Archiv der Kategorie: BallScene

Faust des Ostens: Zählappell – Rechtsextreme Hooligans in Sachsen

Beinahe wäre so ein kleiner ’Zählappell’ hinsichtlich der Faust des Ostens weniger oder mehr rechts liegen gelassen worden. Unbedingt öffentlich wurde bislang eine solche Zahlenspielerei nun aber auch nicht unbedingt betrieben. Wobei Zahlenspielerei gewiss nicht der richtige Terminus ist. So viele sind es nämlich gar nicht. Also, Zahlen. Und mittlerweile bei der Faust des Ostens. Scheint es.

Im Mai 2013 laufen Ermittlungen gegen mehr als 100 Beschuldigte der Faust des Ostens. Zitierte damals die Sächsische Zeitung Oberstaatsanwalt Jürgen Schär. Mitte Februar 2015 hat die Faust des Ostens dann etwa 40 Mitglieder. So die zu diesem Zeitpunkt von DPA zitierten Angaben von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Die Herren sowie beide Behörden sind sich arbeitsintensiv durchaus vertraut, ist zu vermuten, und nicht erst seit gestern.

fdo_dd_strehlener_strasse_13_2_11
(Dresden, Februar 2011 – Foto: O.M.)

Im Zusammenhang der 2015’er Februar-Antwort des Innenministers (Vorgangs-Nummer 6/579) auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (DIE LINKE) legt Markus Ulbig etwa 160 Rechtsextremisten in der gewaltbereiten Fußballfanszene in Sachsen zugrunde. Aus dem Fanumfeld vom 1. FC Lok Leipzig wird die Gruppierung Scenario Lok als rechtsextremistisch eingestuft. Der Gruppe, die im Oktober vergangenen Jahres ihre Auflösung bekannt gegeben habe, seien etwa 70 Mitglieder zugerechnet worden. Im Umfeld des Chemnitzer FC gibt es mit der New Society und Kaotic Chemnitz zwei rechtsextreme Fangruppen mit zusammen etwa 50 Mitgliedern. Ja, und die Faust des Ostens aus der Peripherie von Dynamo Dresden eben noch.

(…) Die getroffenen Aussagen stießen beim Chemnitzer FC auf Unverständnis (…) wurde die “New Society“ vor drei Jahren hinsichtlich ihrer Symbolik vom Verein verboten. Gegen damalige Führungskräfte sind entsprechende Stadionverbote verhängt worden (…) [cfc-fanpage.de, 19. September 2012]

Wie schnell doch so ein gebrauchtes Jahr vergeht. Oder zwei. Oder drei.

Ein Nachrichtensender und der Kader von Dynamo Dresden

Sogleich sei der Leserin und dem Leser zuerst die geheimnisvolle Spannung der Headline genommen. n-tv und Dynamo Dresden – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Denn woran könnte bei so einer Headline alles gedacht, wovon geträumt werden? Ausufernde Berichterstattung aus den Tiefen des Vereins und seiner Peripherie? Neutrale Streiflichter durch die zuweilen durchaus problematische Fanszene? Werbebannerkauf in Größenordnungen? Vielleicht sogar anteilige Spieler-Beteiligungen? Im Portfolio des modernen Fußballs scheint kaum noch etwas unmöglich.

Apropos Spieler: Bei sich möglicherweise anbahnenden zarten Banden wird natürlich vorab etwas genauer hingeschaut, Spieler sind ja ein nicht unerheblicher Teil im Kapitalstock eines Vereins. Und n-tv ist ein seriöser Nachrichtensender, und beileibe kein beliebiger. Gut, Dynamo Dresden spielt derzeit lediglich in der dritten Liga, aber das kann sich ja ändern. Denn erfolgteich sind sie zur Zeit auf dem Rasen, die Dresdner Dynamos –

ntv_sgd_30_8_15
(Screenshot: O.M.)

Wie gesagt, bei sich möglicherweise anbahnenden zarten Geschäftsbanden würde vorab etwas genauer hingeschaut.

Es ist nämlich nicht genau ersichtlich, wo Halil Savran und Cataldo Cozza da gemeinsam jubeln. Vielleicht war es nach dem ersten Tor in der neugeschaffenen 3. Liga, damals am 25. Juli 2008 im Erfurter Steigerwaldstadion. Cozza gab an diesem Tag sein Profidebüt, Savran erzielte das 1:0-Siegtor der Dresdner gegen den FC Rot-Weiß Erfurt.

Genau ersichtlich sollte es für einen Nachrichtensender – und n-tv ist beileibe kein beliebiger – allerdings schon sein, dass beide Spieler längst nicht mehr in Diensten der SG Dynamo Dresden stehen. Halil Savran verließ die Dresdner im Sommer 2010, wie zum selben Zeitpunkt ebenso Cataldo Cozza auch.

So wird das wohl nichts mit einer wunderbaren Freundschaft zwischen n-tv und Dynamo Dresden. Das diessaisonale Sommer-Transferfenster wäre sogar noch bis zum 31. August offen gewesen. Aber das Transferkarussel schläft ja bekanntlich nie so richtig, genau so wenig wie Nachrichtensender. Denn zu vermelden gibt es immer etwas.

Post Scriptum: Vom 30. August, 22:21 Uhr, bis 31. August, 01:07 Uhr, mag sich in unserer Welt einiges ereignet haben. Die sportliche Nachrichtenlage bei n-tv dagegen bleibt bildlich gesehen unverändert. Wie gesagt, das Transferfenster ist noch geöffnet. Wer weiß …

Post Post Scriptum: Nachdem die morgendliche Sonne die Szenerie beleuchtet, ist zu bemerken, dass besagter Artikel in der n-tv-App scheinbar über Nacht irgendwie verschwunden ist und auf der Homepage des Nachrichtensenders justament augenblicklich nun Justin Eilers korrekt torjubeln darf. Vielleicht wird es ja doch noch etwas mit der wunderbaren Freundschaft. Das Transferfensterchen jedenfalls steht weiterhin einen Spalt weit offen. ’Es ist jetzt kurz nach halb acht’, sagt eine Stimme im Radio.

  • “Werte Kollegen von n-tv Der Nachrichtensender, wir müssen reden …“ (flurfunk-dresden.de, 1. September 2015)

MedienScreen # 42 [Rechtsextremismus, Heidenau, Faust des Ostens]

[Fundstück] “Die Luntenleger“, DER SPIEGEL, 29. August 2015 –

(…) Offiziell haben sich die Sicherheitsbehörden festgelegt. Keinen extremistischen Masterplan sehen die Verfassungsschützer von Bund und Ländern. “Keine Rückschlüsse auf bundesweit vernetzte oder gesteuerte Aktionen“ will das Bundesinnenministerium aus den Verbrechen der vergangenen Monate ziehen (…)

Tatsächlich mehren sich die Hinweise darauf, dass viele der rassistischen Straftaten kaltblütig geplant waren. “Anders als durch organisierte Strukturen lassen sich die Dauer und die Zahl der Übergriffe nicht erklären“, sagt Fabian Virchow, der Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus an der Hochschule Düsseldorf, über das gefährliche Spiel mit dem Feuer (…)

In Heidenau tauchten dann nach und nach braune Kleinstgruppen auf: ehemalige Skinheads, Aktivisten Freier Kameradschaften und Hooligans, etwa der Dynamo-Fanklub “Faust des Ostens“. Augenzeugen berichten, in den Krawalltagen habe im “Haus Montag“, einem Neonazitreff in Pirna, reger Betrieb geherrscht. In dem Gebäude befindet sich auch die Kreisgeschäftsstelle der NPD (…)

Die Aufwiegler und Einpeitscher dieser Tage aber finden sich längst nicht nur in der NPD und beileibe nicht nur in Ostdeutschland (…)

hdn_21_8_15_youtube
(Heidenau, 21. August 2015 – Foto: YouTube.com)

 

Haben Lok-Fans auch Basler-Bonus verspielt?

In der Oberliga NOFV-Süd war es das dann für den bis dato nach wie vor noch aufstiegsambitionierten 1. FC Lok Leipzig. Relegation? Aufstieg in die Regionalliga? Nur bis dato eben. Geschichte, jedenfalls für diese Saison.

Am Nachmittag des heutigen Tages wurde im Erfurter Steigerwaldstadion die um Platz Drei in der Süd-Oberliga mitentscheidende Begegnung zwischen der Zweiten vom FC Rot-Weiß und Lok Leipzig letztendlich vorzeitig beendet. Leipziger Anhänger hatten in der 75. Minute – beim Stand von 2:0 – den Platz gestürmt.

“Nach dem Platzsturm hatte Schiedsrichter Ramus Jessen die Partie zunächst unterbrochen und beide Mannschaften in die Kabinen geschickt, die Polizei war mit einer Hundertschaft aufmarschiert und hatte sogar einen Wasserwerfer vor dem Leipziger Block positioniert. 20 Minuten später wurde das Spiel endgültig abgebrochen” (n-tv.de).

bild.de_rwe_lok_14_6_15
(Screenshot – bild.de)

Abgesehen davon könnte aber die Loksche an diesem Sonntag auch noch etwas anderes eingebüßt haben – einen Leuchtturm, eine Leitfigur, ein unbestrittenes Idol aus alten Fußballtagen.

“So etwas, dass auch Verantwortliche und Spieler angegangen wurden, das habe ich so noch nie erlebt. Ich muss mir Gedanken machen, ob es in dieser Form noch Sinn für mich macht, hier weiter zu arbeiten”, wird der amtierende Lok-Sportdirektor Mario Basler fast unmittelbar nach den Erfurter Ereignissen von der Zeitung mit den vier großen Buchstaben zitiert.

Der 1. FC Lok hätte die Relegation zur Regionalliga erreichen können. Und hat hoffentlich nicht mehr als das verloren. Einen Mario Basler gibt es nur ein Mal.

[Dieser Artikel wurde am 14. Juni 2015 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 39 [DFB-Strafen, beleidigend willkürlich?]

[Fundstück] “Warum Fans DFB-Strafen als willkürlich empfinden, faszination-fankurve.de, 11. Juni 2015 –

(…) Allein in den vergangenen drei Tagen hat das DFB-Sportgericht 14 Vereine mit Geldstrafen belegt, weil sich Fans dieser Clubs Fehlverhalten geleistet haben sollen. Doch die Strafe gegen den Chemnitzer FC zeigt beispielhaft, warum die Strafen in der Fanszene als willkürlich empfunden werden.

Der Chemnitzer FC wurde u.a. wegen eines beleidigenden Banners im Bereich der CFC-Fans beim Heimspiel gegen Rot-Weiß Erfurt vom DFB-Sportgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. “Während des Drittligaspiels gegen Rot-Weiß Erfurt am 18. April 2015 wurde im Chemnitzer Zuschauerblock kurzzeitig ein Banner mit beleidigendem Inhalt gezeigt”, heißt es dazu in der DFB-Mitteilung. Nur ist den CFC-Fans völlig unklar, welches Banner sie nicht hätten zeigen dürfen.

Auf Nachfrage von Faszination Fankurve bestätigt die Fanszene Chemnitz nochmals, was auf den Fotos der Partie schon zu sehen ist: Die Fans des Chemnitzer FC zeigten bei besagtem Spiel kein beleidigendes Banner.

Im Gästeblock wurde ein Banner mit der Aufschrift “Scheiß DFB” gehisst. Doch die DFB-Strafe wurde explizit wegen eines Banners im Fanbereich des CFC ausgesprochen. Bleibt nur noch ein Doppelhalter von Chemnitzer Fans, auf dem “Scheiß Red Bull” zu lesen war. Dieser wird schon mindestens seit dem 7. Spieltag der abgelaufenen Saison beim Heimspielen des CFC gezeigt, wie Fotos bei Faszination Fankurve belegen. Nach Aussage der Fanszene Chemnitz existiert dieser Doppelhalter sogar schon mehrere Jahre und wird vorzugsweise bei Heimspielen präsentiert.

Faszination Fankurve fragte nach Aussprache der Strafe gegen den Chemnitzer FC bei der Pressestelle des DFB nach, welches “beleidigende Banner” in der Strafe gemeint war. Die Pressestelle des Verbands antwortete wie folgt: “Die konkreten und detaillierten Inhalte eines Urteils gehen immer nur den Prozessbeteiligten bzw. dem Prozessbeschuldigten zu. Eine über unsere kurze Presseinformation hinausgehende Information ist daher leider nicht möglich. Zum allgemeinen, besseren Verständnis: Die Bemessung von Strafen richtet sich nach zahlreichen, auch vom Einzelfall abhängigen Faktoren. Im Falle von gemeldeten Bannern sind neben dem reinen textlichen Inhalt beispielsweise ihre optische Darstellung, Größe, Ort, Dauer und Häufigkeit des Zeigens sowie die Vorbelastungen und Reaktionen des Vereins zu berücksichtigen.” (…)

Es scheint als bestrafe der DFB in jüngster Zeit häufiger beleidigende Plakate. Wer dabei entscheidet, was eine Beleidigung ist und was nicht, ist völlig unklar (…)

erika_krause_chemnitz
(Oldie but Goldie – Screenshot Ultras.ws: O.M.)

[Dieser Beitrag wurde am 13. Juni 2015 bei Ostfussball.com publiziert.]