurteilt.

Berichten zufolge soll der eigentlich nach dem Parteiengesetz bis zum 15. November anstehende vierte Zahlungsabschlag an die NPD in Höhe von 277.000 Euro nunmehr nur noch gegen hinterlegte Sicherheitsleistungen an die Partei ausgereicht werden. Dahingehend wird seitens der NPD mittlerweile scheinbar auch eine etwaige Verpfändung der Parteizentrale in Berlin-Köpenick als Schuldensicherheit in Erwägung gezogen. NPD-Bundesschatzmeister Erwin Kemna resümierte eine “finanziell sehr ernste Lage“ der Partei.

[Dieser Artikel wurde am 11. November 2006 bei redok veröffentlicht.]

Rechtsextremisten besudeln Pogrom-Gedenken

Frankfurt/Oder. Über den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten anlässlich der durch die deutschen Nationalsozialisten 1938 initiierten Reichspogromnacht liegt genau 68 Jahre später ein deutlich tiefbrauner Schleier. In der unmittelbar an der polnischen Grenze gelegenen brandenburgischen Stadt zerstörten am Abend des 9. November 2006 mehrere Rechtsextremisten unter “Sieg Heil“-Rufen nach einer Gedenkfeier am Denkmal für die ehemalige Synagoge abgelegte Blumengebinde und warfen Gedenk-Kerzen auf die Straße. Darüber hinaus wurde der Gedenkstein zur Erinnerung an die Zerstörung der Synagoge gleichfalls geschändet.

Einen Tag nach den Ausschreitungen wurden Haftbefehle gegen nunmehr neun Tatverdächtige beantragt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft begründen sich die Haftanträge mit den Straftatbeständen Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung. Zwischenzeitlich hatte die Polizei 16 Tatverdächtige im Alter zwischen 16 und 24 Jahren vorübergehend festgenommen. Nach Angaben der Behörden handele es sich um “zum Teil einschlägig bekannte Personen aus der rechten Szene“.

Das zuständige Frankfurter Amtsgericht lehnte die beantragten Haftbefehle jedoch am frühen Abend ab. Es bestehe weder Flucht-, noch Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr, hieß es zur Begründung.

[Dieser Artikel wurde am 10. November 2006 bei redok veröffentlicht.]

Razzia gegen “Blood & Honour“-Unterstützer

Zittau. Am 2. November wurden bei einer polizeilichen Durchsuchungsaktion zahlreiche rechtsextremistische Propaganda-Artikel sichergestellt. Diesbezüglich ermittelt das sächsische Landeskriminalamt (LKA) gegen einen 22jährigen Zittauer unter anderem wegen des Verdachtes der Unterstützung der im September 2000 vom Bundesministerium des Innern verbotenen “Blood & Honour Division Deutschland“.

Erst am 28. Oktober hatte der 22jährige im benachbarten ostsächsischen Görlitz den vorab in einschlägigen Kreisen beworbenen Szene-Laden “Showdown“ eröffnet, der im Verlauf der Polizeiaktion – wie seine Wohnung – gleichfalls durchsucht wurde. Beschlagnahmt wurden nach Angaben des LKA und der Staatsanwaltschaft Dresden beispielsweise Geschäftsunterlagen, Computer, Handys und Fahnen mit verbotenen Inhalten sowie “Blood & Honour“-T-Shirts und -CDs. Die aufgefundenen rechtsextremistischen Propagandamaterialien sollen von dem Zittauer nicht allein nur im “Showdown“ angeboten worden sein. Ein Vertrieb der rechtsextremistischen Devotionalien sei ebenfalls über seinen seit Oktober 2006 existierenden Online-Versand erfolgt.

Bereits am 7. März des Jahres waren auf Ansinnen der Staatsanwaltschaft Dresden sachsenweit insgesamt 34 Objekte mutmaßlicher Aktivisten von “Blood & Honour“ durchsucht worden.

[Dieser Artikel wurde am 4. November 2006 bei redok veröffentlicht.]

Sachsen: Vormaliger NPD-Landtagsabgeordneter jetzt DSU-Mitglied

Dresden. Die vorrangig noch in Sachsen agierende rechtskonservative Splitterpartei Deutsche Soziale Union (DSU) hat mehr oder weniger prominenten Zulauf erhalten: Klaus Baier aus Annaberg-Buchholz. Baier war bis Dezember 2005 Abgeordneter der sächsischen Landtagsfraktion der NPD und erreichte – auch in seiner Funktion als damaliger Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Annaberg-Buchholz – zur Landtagswahl 2004 13,7 Prozent der Erststimmen.

In seinem einstigen Wahlkreis Annaberg verzeichnete die NPD – nach der Sächsischen Schweiz – mit 14,0 Prozent ihr zweitbestes sachsenweites Wahlergebnis. Das Internet-Magazin Telepolis verortete Baier, seit 1998 Mitglied der NPD und zudem seit 1999 Mitglied im Landesvorstand, als Anhänger des ehemaligen NPD-Vorsitzenden Günter Deckert.

Nach seinem Fraktions- und Parteiaustritt fungierte Baier zwischenzeitlich als Mitglied der Freiheitlichen Partei Deutschlands (FP). Am 24. Oktober 2006 verkündete der 46jährige Klaus Baier seinen nunmehrigen Eintritt in die DSU.

[Dieser Artikel wurde am 28. Oktober 2006 bei redok veröffentlicht.]

Rechtsradikaler Terror vertreibt Politiker

Uwe Adamczyk (Linkspartei.PDS) legt nach vier auf ihn verübten Anschlägen seine politischen Mandate in Sachsen nieder und verlässt den Ort des Geschehens

Es ist ein Vorgang, der in der jüngeren politischen Geschichte der Bundesrepublik ohnegleichen sein dürfte. Ein Politiker sieht als letzte Konsequenz aus wiederholten rechtsradikalen Angriffen auf sein Hab und Gut – und nicht zuletzt sein Leben – nur noch die Aufgabe seiner politischen Ämter sowie einen Ortswechsel als Lösung.

Bereits zum vierten Mal in nur gut einem Jahr erfolgte vor wenigen Tagen auf das Haus von Uwe Adamczyk in Meerane wiederholt ein Brandanschlag. Der durch Körperbehinderungen auf den Rollstuhl angewiesene Adamczyk selbst konnte sich “nur mit Müh und Not“ in Sicherheit bringen. Die Polizei konstatierte “Brandstiftung“. Der Staatsschutz ermittelt in dieser – offensichtlich gegen den Politiker gerichteten – “Anschlagsreihe“.

Uwe Adamczyk war von 1994 bis 2004 Abgeordneter des Sächsischen Landtages. Bekanntheit erlangte er vor allem durch seine Arbeit als antifaschistischer Sprecher vormaliger PDS-Fraktionen. Innerfraktionell schien er allerdings dort zuweilen ob seines Engagements mehr gelitten und geduldet, als hilfreich unterstützt gewesen zu sein. Nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag erwarb Adamczyk den Gebäudekomplex in Meerane zur längerfristigen eigenen Existenzsicherung mit geplanter gastronomischer Einrichtung, Internet-Cafe, Billard sowie Wohnungen und Büroräumen in Funktion als alternatives Begegnungszentrum. “Von Anfang an war jedoch klar und auch gewollt, dass rechtsorientierte Personen für diese Räumlichkeiten keinen Zutritt erhalten.“ Noch nach den Anschlägen im Dezember 2005 erklärte Adamczyk: “Ich selbst aber auch die Jugendlichen hier im Gebäude lassen uns von diesen Rechten nicht einschüchtern.“

Nach dem vierten Anschlag im September 2006 legt Uwe Adamczyk nunmehr seine politischen Mandate als Stadtrat in Meerane und Kreistagsabgeordneter im Chemnitzer Land nieder und wird sich geografisch verändern. “Ich gebe auf. Auch wenn meine Feinde damit erreicht haben, was sie wollten“, sagte er Medien gegenüber. Das rechtsextremistische Störtebeker-Netz stellte noch im Nachgang kaum misszuverstehende Drohungen in den virtuellen Raum: “Und bevor er friedliche Menschen in anderen Regionen belästigt, sollte er nicht nur die Gabel abgeben!“

Am 4. Oktober demonstrierten gut 150 Menschen im sächsischen Meerane unter der Losung “Courage zeigen – Nazis widerstehen – Solidarität mit Uwe Adamczyk!“ Vorab erklärte die Linkspartei.PDS: “Die Konsequenzen, die Uwe Adamczyk nun zieht, sind für uns bitter, wenngleich auch sehr nachvollziehbar.“ Politikerinnen und Politiker aus anderen Parteien übten sich gleichfalls in verbaler Betroffenheit. Am Abend dieser Kundgebung in Meerane wussten die dann anrückenden Einsatzkräfte allerdings ziemlich genau um die Prioritäten ihres dortigen Einsatzes. Nach Augenzeugenberichten wurden die rund 40 Gegendemonstranten aus dem rechtsextremistischen Spektrum am Rand der Veranstaltung von der Polizei kaum beachtet – im Gegensatz zu den Versammlungsteilnehmern auf dem Meeraner Teichplatz. Man wolle “den Rechten in Meerane nicht das Feld überlassen“, verlautbarte jedenfalls der Vorsitzende des Kreisverbandes der Linkspartei.PDS im Chemnitzer Land. Warum nur klingt dies merkwürdigerweise ein wenig wie Pfeifen im dunklen Wald?

[Dieser Artikel wurde am 6. Oktober 2006 bei Telepolis veröffentlicht.]