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Die Reihen licht geschlossen

War die fünfjährige Präsenz der NPD im Sächsischen Landtag nur ein Intermezzo?

Als die NPD im September 2004 nach 36 Jahren wieder in ein bundesdeutsches Landesparlament einzog, stellte dies für die Einen das logische Resultat durch “die durchaus straffe personelle Organisation sowie eine mittlerweile erfolgte Verankerung der NPD in der Mitte der Gesellschaft“ dar. Andere prognostizierten “eine mittlere Kurzlebigkeit“ dieses Wahl-Erfolges und hofften “auf eine ’Entzauberung’ im Parlament und Selbstbeschäftigung der Rechtsextremen mit sich selbst“ (Rechter Aufbau Ost – NPD im Sächsischen Landtag). Schaut man nun kurz vor der Landtagswahl in Sachsen auf die letzten fünf Jahre zurück, sind für beide Ansätze exemplarische Beispiele zu finden.

Nachdem sich besonders bei den so genannten Freien Kameraden die erste Aufregung um die Anschaffung von zwei Mercedes-Limousinen der E-Klasse als Fraktionsdienstwagen etwas gelegt hatte, konnte die NPD im November 2004 ihren ersten öffentlichkeitswirksamen Coup im Landtagsgeschäft landen. Zur Wahl des Ministerpräsidenten stellte die Fraktion mit Uwe Leichsenring, dem Mäzen der verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz (Trotz Verbot nach wie vor aktiv), einen eigenen Kandidaten.

In beiden zur Wahl des Ministerpräsidenten notwendigen geheimen Abstimmungen erhielt Leichsenring jeweils zwei Stimmen aus anderen Fraktionen des Landtages (Niemand will es gewesen sein). Das Procedere wiederholte sich kurz danach, als auch bei der Wahl zum Ausländerbeauftragten der als “Ausländerrückkehrbeauftragte“ aufgestellte Kandidat der NPD, Mirko Schmidt, erneut zwei zusätzliche Stimmen erhielt (Das Spiel mit zwei Unbekannten geht weiter).

Im Januar 2005 fabrizierte die NPD-Fraktion dann einen offenbar wohlkalkulierten Eklat, als während einer anberaumten Schweigeminute für alle Opfer des Nationalsozialismus die gesamte damalige Fraktion den Plenarsaal des Landtages verließ. Darüber hinaus titulierte Jürgen W. Gansel zu jenem Zeitpunkt die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 als “Bomben-Holocaust“ (Nur eine Landtagssitzung in Sachsen?). Im Januar 2006 noch erklärte die NPD-Fraktion – erneut öffentlichkeitsheischend – “Warum wir nicht nach Auschwitz fahren“ (Auschwitz als demokratische Falle?). Da allerdings hatte sich das Abgeordnetenkarussell schon zu drehen begonnen.

Bereits Ende des Jahres 2005 waren alle Bemühungen um die bis dato offiziell gezeigte Geschlossenheit nur noch Schall und Rauch. Zuerst verließen Mirko Schmidt und Klaus Baier die deutsch-nationale “Denkfabrik“ im Landtag (Update: Die sächsische NPD-Fraktion bröckelt). Kurz darauf folgte ihnen Jürgen Schön. Schmidt beispielsweise wurde im Zusammenhang seines Fraktionsaustrittes mit der Aussage zitiert: “Wenn die NPD die Macht hätte, würde ich Deutschland verlassen.“ Alle drei waren danach weiter als Abgeordnete im Landtag tätig. Ihre politischen Neuorientierungen sind eher als bedeutungslos einzuschätzen.

Im August 2006 verunglückte dann der damalige Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion bei einem Autounfall mit überhöhter Geschwindigkeit tödlich (Ian Stuart Leichsenring). Im November 2006 wurde öffentlich, dass wegen des Verdachtes auf Besitz kinderpornografischer Schriften gegen Matthias Paul ermittelt wird. Paul legte daraufhin sämtliche Fraktions- und Parteiämter nieder und verließ die Fraktion. Über einen Ausschluss aus der Partei wurde nichts bekannt.

Wenige Tage vor Pauls Rücktritten wurde Klaus-Jürgen Menzel nach einem geheim durchgeführten Votum einstimmig aus der NPD-Fraktion ausgeschlossen, nach offizieller Darstellung wegen “finanzieller Unregelmäßigkeiten“. Menzel verblieb als fraktions- und parteiloser Abgeordneter im Landtag.

Während innerhalb der Legislaturperiode gegen einige der NPD-Landtagsabgeordneten “mehrere Dutzend Strafanzeigen“ (Dresdner Morgenpost) anhängig wurden, ragten allein die bizarren Gepflogenheiten Menzels unter dem Abgeordneten-Deckmantel heraus. So hatte Menzel beispielsweise im Dezember 2006 einen Revolver in den Sächsischen Landtag schmuggeln lassen, legte später Patronen auf das Rednerpult im Plenarsaal und wurde zudem unter anderem wegen uneidlicher Falschaussage sowie versuchter Strafvereitelung verurteilt und handelte sich mehrere Ordnungsrufe, Hausverbot und den Ausschluss von Landtagssitzungen ein. Nichts desto trotz war Menzel in diesem Jahr beim vorabendlichen Aufmarsch zum 13. Februar (Fast wie immer im Februar in Dresden) als quasi einziger Landtagsvertreter im Spektrum der freien Kameradschaften mit entsprechender Beachtung zu sehen.

Mit zwölf Abgeordneten ist die NPD im September 2004 in den Landtag eingezogen. Nach den wie auch immer bedingten Wechseln verblieben ihr zum Ende der Wahlperiode lediglich noch acht Mandate (Braune Schwindsucht an der Elbe). Zudem war unterdessen die Landesliste mit dem für Matthias Paul nachgerückten Peter Klose personell ausgeschöpft. Weder die in der Legislatur versuchte Belebung einer so genannten “Dresdner Schule“ durch Jürgen W. Gansel, noch die Verbal-Ausfälle von Holger Apfel konnten über die rechtsextreme Leere der Mitte hinwegtäuschen. Die konnte auch Anfang 2009 durch die plakative Entsendung von Frank Rennicke als Sachverständiger in den Landtagsausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien nicht mehr übertüncht werden. Nicht zuletzt waren beispielsweise nachrückende Abgeordnete mit ihrem Fachwissen à la NPD kaum in der Lage die Lücke zu füllen, die zugebener Maßen der Unfalltod eines Uwe Leichsenring hinterlassen hatte.

Die 2006 ausgerufene länderübergreifende Achse Dresden-Schwerin (Die braune Achse Dresden-Schwerin) scheint mittlerweile nur noch auf dem Papier zu existieren oder äußerst konspirativ im Untergrund tätig zu sein. Auch das vormals mit viel Fraktionsprominenz zelebrierte “Pressefest“ der Deutschen Stimme (Im braunen Schlamm bei Pappritz) sowie der nachfolgende “Sachsentag“ der Jungen Nationaldemokraten (Wo man singt …) verloren zunehmend an Bedeutung, insbesondere hinsichtlich der Binnenwirkung für die zuweilen mit Brot-und-Spielen versuchsweise zu befriedende freie Kameradschaftsszene. Nicht zufällig endete der ausgefallene “Sachsentag“ 2008 mit Körperverletzungen und Ausschreitungen durch Rechtsextremisten in der Dresdner Innenstadt.

Hinderten NPD-Fraktionsmitglieder noch 2005 ihren damaligen Abgeordneten Menzel gewaltsam daran, an das Rednerpult im Plenarsaal treten zu können, erreichte diese Streitkultur zum Ende der Legislaturperiode auch den Mitarbeiterstab. Ursprünglich war dieser in seiner Personalvielfalt unter anderem zur Errichtung einer so genannten “Denkfabrik“ in den Landtag nach Dresden rekrutiert worden. Stattdessen ging im November 2008 während einer Auseinandersetzung der Abgeordnete Jürgen W. Gansel “nach einem Faustschlag“ durch den damaligen Fraktionsmitarbeiter Peter Naumann “zu Boden“ (Dresdner Morgenpost).

Trotz aller Querelen in der Bundespartei, den Länderstrukturen, in Bezug auf die Freien Kameradschaften nach Auflösung des so genannten Deutschlandpaktes innerhalb der rechtsextremen Partei-Szene, schätzt der Verfassungsschutz die NPD aktuell nach wie vor als “kampagnenfähig“ ein. Unter anderem mit einem ausrangierten und entsprechend ausstaffiertem Feuerwehrauto auf Wahlkampf-Tour, stellte das die NPD in der sächsischen Landeshauptstadt deutlich unter Beweis. So wurde zur im Stadtgebiet nicht gerade spärlich vorhandenen rechtsextremen Wahlwerbung am Wochenende vor den Landtagswahlen eine der vierspurigen Einfallstraßen mit zusätzlichen NPD-Plakatierungen regelrecht zugepflastert.

Ob und in welcher Stärke die Nationaldemokratische Partei Deutschlands im 5. Sächsischen Landtag vertreten sein wird, werden die Stimmauszählungen am Abend des 30. August zeigen. Die Forschungsgruppe Wahlen veröffentlichte am 21. August in ihrer bis dato letzten Projektion 6 Prozent Stimmanteil für die NPD. Sachsen hat die Wahl.

[Dieser Artikel wurde am 27. August 2009 bei Telepolis veröffentlicht.]

Keine VIP-Lounge für die NPD

Dresden. Der in der 3. Liga spielberechtigte Fußball-Verein Dynamo korrigiert umgehend das VIP-Karten-Angebot seines Sportrechtevermarkters an den Deutsche-Stimme-Verlag.

Die offensichtliche Genugtuung darüber, dass “der groteske Kampf gegen Rechts ad acta gelegt und Normalität im Umgang mit der NPD“ einziehen würde, quoll noch vor wenigen Stunden quasi aus jeder Zeile einer Pressemitteilung der NPD. Vorausgegangen war dem ein Schreiben an den NPD-Verlag Deutsche Stimme in Riesa, in welchem durch den Sportrechtevermarkter der SG Dynamo Dresden (SGD), Sportfive, “der Deutschen Stimme für die Saison 2009/2010 VIP-Karten angeboten“ worden waren.

(Schnappschuss im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion, 2007 – Foto: O.M.)

Innerhalb kurzer Zeit dürfte allerdings die klammheimliche Freude der sächsischen Rechtsextremisten über ihren vermeintlichen VIP-Status im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion wieder verflogen sein. Die Pressestelle der SGD verlautbarte, für den Vermarkter Sportfive habe ein externer Dienstleister 18.000 Adressen ausgewählt und diese angeschrieben. Innerhalb der Aussendung für die Werbekampagne zur Vermarktung des neuen Dresdner Fußballstadions sei dabei, sachsenunkundig oder unsensibel sei dahin gestellt, das Anschreiben an den Deutsche-Stimme-Verlag “offenbar durchgerutscht“.

Gegenüber SPIEGEL-Online erklärte Peter Tauber, Pressesprecher der SGD: “Glauben Sie mir, wenn es die letzten vier Logen wären und die uns den 40-fachen Preis zahlen – wir würden an diese Leute keine Plätze verkaufen.“

Noch vor einigen Jahren gab es aus der damaligen Führungsetage des Dresdner Fußball-Vereins nicht so deutliche Worte – beispielsweise als Anfang August 1998 beim Spiel gegen VFC Plauen im Rudolf-Harbig-Stadion das Transparent “NPD Sächsische Schweiz grüßt Dynamo Dresden“ gehisst und nur wenige Tage später beim Spiel gegen den Dresdner SC im Stadiongelände dieses Plakat erneut zu sehen war und zudem ungehindert rechtsextremistische und antisemitische Wahlwerbung betrieben werden konnte (Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, 20. August 1998; DER SPIEGEL, 24. August 1998).

“Dynamo ist unpolitisch. Dennoch gibt es ein klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus“, zitiert die Sächsische Zeitung im aktuellen Zusammenhang den SGD-Pressesprecher. Die Saison 2009/2010 beginnt für die 3. Liga in wenigen Wochen – in Dresden ohne Rechtsextremisten, jedenfalls im VIP-Bereich. Seliges Forza Dynamo also allenthalben?

Unterdessen betont der Dynamo-Vermarkter Sportfive bezüglich des Fauxpas beim Versand der VIP-Angebote: “Die Schuld liegt bei uns und nicht beim Verein und dafür möchten wir uns entschuldigen“.

Gibt man übrigens derzeit auf der Homepage der NPD Sachsen Suchbegriffe wie beispielsweise “Fußball“, “Dynamo Dresden“, oder gar “VIP“ ein, erscheint immer wieder “Ergebnisse gesamt: 0“.

[Dieser Artikel wurde am 23. Juni 2009 bei redok veröffentlicht.]

Betteln um “Kampfspende“

Berlin. Zum wiederholten Mal ruft der NPD-Vorsitzende Udo Voigt zu außerordentlichen finanziellen Zuwendungen in die offenbar nach wie vor klamme Parteikasse auf. Die Ergebnisse der bisherigen Spendenaufrufe sollen weit unter dem nötigen Betrag geblieben sein, um die Löcher in der Kasse zu stopfen.

Voigts aktueller Aufruf für eine so betitelte “Kampfspende“ in der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme sei durch die “angespannte Finanzsituation der NPD sowie laufende oder bevorstehende Wahlkämpfe“ begründet, berichtet das Online-Portal Endstation Rechts.

Schon seit weit über einem Jahr wird über die desolate Finanzlage der NPD mehr als nur gemunkelt. Bereits Anfang Dezember 2006 versuchte Voigt mit Bettelbriefen Sympathisanten der rechtsextremen Szene anzupumpen, um die augenscheinlich finanziell sehr ernste Lage wenigstens ein wenig lindern zu können. Der damalige Spendenaufruf soll mit einem Ergebnis von etwa 75.000 Euro allerdings weit hinter den ursprünglich erhofften Einnahme-Erwartungen zurück geblieben sein.

NPD-Rechenschaftsberichte der letzten Jahre werden gegenwärtig immer noch vom Bundestagspräsidium geprüft. Dabei scheint ein nicht unerheblich zu beachtendes Detail darin zu bestehen, dass “die NPD-Rechenschaftsberichte (…) 1997 bis 2004 (…) von dem Wirtschaftsprüfer Eberhard Müller verfasst“ wurden, so berichtet das NPD-Blog. Müller ist laut diesem Bericht “seit 1998 Gesellschafter der ’Deutschen Stimme Verlagsgesellschaft’“. Das Management des DS-Verlages besteht demnach “laut Auskunft von Creditreform vom April 2005“ unter anderem aus Erwin Kemna, der bei der NPD für die Finanzen zuständig ist. Das NPD-Blog weiter: “Gesellschafter beziehungsweise Eigentümer sind demnach neben Wirtschaftsprüfer Müller noch Wolfgang Schüler (Beisitzer im Vorstand des Landesverbandes Sachsen) sowie wiederum NPD-Schatzmeister Kemna. Das Unternehmen gibt die Parteizeitung ’Deutsche Stimme’ heraus, betreibt einen Online-Versandhandel und wird natürlich der NPD zugerechnet“.

Ein Verstoß gegen das Parteiengesetz läge dahingehend allerdings nicht vor, “da der DS-Verlag rein rechtlich nicht zur Partei gehöre“. Wirtschaftsprüfer dürfen nach dem Parteiengesetz selbst keine Ämter in einer zu überprüfenden Partei ausüben.

Nach NPD-Sichtweise ist der ursprünglich Hauptverantwortliche für die fortdauernde Finanzmisere aus dem Ende 2006 bekannt gewordenen Thüringer Kassen-Chaos, der damals amtierende thüringische Partei-Vorsitzende Frank Golkowski, eine “äußerst zweifelhafte und kriminelle Person“, so Udo Voigt in seinem bislang letzten Spenden-Aufruf.

[Dieser Artikel wurde am 11. Januar 2008 bei redok veröffentlicht.]

Wo man singt …

Eigentlich wollen sie “weg von dem Zeugs“, verkündete kürzlich das Duo Prussian Blue. Da kann der Auftritt beim so genannten Sachsentag der Jungen Nationaldemokraten wohl nur ein Missverständnis gewesen sein

Die Zwillinge Lynx und Lamb Gaede aus Bakersfield in Kalifornien sorgten in den letzten Jahren immer wieder einmal für Schlagzeilen – unter dem Namen Prussian Blue. So nennen die beiden nunmehr 15-Jährigen ihr geschwisterliches Gesangs-Duo der ganz eigenen Art. Der Namensgebung – auf deutsch: Preußisch Blau – sollen eine angebliche Abstammung von deutschen Einwanderern sowie die Augenfarbe von Lynx und Lamb zu Grunde liegen. Beschäftigt man sich allerdings nur etwas näher mit dem Liedgut von Prussian Blue, erscheint eine darüber hinaus kolportierte Namensdeutung in arg braunem Licht nicht ganz abwegig.

“Die Zeiten sind hart für einen stolzen weißen Mann. Bald wird ein großer Krieg kommen, ein blutiger, aber heiliger Tag. Eine mächtige Rasse gilt es zu verteidigen.“ (Victory Day)

“Rudolf Heß, Mann des Friedens, er hat nicht aufgegeben, er hat niemals aufgehört. Erinnert euch seiner und schweigt.“ (Sacrifice)

In einer Darstellung der Zeitschrift Jungle World bieten Prussian Blue selbst noch eine andere Deutungsmöglichkeit für ihren Namen: “Es gibt die Diskussion über das Fehlen der Farbe ’Preußisch Blau’, die als Rückstand von Zyklon B übrig bleibt, an den Wänden der so genannten Gaskammern in den Konzentrationslagern“.

Nach einem Resümee der FAZ gehörten Prussian Blue bereits im November 2005 “in den Vereinigten Staaten zu den derzeit prominentesten Botschaftern des Rassenhasses“. Gestützt wurde diese Einschätzung zudem durch die dazumal bekannt gewordene Unterstützung des Duos durch den Ku Klux Klan.

Den Organisatoren aus Jungen Nationaldemokraten (JN) und so genannten Freien Kräften des diesjährig als Sachsentag bezeichneten rechtsextremen Events in Dresden-Pappritz mögen allerdings zwischenzeitlich die Ohren von der letzten Schlagzeile über die “Nazi Pop Twins“ (Channel 4) geklungen haben. Mitten in den letzten Vorbereitungen für den Sachsentag berichtete der britische Sender, den beiden Schwestern gehe es nach deren Darstellung

“gar nicht um ’white power’. In den letzten vier Jahren ging es nur um Politik – es hat uns total ausgelaugt. Wir wollen eine Pause. Wir wollen weg von dem Zeugs.“

Überlegt wurde, ob nach den Rissen im Image “der gesunden arischen Familie“ nun “gar die Entnazifizierung der Nazi-Twins“ folgen werde. Zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung verblieben noch knapp fünf Tage bis zum bereits angekündigten Auftritt von Prussian Blue beim Sachsentag in Dresden, am 11. August sind sie beim “Sommer- und Familienfest“ der NPD Saar.

Nachdem im Vorjahr das Parteiorgan der NPD sein Deutsches-Stimme-Pressefest im braunen Schlamm bei Pappritz versucht hatte zu zelebrieren, erfolgte in diesem Jahr lediglich eine kurze Mitteilung, dass erst “für das nächste Jahr die Veranstaltung mit einem veränderten Konzept wieder geplant“ sei. Insider vermuten hinter der Absage des Pressefestes der Deutschen Stimme (DS) momentane parteiinterne Schwierigkeiten mit der Finanzierung eines solchen bundesweiten Events. Nicht unerheblich dürften zu der Absage zudem auch die teilweise heftigen szene-internen Diskussionen um die Organisation und besonders die hohen Preise auf dem vorjährigen Pressefest-Gelände und der daraus resultierende Vorwurf der Kommerzialisierung beigetragen haben.

Stattdessen wurde auf dem gleichen Privatgelände wie 2006 zum “JN-Sachsentag – Arbeit, Familie, Vaterland“ eingeladen. Die diesjährige Veranstaltung des JN-Landesverbandes Sachsen, so wurde betont, stehe “mit dem DS-Pressefest nicht im Zusammenhang“.

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) mutmaßte zuvor:

“Die JN versucht ansatzweise an das bisherige Konzept der in den letzten Jahren veranstalteten Pressefeste des DS-Verlages anzuknüpfen. Dort wurde versucht, mit einer Mischung aus Volksfest, politischen Vorträgen und Diskussionen, Verkaufsständen sowie rechtsextremistischer Skinheadmusik ein möglichst breites Publikum anzusprechen. … Der Schwerpunkt des Veranstalters wie auch des Teilnehmerinteresses dürfte aber eher auf die Auftritte der angekündigten rechtsextremistischen Skinheadbands beziehungsweise Liedermacher gerichtet sein … Mit der geplanten Veranstaltung zeigen sich damit einmal mehr die engen Verbindungen zwischen der JN und der rechtsextremistischen Skinhead- und Kameradschaftsszene.“

Für den 4. August in Dresden-Pappritz angekündigt waren verschiedene Redner aus dem rechtsextremen Spektrum sowie die musikalischen Darbietungen von Viking aus Italien, Asynja aus Schweden, Frontalkraft und Sachsonia aus der Bundesrepublik, Ferox aus Schweden – und Prussian Blue.

Gegen die rechtsextreme Veranstaltung protestierten Einwohnerinnen und Einwohner der Dresdner Randgemeinde mit einem bunten Bürgerfest in der Mitte ihres Dorfes. Und im Gegensatz zum Vorjahr zeigten mehrere Vertreter des Dresdner Rathauses ihre Unterstützung persönlich vor Ort. Im Vorfeld dieser Veranstaltung, die den ganzen Tag andauerte, waren wiederholt Plakate der örtlichen Bürgerinitiative gegen das Nazi-Fest von Unbekannten entfernt beziehungsweise zerstört worden. Im Laufe des frühen Nachmittags demonstrierten rund 280 meist jugendliche Demonstranten aus Antifa-Kreisen gegen die JN-Veranstaltung.

Umrahmt und begleitet wurde dieser Tag im Schönfelder Hochland von einem enormen Polizeiaufgebot. “Bis zum frühen Nachmittag und bis zum Einsatzende waren jeweils 550 Beamte zeitgleich im Einsatz. Insgesamt waren es damit 1.100“, so der Dresdner Polizei-Pressesprecher Thomas Herbst. Durch polizeiliche Vorkontrollen wurden bei anreisenden Rechtsextremisten und Sympathisanten unter anderem zwei Schreckschusswaffen, Baseballschläger, ein Samuraischwert, Messer und Reizstoffsprays sichergestellt. Es erfolgten Strafanzeigen sowie darüber hinaus mehrere Platzverweise wegen Verstößen gegen die Auflagenverfügungen, zu denen beispielsweise ein Alkoholverbot auf dem Veranstaltungsgelände gehörte. Die Polizei bilanzierte den Anreiseverkehr zum JN-Sachsentag zusammenfassend mit rund 1.000, wobei “zeitweise bis zu 600 Personen vor Ort“ gewesen seien.

Zeitlich nicht genau verbürgt ist das Eintreffen von Prussian Blue auf dem Open-Air-Gelände. Vielleicht haben sie den NPD-Parteivorsitzenden Udo Voigt ja auch nicht gegen den Multi-Kulti-Staat hetzen hören. Vielleicht haben sie sein “Großvater war kein Kriegsverbrecher“ genau so wenig gehört, wie den lautstark verkündeten “Stolz auf die Leistungen der deutschen Wehrmacht“. Vielleicht aber wurde den beiden auch flüsternd übersetzt, dass nach wie vor “ein Drittel des Deutschen Reiches unter polnischer Verwaltung steht“ und sich Teile von Österreich leider “nicht offen zu Deutschland bekennen“ könnten. Vielleicht aber reichen die Deutschkenntnisse von Lynx und Lamb ja sogar aus, um Voigts eindeutig bezügliches “Ich bin stolz ein Deutscher zu sein!“ verstehen zu können. Wenn die singenden Zwillinge denn ein wenig der Sprache ihrer angeblichen Vorfahren mächtig sein sollten, konnten sie auch im einbrechenden Dunkel der Veranstaltung beispielsweise “Braune Stadtmusikanten“- und “NAPOLA Löbau“-Aufdrucke entsprechend deuten.

Nun sind Schrift- und Lautsprache – besonders auch im Deutschen – durchaus zweierlei. So mag es, beim Auftritt von Frontalkraft unmittelbar vor ihrem eigenen, die beiden Schwestern akustisch vielleicht nur ein wenig verwirrt haben, warum – teils mit Bandunterstützung, teils a cappella durch die vor der Bühne Versammelten – wiederholend lautstark intoniert wurde:

“Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen, weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen, rot ist das Blut auf dem Asphalt.“

Aber vielleicht haben Lynx und Lamb auch gar nichts von alledem verstanden und wussten nicht einmal, wo und vor wem sie da am 4. August als letzter Konzert-Act aufgetreten sind – schließlich wollen sie “weg von dem Zeugs“. Und im Dunkeln war die in Dresden-Pappritz über allem wehende Fahne der NPD ja dann schließlich auch schon fast gar nicht mehr so richtig zu erkennen.

[Dieser Artikel wurde am 8. August 2007 – bebildert – bei Telepolis veröffentlicht.]

Im braunen Schlamm bei Pappritz

Die NPD-Postille Deutsche Stimme versuchte, ihr diesjähriges “Pressefest“ am Stadtrand von Dresden zu zelebrieren

Zum fünften Mal richtete die Deutsche Stimme zusammen mit der NPD ein so genanntes “Pressefest“ aus. Das Ziel anreisender Rechtsextremisten aller Couleur war dabei am 5. August das private Gelände eines Unternehmers kurz vor dem Ortseingangsschild von Pappritz. Der zu Dresden gehörende Ortsteil im Schönfelder Hochland verzeichnet gut 2.000 Einwohner. Sachsens amtierender Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) dürfte wohl als der prominenteste gelten. Doch weder Sachsens- noch Dresdner Polit-Obere protestierten gegen das Nazi-Spektakel. So fühlten sich Pappritzer Einwohner – abgesehen von antifaschistischem und bürgerlich couragiertem Widerstand – relativ allein gelassen mit dem, was sich da vor ihren Haustüren abspielte. Zudem im Vorfeld die CDU im Schönfeld-Weißiger Ortschaftsrat eine gemeinsame Erklärung als Zeichen gegen das Nazi-Pressefest verhindert hatte.

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(Pappritz am Abend des 4. August – Foto: O.M.)

Dabei zeigten sich die Pappritzer in ihrem Vor-Ort-Widerstand kreativ. Fast jeder Laternenpfahl im Ort trug am Morgen des 5. August Parolen gegen die Nazi-Veranstaltung. Transparente mit der Aufschrift “Pappritz ist bunt! Keine ’Rechten’ auf unserem Grund!“ überspannten die Ortseinfahrten. Größere Mengen Flugblätter wurden verteilt. Gleichzeitig parkten die Pappritzer ihren Ort teilweise selbst zu, um so anreisenden Nazis Abstellplätze zu verwehren. Dies wurde indes dadurch konterkariert, dass ein weiterer regionaler Unternehmer sein nahe gelegenes Feld als Parkplatz zur Verfügung stellte.

Bereits bei einer Informationsveranstaltung am 1. August in einem mit weit über 100 Teilnehmern überfüllten Pappritzer Gasthof artikulierte sich der Unmut der Anwohner über den Nazi-Auftritt deutlich. So erfuhr beispielsweise das Ansinnen eines Redners, die NPD-Veranstaltung doch aus demokratietheoretischen Gründen einfach einmal zu besuchen, deutlichen Widerspruch. Die Polizeidirektion Dresden hatte die Bürgerveranstaltung abgesagt. Das städtische Ordnungsamt entsandte lediglich eine Abteilungsleiterin. Die Sächsische Zeitung bilanzierte das städtische Verhalten zu Recht mit “völlig orientierungslos“.

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(Mehr oder weniger sprachlich geschliffen wurde online so eingeladen)

Der Leiter des Ressorts Rechtsextremismus beim Landesamt für Verfassungsschutz, Martin Döring, machte immerhin die Wertigkeit des Deutsche-Stimme-Pressefestes deutlich. Nach den Rudolf-Heß-Gedenkmärschen und den jährlichen Demonstrationen anlässlich der Zerstörung Dresdens sei dieses so genannte Pressefest mittlerweile die dritte rechtsextremistisch überregional bedeutsame Großveranstaltung mit enormer Binnenwirkung unter internationaler Beteiligung. Die Grundlage seiner weiteren inhaltlichen Einschätzung allerdings dürfte nur Döring selbst bekannt sein. So behauptete der Verfassungsschützer zum Ablauf bisheriger Pressefeste allen Ernstes, “erst dann, im zweiten Teil, merkt man den Rechtsextremismus“. Dabei bezog er sich auf die abendlichen Auftritte von Rechts-Rock-Bands nach den nachmittäglich eher BDM-folkloristischen Bänkeleien zur Gitarre.

Die braune Veranstaltung begann dann am 5. August mit einer Pressekonferenz. Einem Fernsehteam vom MDR wurde der Zutritt auf das Gelände verwehrt. Foto-Journalisten bekamen teilweise eine Art Leibstandarte gestellt, um missliebige Schnappschüsse unterbinden zu können. Im Mittelpunkt der Pressekonferenz stand der Landtagswahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern. Dabei präsentierte sich der NPD-Spitzenkandidat Udo Pastörs in geradezu typisch norddeutsch krachledernem Outfit. Rhetorisch nicht gerade übermäßig gewandt gelang es ihm zudem auch noch, keine politischen Inhalte zu vermitteln. Allein seine Behauptung, dass aus der sächsischen NPD-Landtagsfraktion keinerlei finanzielle Mittel zur Unterstützung für den Wahlkampf nach Mecklenburg-Vorpommern fließen würden, war ihm ein markiges “So dumm sind wir doch nicht!“ wert. Holger Apfel, derzeitiger Wahlkampfleiter im Norden der Bundesrepublik und NPD-Fraktionsvorsitzender in Sachsen, kündigte “wenig interne Saalveranstaltungen“ an. Stattdessen wolle man “den Dialog mit Bürgern“, denn “wir fühlen uns aus der Mitte des Volkes“. Apfel legt übrigens dieser Tage gerade sein Mandat beim so genannten Nationalen Bündnis im Dresdner Stadtrat nieder.

Bereits im Vorfeld der Deutschen-Stimme-Veranstaltung hatte die Initiative “Keine Geschäfte mit Nazis“ auf die Unterstützung dieses Pressefestes durch verschiedene Firmen hingewiesen. Dennoch schienen sich einige renommierte Brauereien den Umsatz nicht entgehen lassen zu wollen. Schon in den Vormittagsstunden bildeten sich zuweilen Schlangen vorwiegend kahlköpfiger Besucher an den Ständen von Landskron, Ur-Krostitzer, Warsteiner, Holsten, Krombacher und Feldschlößchen. In den Abendstunden kam es zu einer kameradschaftlichen Prügelei, Verlautbarungen zufolge wegen des Bierpreises. In Nazi-Foren ist dahingehend von rund 50 Beteiligten zu lesen. Der Polizeibericht konstatierte “tätliche Auseinandersetzungen zwischen Veranstaltungsteilnehmern mit zwei Verletzten“.

In seiner Eröffnungsrede kurz nach 12 Uhr auf der noch lückenhaft gefüllten Wiese offenbarte Deutsche-Stimme-Verlagsleiter Jens Pühse, man habe doch “erhebliche Schwierigkeiten“ gehabt, die Veranstaltung an diesem Ort vorzubereiten. Aber es seien nunmehr ja “noch Tausende Kameraden auf dem Weg nach Pappritz“. Diese Ankündigung erwies sich allerdings als bloßes Wunschdenken. Statt mit der vom Verfassungsschutz noch am 1. August prognostizierten Teilnehmerzahl von bis zu 8.000 füllte sich die Wiese bis in die späten Nachmittagsstunden mit zirka 4.500 Rechtsextremisten. Von der NPD war zuvor gar von 9.000 bereits im Vorverkauf erworbenen Eintrittskarten zu hören gewesen. “Wir haben am Eingang sehr akribisch gezählt“, erklärte der Pressesprecher der Polizeidirektion Dresden, Thomas Herbst, gegenüber Telepolis. Somit würde die angegebene Teilnehmerzahl der Realität sehr nahe kommen.

Der Eintrittspreis zum braunen Spektakel betrug 22,50 Euro an der Tageskasse. Den Pappritzern wurde mittels einer Gutschein-Aktion kostenloser Zutritt angeboten. Für Kinder bis 12 Jahre war der Eintritt generell frei. Es gab ein Extra-Kinderprogramm – “Die Hexe Ragna kommt und geht mit allen Kindern auf eine lustig-spannende Märchenreise“. Erstaunt registriert wurde vom pilgernden nationalen Jung- und Altvolk, dass die am mecklenburgischen Wahlstand angebotene “Schulhof-CD“ (Aufdruck: “GRATIS!“) nur gegen 2 Euro Spende zu haben war.

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(Foto: O. M.)

Die verzögerte Anreise der “Fest“-Teilnehmer hatte eine ihrer Ursachen in einer auf der Hauptzufahrtsstraße stattfindenden Demonstration. Gut 600 vorwiegend dem autonomen Spektrum zuzuordnende Nazi-Gegner blockierten mit ihrem Aufzug über Stunden den Straßenverkehr auf der Bautzener Straße in Richtung Pappritz. Die von der NPD eiligst verbreitete Ausweich-Anreise-Route zeigte sich aus straßenbaulichen Gründen für Busse als nicht passierbar. Im Laufe des Tages verzeichnete die Polizei mehrere Sachbeschädigungen an Bussen und PKW sowie Angriffe auf anreisende Rechtsextremisten. Dahingehend wurden Ermittlungen wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung aufgenommen.

Am frühen Nachmittag inspizierte der Staatsschutz das Gelände der mit sich selbst feiernden Nazis nach indizierten Waren und Symbolen. Allein der Schriftzug “Selbst-Schutz Sachsen-Anhalt“ würde im Nachgang ob einer eventuell rechtlichen Relevanz bezüglich des darin groß dargestellten “SS“ weiter geprüft. Weitere Verdachtstatbestände wurden auf Nachfrage von Telepolis verneint. Allerdings räumten die Staatsschutzvertreter ein, auch in Sachsen sei das Zeigen der vormaligen Thor-Steinar-Runen nicht rechtmäßig. Man habe sich zudem beim Kontrollgang auch eher auf die Verkaufsstände, denn auf getragene Textilien oder Tätowierungen orientiert.

Den Beamten scheint – über die verboten Runen in Größenordnungen hinaus – einiges nicht beachtenswert gewesen zu sein. Beispielsweise mehrere Shirt-Träger mit der aufgedruckten Darstellung einer offensichtlichen Krematoriums-Silhouette und der im Rauch der Schornsteine zu lesenden unmissverständlichen Botschaft “Friedmann hörst Du uns“. Auffällig viele Anwesende postulieren ihren wohl übergreifend gleichen Ehrentag mit “Geboren am 20. April“. “White Power“, “Wir bleiben braun“, “Eure Galgen sind schon gezimmert“ und Codes wie “168:1“ sprechen darüber hinaus eine deutliche Sprache. Gegen sieben anreisende Rechtsextremisten wurden wegen des Tragens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Strafverfahren nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch eingeleitet. Ansonsten seien, so Polizeisprecher Herbst, “bei einer Jugendschutz- und Medienstreife auf dem Veranstaltungsgelände keine Verstöße festgestellt“ worden.

Siegfried Tittmann, stellvertretender DVU-Bundesvorsitzender und Mitglied der Bremer Bürgerschaft, suhlte sich verbal nachträglich im “Donnerhall“, der während der Fußball-Weltmeisterschaft durchs Land gegangen sei – “Steht auf, wenn Ihr Deutsche seid!“ Jürgen Rieger, bekannter rechtsextremer Szene-Anwalt, hetzte gegen dunkelhäutige Menschen. Herbert Schweiger, Freiwilliger der Waffen-SS und jetziger Buch-Autor, palaverte vom “Überleben der gesamten weißen Rasse“ in einem seiner Meinung nach kurz bevorstehenden Dritten Weltkrieg – “Heil Euch!“ Derweil regnete es immer wieder länger in Strömen. Die Festwiese versank mehr und mehr im Schlamm. Der Feld-Parkplatz verschlammte ebenso und war überfüllt. Im Dorf parkende Nazis stießen auf verbal heftigen Widerspruch aus der Bevölkerung.

Kurz nach 17 Uhr endete das Bürgerfest gegen die Nazi-Veranstaltung am einige Kilometer entfernten Ullersdorfer Platz. Daran beteiligten sich rund 300 Besucher. Viel zu wenige hätten dort ihren Protest deutlich gemacht, fanden die Mitinitiatoren von Bürger.Courage und DGB. Der gleichen Meinung waren die vereinzelt anwesenden Landtags- und Stadtratsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, Linkspartei.PDS, CDU und SPD. In Pappritz selbst veranstalteten Einwohner ein Volleyball-Turnier und widmeten dies dem Protest gegen Rechts. Abends sahen Pappritzer mit Gleichgesinnten gemeinsam den Chaplin-Film “Der große Diktator“.

Während Dunkelheit und immer heftigerer Regen über dem rechtsextremistischen Pressefest nieder gingen, stieg dort der Alkoholpegel ins teilweise Komatöse. Mehrere Teilnehmer mussten nach Polizeiangaben “wegen übermäßigem Alkoholgenuss oder Unterkühlung behandelt werden“. Andere Nazi-Gruppen durchstreiften unbehelligt den Ort, traten Protest-Plakate herunter und präsentierten hernach stolz ihren Kameraden die Beute. Fraglich bleibt, was geschehen wäre, wenn nicht die Polizei wenigstens einen Teil des zum Ende hin in stürmisch-regnerischer Dunkelheit liegenden Veranstaltungsgeländes ausgeleuchtet hätte.

Die Abreise der Rechtsextremisten nach 23 Uhr verlief ähnlich unkoordiniert wie schon die Anreise. Wobei zu beobachten war, dass ein regelrechter Home-Run vom schlammigen Gelände – aus welchen Gründen auch immer – bereits weit vor 22 Uhr noch während des hämmernden Rechts-Rocks einsetzte. Der NPD dürfte es sehr schwer fallen, Pappritz nachträglich als erfolgreiches “Pressefest“ um zu interpretieren. Und daran hat nicht allein nur das Wetter seinen Anteil.

[Dieser Artikel wurde am 8. August 2006 bei Telepolis veröffentlicht.]