Archiv der Kategorie: FoundPieces

MedienScreen # 353 [Kunst. Waffe. Entwaffnende Worte?]

[Fundstück] Ulrich Holbein, “Attacca con fuoco – Stradivari-Violine versus Kalaschnikow-Schießprügel – ein disharmonischer Vergleich“, konkret, 5/2025 –

(…) Hing irgendwann mal ein Himmel voller Geigen? Stell dir vor, da geigt wer, und keiner hört zu. Stellt euch vor, es ist Krieg, und jeder geht hin. Wo man schießt, da mach dich aus dem Staub. Wo es knallt, da wirst du taub. Wo man fiedelt, lass dich ruhig nieder – böse Menschen haben keine Lieder. Oder grölen halt trotzdem. Beide, das herzlose, hirnlose Tollhaus des Universums wie sogenannte Hochkultur, brauchen jeweils ein Instrument, um loslegen zu können (…) Geige und Gewehr – beide sollten gut in der Hand liegen. Menschlicher Erfindergeist folgte je einer Vision. Beide Geräte haben nichts dagegen, sich instrumentalisieren zu lassen (…) Standing ovations erfolgen nur, wenn man das Herz rührt oder ins Herz trifft (…)

Man könnte die genialen Hersteller Wohltäter nennen. Beide lösen Tränenfluten aus, bei den Eltern gefallener Hoffnungsträger und bei allen, die Klassik nicht verschmähen und sich, gelegentlich, für eine schöne Melodie wegschmeißen könnten. Kalaschnikow befreit sein Volk von Feinden, das ihm dafür die Hände küsst (…) Die einen schmelzen dahin; die anderen verbluten. Sonaten und Patronen fliegen durch die Lüfte. Die Kalaschnikow kennt nur eine Spielanweisung: Staccato, nur eine Tempobezeichnung: Presto furioso, unfähig zum Adagio amoroso.

Um die Stradivarigeige webt ein Geheimnis wie ums Lächeln der Mona Lisa. Die Kalaschnikow hat ein Erfolgsrezept, kein Geheimnis. Stradivarigeigen erheben die Seele, Kalaschnikows mähen Körper nieder, samt ihren nur selten erhobenen Seelen. Stradivaris sind kostbar. Kalaschnikows sind robust (…)

Kalaschnikow und Stradivari zerren am Menschen wie Wille und Vorstellung. Kalaschnikow und Stradivari stehen sich – unverwandt? – gegenüber wie Zapfenstreich und Andantino (…)

Stradivari baute circa 1.100 Geigen. 600 davon sind noch übrig. Bis dato wurden über 100 Millionen Kalaschnikows hergestellt, Tendenz: steigend (…) Stradivaris werden äußerst gern von Kalaschnikows bewacht – one world! (…)

Outete Gott sich als unmusikalisch? Gott ließ den russischen Waffenkonstrukteur länger leben als den italienischen Geigenbaumeister. Stradivari wurde 93 Jahre alt. Kalaschnikow wurde 94 Jahre alt. Gott ließ Rudolf Heß dreimal länger leben als Franz Schubert – welch Blasphemie gegen den Geist göttlicher Musik! Violoncellokästen sehen leider wie Särge aus. Geigenkästen sehen leider wie Kindersärge aus. Katzen können nicht lächeln, aber töten (…)

MedienScreen # 352 [Nazi History X. Don’t Speak. Part Twelve.]

[Fundstück] Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Interview @ t-online.de, 22. April 2025 –

(…) Es ist ein Fehler, rechtsextreme Politiker in Talkshows einzuladen. Verfassungsfeindliche Positionen werden damit normalisiert. Als ob es bloße Meinungen wären, über die man diskutieren kann. Die Vorstellung, diese Leute inhaltlich zu entzaubern, ist trügerisch. Das funktioniert nicht. Weder in den Medien noch in der Politik (…)

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MedienScreen # 351 [Legendäre Grüne. OlivGrüne Transformation.]

[Fundstück] “Friedensbewegung: Sag mir, wo die Panzer sind“, politplatschquatsch.com, 20. April 2025 –

(…) Würde ein Grüner heute Petra Kelly zitieren, klänge deren 44 Jahre alter Satz “Wir wollen aus diesem waffenstarrenden, weltumspannenden Irrenhaus ausbrechen. Wir wollen kein Feindbild, wir wollen nicht das Fußvolk einer Raketenpartei sein“ wie der Aufruf zum Austritt aus der einstigen Öko- und Friedenspartei (…)

[Mit Dank & Gruß an PPQ und dortselbst im vollständigen Original.]

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Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.

MedienScreen # 350 [Words of Christoph Hein. True?]

[Fundstück] Christoph Hein, interviewt in DER SPIEGEL, 5. April 2025 –

(…) Von der DDR wird nichts bleiben. Sie wird vergessen werden wie die Bauernkriege (…) Von der DDR sind zuallererst die Leute geblieben, aber die sterben gerade aus. Noch ein paar Jahre, dann ist die DDR ein völlig abgeschlossenes Kapitel, an das sich kaum noch jemand erinnern wird (…)