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Rechte Randale: Diskussion nur unter Polizeischutz

Dresden. Neonazis bedrängten gestern Abend eine Diskussionsrunde über Rechtsextremismus mit dem für dieses Thema zuständigen Oberstaatsanwalt in der Dresdner TU: Eine Frau wurde ins Gesicht geschlagen, die Polizei musste die Neonazis vor die Tür setzen.

Die Veranstaltung am Abend des 5. Dezember im Hörsaalzentrum der Technischen Universität (TU) Dresden – organisiert vom Studentenverband der Linkspartei und der Rosa Luxemburg Stiftung – stand unter dem Thema “Rechtsextremismus – Was bringen Verbote“. Als Referent war der für politisch motivierte Straftaten zuständige Oberstaatsanwalt, Jürgen Schär, angekündigt.

Kurz vor Beginn drangen zirka 40 Neonazis – sich selbst als “Nationale Sozialisten“ bezeichnend – in das Hörsaalzentrum ein, störten und bedrängten dort die bereits versammelten Diskussionsteilnehmer. Erst das Eingreifen von Polizeikräften ermöglichte es den Veranstaltern, ihr Hausrecht durchzusetzen. Etwa 50 Beamte mussten auch weiterhin das Gebäude schützen, denn nachdem die Neonazis an die Luft gesetzt worden waren, marschierten sie lautstark um das Haus. Dabei trommelten sie gegen die Hörsaal-Fenster, an denen mittlerweile die Rollläden geschlossen wurden. Die Randale war so massiv, “dass die Veranstaltung erheblich gestört wurde“, so die Veranstalter. Oberstaatsanwalt Schär musste seinen Vortrag unterbrechen. Unter den vor Ort anwesenden Anhängern der rechten Szene befanden sich – nach ddp-Informationen – auch mehrere NPD-Funktionäre. Ein maßgeblicher Anteil beim wiederholt militanten Agieren der Neonazis kann für diesen Abend in Dresden den regionalen Kadern Jens Baur, Maik Müller, Sven Hagendorf und Ronny Thomas zugeordnet werden.

Berichten zufolge wurde im Vorfeld der Veranstaltung eine junge Frau von einem Neonazi ins Gesicht geschlagen. Die Sprecherin der Polizeidirektion Dresden, Jana Ulbricht, bestätigte gegenüber redok einen tätlichen Angriff und eine daraufhin erstattete Anzeige wegen Körperverletzung. Eine Person wurde während der abendlichen Vorfälle vorübergehend festgenommen, wie die Polizeisprecherin ebenfalls bestätigte. Zu dem bei indymedia genannten Namen des Festgenommenen, Sven Hagendorf, äußerte sie sich aus Datenschutzgründen nicht. “Ein unbelehrbarer 36-Jähriger wurde in Gewahrsam genommen“, umschreibt eine spätere Pressemitteilung der Dresdner Polizei diese vorübergehende Festnahme.

Die Organisatoren der Diskussion zeigten sich “froh, die Veranstaltung trotz des Störversuches erfolgreich durchgeführt haben zu können“. Auch zukünftig würde mit Veranstaltungen das Thema Rechtsextremismus aufgegriffen werden. Dabei lasse sich die Linke Hochschulgruppe auch weiterhin “nicht einschüchtern“.

Ungestört blieb im Übrigen laut ddp eine Veranstaltung in einem Nachbarraum: Dort hielt Bundeskanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) einen Vortrag zum Thema “Die Macht des Wortes“.

Wie die Polizeidirektion Dresden mitteilte, wurden nach der Nacht zum 6. Dezember an mindestens sieben Orten in der Stadt Schriftzüge mit rechtsextremen Inhalten vorgefunden. Staatsanwaltschaft und Dezernat Staatsschutz haben Ermittlungen wegen des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen aufgenommen.

[Dieser Artikel wurde am 6. Dezember 2007 bei redok veröffentlicht.]

Erster Menzel-Prozess: Zeuge bestätigt Tatvorwurf

Dresden. Im laufenden Prozess gegen Klaus-Jürgen Menzel erhärtet eine Zeugenaussage den Verdacht einer uneidlichen Falschaussage durch das Ex-NPD-Mitglied.

Der wahrlich nicht mit wenigen strafrechtlich relevanten Vorwürfen konfrontierte Klaus-Jürgen Menzel erlebte wohl am 11. April vor dem Amtsgericht in Dresden einen ihm durchaus nicht genehmen Prozess-Auftakt. Vor Gericht bestätigte ein Zeuge den Vorwurf gegen Menzel, dieser hätte den be- und erkannten rechtsextremistischen Schläger Sven Hagendorf im Nachhinein mit einem falschen Alibi schützen wollen. Hagendorf war im November 2005 in erster Instanz wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden; er hatte im Herbst 2004 auf dem Dresdner Postplatz im Zusammenhang mit den Montagsdemonstrationen mehrfach auf politische Gegner eingeprügelt.

Im damaligen Prozess hatte Menzel mit seiner Aussage Hagendorf gedeckt. Bei dem im aktuellen Prozess gegen Menzel aufgetretenen Zeugen handelt es sich nach Angaben der Sächsischen Zeitung um “das Opfer des Schlägers“. Zusätzlich wird gegen Menzel – abgesehen vom Vorwurf der uneidlichen Falschaussage – wegen versuchter Strafvereitelung und des Verdachtes auf unerlaubten Waffenbesitzes ermittelt.

Zu den fünf von der Staatsanwaltschaft Dresden wegen ihrer Beteiligung am so genannten “Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ im August 2006 im sächsischen Meißen Angeklagten gehört auch Sven Hagendorf, “der Rechtsextremist, dem der Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel in einem anderen Prozess als Zeuge ein Alibi verschafft haben soll“ (ddp).

[Dieser Artikel wurde am 13. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

Menzel-Prozess vertagt

Dresden. Dem ehemaligen NPD- und derzeit parteilosen Landtagsabgeordneten Klaus-Jürgen Menzel wird uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Der Beklagte wiederum “mag seine Richterin nicht“.

Es ist allerdings beileibe nicht die einzige strafrechtlich relevante Ermittlung, die gegen Klaus-Jürgen Menzel schwebend anhängig ist. So wird gegen Menzel desweiteren wegen versuchter Strafvereitlung und des Verdachtes auf unerlaubten Waffenbesitz ermittelt. Letzterer Ermittlungsvorgang bescherte dem bekennenden Hitler-Verehrer nebenbei die mittlerweile von der Dresdner Morgenpost fast durchgängig auf ihn gemünzte Betitelung als “Knarren-Menzel“.

Der Prozess-Auftakt am 9. März gegen Menzel vor dem Amtsgericht Dresden wegen besagtem Vorwurf der uneidlichen Falschaussage war mithin ein kurzer. Noch vor der Verlesung der Anklage lehnte Menzels Verteidiger, Olaf Klemke, die berufene Richterin wegen Befangenheit ab. Als Begründung musste die noch nicht letztendlich rechtskräftig bestätigte Verurteilung eines regionalen Nazi-Kaders herhalten, den Menzel mit seiner Aussage offensichtlich vor dem Vorwurf eines tätlichen Angriffs schützen will. Dem vormaligen Kreisvorsitzenden der NPD Dresden, Sven Hagendorf, wird vorgeworfen, im November 2004 in Dresden gegen aktive Antifaschistinnen und Antifaschisten mit Gewalt vorgegangen zu sein. Menzel negiert mit seiner Aussage diesen augenscheinlich gegen Hagendorf ermittelten Tatbestand.

Nach Auffassung von Menzels Prozessvertreter sei die Richterin voreingenommen, “weil sie die Rechtskraft des Urteils gegen Sven H. nicht abwarten würde“ (Dresdner Morgenpost). Hagendorf hat gegen seine Verurteilung Berufung eingelegt. Staatsanwalt Ingolf Wagner wiederum kommentierte die nunmehr erfolgte Prozess-Verschiebung gegen Menzel als “Verzögerungstaktik“. “Unabhängig von der Berufung“ könne “sehr wohl gegen Menzel verhandelt werden“, so wird Wagner zitiert.

Die selbe Dresdner Morgenpost, die am 10. März titelnd fragt “Deckte Abgeordneter einen Nazi-Schläger? Knarren-Menzel mag seine Richterin nicht“, stellte wenige Tage zuvor – offensichtlich mehr als gründlich recherchierend – fest, dass für diesen Prozess die Immunität von Menzel als Landtagsabgeordneter erst noch aufgehoben werden müsse – und dies könne dauern, so die Journalisten besagten Blattes. Die Immunität von Klaus-Jürgen Menzel wurde vom Sächsischen Landtag bereits im Oktober 2006 aufgehoben; ihn erwarten wegen besagten Vorwurfs der uneidlichen Falschaussage bis zu fünf Jahre Haft.

[Dieser Artikel wurde am 10. März 2007 bei redok veröffentlicht.]

Staatsanwalts-Akten bei Neonazis?

Dresden. Neonazis in der sächsischen Landeshauptstadt haben offenbar eine Datensammlung über politische Gegner angelegt, die Dossiers von über 150 Personen enthalten soll. Die “Anti-Antifa-Akte“ soll auch Material aus staatsanwaltlichen Ermittlungsakten enthalten. Die Staatsanwaltschaft Dresden will den Vorwurf aufklären.

Bereits Ende November 2006 hatten Antifa-Aktivisten in Dresden-Reick einen Neonazi-Treffpunkt unter die Lupe genommen. Im Zuge dieser Aktion war offenbar eine “Anti-Antifa-Akte“ gefunden worden, die persönliche Daten und Fotos von über 150 Personen vor allem aus dem Raum Dresden enthielt.

In der Liste sind laut der Dresdner Gruppe a.l.i.a.s. unter anderem aktive Antifaschisten, Gewerkschafter, Mitarbeiter einer Jugendzeitung und linke Parteifunktionäre enthalten. “Ihre Informationen haben die Nazis offensichtlich aus der Einsichtnahme in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten erlangt“, so der Vorwurf der Gruppe in einer Pressemitteilung am Montag.

In der “Anti-Antifa“-Akte seien Kopien von Bildmappen der Behörde gefunden worden, die ausschließlich linke Personen unter Nennung des Namens beinhalteten. Um an Daten und Bilder zu kommen, hätten die Neonazis eine Strafanzeigen-Strategie angewendet: gezielt seien Verfahren gegen missliebige Personen angestrengt worden, um dann als “Betroffene“ per Akteneinsicht aus den Ermittlungsakten Informationen über politische Gegner zu bekommen.

Einige der von Neonazis Angezeigten hätten der Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld ihre Befürchtung mitgeteilt, dass ihre Daten zu “Anti-Antifa“-Zwecken verwendet werden könnten. Die Strafverfolgungsbehörde sieht sich selbst nicht als Akten-Boten für Neonazis, denn ihre Ermittlungsakten würden weder Beschuldigten noch Opfern einer Straftat zur Verfügung gestellt.

Dennoch will die Staatsanwaltschaft den Vorwürfen nachgehen. Wie die Ermittlungs-Daten möglicherweise zu den Neonazis gerieten, klang aber bereits in einer Stellungnahme an. Oberstaatsanwalt Jürgen Schär, Leiter der Staatsschutzabteilung bei der Staatsanwaltschaft Dresden, zur Tageszeitung junge Welt: “Vorschrift der Strafprozessordnung ist, dass Privatpersonen keinen Zugang zu Ermittlungsakten haben, wenn denn nicht über ihren Anwalt“.

Bei dem Neonazi-Treffpunkt in Dresden-Reick soll es sich um eine Baracke handeln, die bereits seit 2005 einschlägig genutzt wird. Mehrere Räume seien dort unter anderem für Bandproben und Kampfsporttrainings eingerichtet. In dem Gebäude soll sich das “Nationale Jugendbündnis“ (NJB) regelmäßig treffen; vor allem werde es von den “Freien Kräften Dresden“ genutzt, so die a.l.i.a.s.-Mitteilung.

Beobachter vor Ort wissen schon seit längerer Zeit von den “Anti-Antifa“-Aktivitäten der braunen Szene. Die jetzt aufgetauchte “Anti-Antifa-Akte“ sei da die “öffentlich gewordene Spitze von Ermittlungsumtrieben von Nazis weit in den persönlichen Bereich antifaschistisch-couragierter Leute hinein“, sagte der Dresdner Carlo Hagen gegenüber redok. Er beschäftigt sich seit Jahren journalistisch mit der rechtsextremistischen Szene in Sachsen und kennt die treibenden Kräfte bei den braunen Spähern: “Als führende Anti-Antifa-Aktivisten agierten und agieren da unter anderem Sven Hagendorf und Ronny Thomas, der auch für den Internet-Auftritt der ’Freien Kräfte Sachsen’ verantwortlich zeichnet. Mittlerweile versucht sich im Raum Dresden mit beispielsweise Maik Müller auch schon die nächste Generation von Anti-Antifa-Aktivisten entsprechend zu profilieren.“

[Dieser Artikel wurde am 25. Januar 2007 bei redok veröffentlicht.]

Offensive für drei braune Bundestagsdirektmandate

Mit einer nicht nur verbalen “Wortergreifungsstrategie“ forciert die NPD von Sachsen aus einen öffentlichkeitswirksamen Bundestagswahlkampf der rechtsextremen Kräfte

Der sich abzeichnende Kampf um Abgeordnetenmandate im Deutschen Bundestag bei einer eventuell vorgezogenen Wahl wird für die NPD schwerpunktmäßig wohl in Sachsen betrieben werden. Eigentlich sollten nach dem dortigen Wahlerfolg im Herbst 2004 (Rechter Aufbau Ost – NPD im Sächsischen Landtag) erfolgversprechende Strukturen bis zum turnusmäßigen Termin der Bundestagswahl 2006 entsprechend Schritt für Schritt auf- und ausgebaut werden. Nunmehr drängt die Zeit und es offenbarten sich zwischenzeitlich einige Probleme auf Rechtsaußen.

Die seit Jahresbeginn propagierte “Volksfront“ zwischen NPD und DVU wurde mittlerweile bundesweit erstmalig bei der Wahl der sächsischen Kandidatenliste praktiziert. So steht beispielsweise auf der aus dem NPD-Wahlparteitag vom 25. Juni in Chemnitz resultierenden Landesliste hinter Holger Apfel (NPD) auf Platz 2 der von der DVU nominierte Harald Neubauer (parteilos, vormalig Generalsekretär und Europaabgeordneter der ’Republikaner’). Weiterhin folgt – nach Winfried Petzold (NPD-Landesvorsitzender Sachsen) und Uwe Leichsenring (Parlamentarischer Geschäftsführer der NPD-Fraktion) – auf dem fünften Listenplatz Hans-Otto Weidenbach als Bundesvorstandsmitglied der DVU. Die weiteren fünfzehn Kandidatenplätze sind, bis auf eine Ausnahme, personell durchweg mit NPD-Mitgliedern beziehungsweise einem Kader der Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) besetzt.

Auf dem Chemnitzer Parteitag, der teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt fand, bekräftigte der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt vor Vertretern aus DVU, Deutscher Partei und DSU den Grundkonsens dieser Volksfront vom äußersten rechten Rand: “Die Zeit des ewigen Gegeneinander ist endgültig vorbei, nun gilt es gemeinsam zu handeln, damit in Deutschland endlich wieder Politik für Deutsche gemacht wird!“

Gegenwärtig werden die Erfolgsaussichten für die Rechtsextremisten, als bundesweite “Volksfront“ die nötige Fünf-Prozent-Hürde in den Berliner Reichstag zu überwinden, als nur marginal eingeschätzt. Kampfbereit beabsichtigt die NPD allerdings, die wahlrechtlichen Möglichkeiten von drei erreichten Direktmandaten für sich zu nutzen. Hierfür sieht Peter Marx (NPD-Fraktionsgeschäftsführer im Sächsischen Landtag) als NPD-Bundestagswahlkampfleiter durchaus Chancen im brandenburgischen Spreewald, im vorpommerschen Anklam – und in Sachsen.

In Sachsen sollen alle 17 Wahlkreise mit entsprechenden Kandidaten besetzt werden. Hierbei liegen die Hauptschwerpunkte offensichtlich im Wahlkreis 156 (Großenhain, Kamenz, Hoyerswerda) bei Holger Apfel als Landtags-Fraktionsvorsitzender sowie bei dem unter anderem als Mäzen der Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) geltenden Uwe Leichsenring (Trotz Verbot nach wie vor aktiv) im Wahlgebiet Sächsische Schweiz/Weißeritzkreis.

Die Chance auf – für einen Einzug in den Deutschen Bundestag nötige – drei erfolgreich erwählte “Volksfront“-Direktwahlkreise wird unterschiedlich gesehen. Während Marx (NPD) in Verlautbarungen natürlich auf siegreiche Direktkandidaten setzt, schätzt das Sächsische Landesamt für Verfassungsschutz ein: “Insgesamt sind die Erfolgsaussichten der Direktkandidaten eher als gering einzuschätzen.“ Hamburger Verfassungsschützer attestierten in diesem Zusammenhang, die NPD wäre gegenwärtig kaum mehr in der Lage, sich “organisatorisch so aufstellen“, dass sie wahlbezüglich Erfolg erreichen könnte.

Um einem eventuell weiteren Wahl-Misserfolg – nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie auch bei den Oberbürgermeister-Wahlen in Leipzig und Görlitz – entgegen zu wirken, praktizieren Rechtsextremisten in ihrer geographischen Hauptkampflinie zunehmend eine vom Präsidenten des Sächsischen Verfassungsschutzes, Rainer Stock, so bezeichnete “Wortergreifungsstrategie“. Hierbei handelt es sich nicht allein nur um klientelbezogenes – aber generell bewusst provozierendes – Auftreten von regional oder überregional bekannten Rechtsextremisten im öffentlichen Raum und auf öffentlichen politischen Veranstaltungen. Das Ziel besteht letztendlich darin, die jeweilige Veranstaltung – wenn nicht schon zu dominieren – wenigstens entsprechend beeinflussen zu können. Dabei agieren NPD-Landtagsabgeordnete und deren Mitarbeiter, Partei-Kader, Vertreter der SSS sowie der so genannten Freien Kräfte Sachsen (FKS) eng miteinander.

Exemplarisch scheint diesbezüglich, dass NPD-MdL Klaus-Jürgen Menzel in letzter Zeit eine durchaus im wahrsten Sinne des Wortes aktive außerparlamentarische Arbeit zu betreiben scheint. Menzel postulierte vor nicht all zu langer Zeit seine geopolitischen Ansprüche eindeutig: “Unser Land geht von den blauen Bergen der Vogesen bis zu der Mühle von Tauroggen. Von der Königsau in Nordschleswig bis nach Brixen in Südtirol. Und keinen Quadratmeter weniger!“

Bereits am 12. Juni versuchten rund 30 bekannte Rechtsextremisten eine Veranstaltung des Projektes Tolerantes Dresden zur Kunstaktion 100 Tote zu stören. Im Veranstaltungsraum versuchte sich Menzel rhetorisch ins rechte Öffentlichkeitslicht zu setzen, gleichfalls Peter Naumann, verurteilter Terrorist und gegenwärtig Mitarbeiter von Menzel. Zudem waren FKS- und SSS-Mitglieder vor Ort.

Zu einer weiteren Veranstaltung von Tolerantes Dresden nur wenige Tage später am 16. Juni versammelte sich wiederum ein rechtsextremes Konglomerat, erneut mit Menzel und Naumann, um allem Anschein nach die Veranstaltungslokalität in der Dresdner Neustadt nicht nur verbal zu besetzen. Daran wurden die Rechtsextremisten von einer Gruppe Antifaschisten gehindert, woraufhin die Lage eskalierte.

Die Sächsische Zeitung berichtete in diesem Zusammenhang: “… Bei den Ausschreitungen zwischen Linken und Rechten mit vier Verletzten … in der Dresdner Neustadt wurde auch der NPD-Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel gesichtet. Ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden bestätigte einen entsprechenden Zeitungsbericht. Offen sei, ob Menzel selbst – wie in antifaschistischen Internetseiten behauptet – handgreiflich wurde …“ Und weiterhin wird mitgeteilt, Menzel “habe aber bestritten, unmittelbar in die Schlägerei eingegriffen zu haben“.

Immerhin war Menzel (“Ein Karat härter als der Feind, das bringt den Sieg!“) an diesem Tag offensichtlich nicht gerade inaktiv inmitten einer Gruppe von Rechtsextremisten unterwegs, die in ihrer personellen Zusammensetzung nicht gerade für militante Zurückhaltung gegenüber Andersdenkenden bekannt ist. So wurde Menzel – neben Mitgliedern der eigentlich verbotenen SSS – unter anderem erneut von einschlägig gerichtsbekannten FKS-Kadern eskortiert. Dabei trat in wiederholter Führungsfunktion Sven Hagendorf in Erscheinung. Hagendorf war 2002 Bundestagsdirektkandidat für die NPD sowie 2004 Spitzenkandidat für das so genannte Nationale Bündnis zur Kommunalwahl und ist Betreiber des einschlägigen “Club 14“ in Dresden. Anmerkenswert zu allein diesem personellen Menzel-Umfeld scheint durchaus, dass Hagendorf nach einer NPD-Demonstration am 13. August 2001 in Dresden öffentlich mit einer Pistole im Hosenbund posierte – und am Wahlabend zum Sächsischen Landtag am 19. September 2004 als Bodyguard für NPD-Vertreter im Landtagsgebäude agierte.

Zum Tag der Offenen Tür in der Landeszentrale für politische Bildung am 30. Juni wiederum versuchten die NPD-Abgeordneten Klaus-Jürgen Menzel, Jürgen W. Gansel (Bundestagsdirektkandidat für Riesa, Torgau-Oschatz, Delitzsch-Eilenburg) und Gitta Schüßler eine Podiumsdiskussion in den Räumen der Einrichtung inhaltlich für sich zu vereinnahmen. Als Ansatzpunkt bedienten sie sich dabei der polemischen Forderungsfrage nach der Abschaffung des Verfassungsschutzes. Leider waren die Rechtsextremisten, als bei dieser Veranstaltung in Landeszentrale später um Ethik, Normen und Werte diskutiert wurde, dann schon nicht mehr anwesend.

So zeichnet sich seitens der “Volksfront“ von Rechts ein offensiv-aggressiver Bundestagswahlkampf um jedes einzelne Wählerprozent in den aus ihrer Sicht möglichen Hochburgen ab. Organisiert und geleitet wird dieser Wahlkampf bezeichnenderweise von der Geschäftsstelle der Sachsen-NPD im Dresdner Lockwitzgrund aus. Ihren Wahletat beziffert die NPD selbst auf “derzeit rund 500.000 Euro“. Dabei wird – unschwer vorauszusagen – wiederum und erneuert eine enge Zusammenarbeit mit den so genannten Freien Kameradschaften zu registrieren sein (Braun-nationaler “Tsunami“ als verlängerter parlamentarischer Arm?). Wie weit dieses rechtsextreme diesjährige Aktionsbündnis, über Plakate Kleben, Infomaterial und “Schulhof“-CD Verteilen letztendlich hinaus reicht, wird aufmerksam zu beobachten sein. Besondere Beachtung verdient hierbei die offensichtlich militante Drohung des NPD-Bundestagswahlkampfleiters, wenn für NPD-Stände im Wahlkampf seitens der Ordnungsbehörden nicht entsprechender Schutz erfolge, “werden wir uns zur Wehr setzen“.

[Dieser Artikel wurde am 8. Juli 2005 bei Telepolis veröffentlicht.]