Rechtsextremisten attackieren erneut Homosexuellen-Parade

Budapest. In der ungarischen Hauptstadt ist es am gestrigen Samstag zu schweren Ausschreitungen rechtsextremistischer Gruppierungen gegen die CSD-Parade-Teilnehmer und die Polizei gekommen. Bereits in der Nacht zum Mittwoch war ein Homosexuellen-Lokal mit Brandbomben angegriffen worden.

Gestern nun wurden Polizeikräfte, die den “Marsch der Würde“ zu schützen versuchten, von Rechtsextremisten unter anderem mit Molotowcocktails beworfen. Ein Polizei-Kleinbus brannte aus, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Die rund 1.500 Umzugsteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden von militant-rechtsextremistischen Gruppierungen zudem mit Steinen, Eiern und Flaschen unter Beschuss genommen. Nach einem indymedia-Bericht wurde darüber hinaus auch ein Polizei-Fahrzeug angegriffen, in dem die europäische Abgeordnete Katalin Levai saß; die Abgeordnete sei bei der Attacke unverletzt geblieben.

Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Angreifer in Schach zu halten beziehungsweise zurück drängen zu können. Nach Angaben der Polizei wurden zehn Menschen verletzt und 45 festgenommen (AFP).

Ein Konzert einer Jazz-Sängerin, das den Budapester Christopher Street Day (CSD) hätte beenden sollen, wurde wegen der Ausschreitungen abgesagt. Das Präsidiumsmitglied des ungarischen liberalen Bundes Freier Demokraten, Gabor Horn, wurde unmittelbar im Anschluss an die Vorfälle nach eigenen Angaben von Neonazis bespuckt, geohrfeigt und mit Bier übergossen (dpa).

Nachdem der CSD in Budapest nunmehr seit zwölf Jahren stattfindet, war es im vorigen Jahr erstmals zu größeren Übergriffen durch Rechtsextremisten gekommen. In der Woche vor der diesjährigen Parade wurden in Budapest zwei Homosexuellen-Lokale mit Brandsätzen attackiert, berichtet die Schweizerische Depechenagentur. Zudem hätten Beiträge in rechtsextremen Internet-Foren zur Gewalt gegen die “widernatürlichen Perversen“ aufgefordert.

Vor einer Woche waren bereits in Brno (Tschechien) und Sofia (Bulgarien) Homosexuellen-Paraden von Rechtsradikalen angegriffen worden. Gegen eine Homosexuellen-Bar in Budapest erfolgte in der Nacht zum Samstag der vorigen Woche ein Angriff mit einem Molotow-Cocktail. Ein weiteres Lokal, die Homosexuellen-Sauna “Magnum“, war in der Nacht zum Mittwoch dieser Woche mit vier Brandbomben attackiert worden, dabei wurde ein Angestellter leicht verletzt, mehrere Möbel verbrannten.

[Dieser Artikel wurde am 6. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Update: “Sturm 34“-Prozess

Dresden. Bei der heutigen Prozessfortsetzung gegen führende Köpfe der militant-rechtsextremistischen Kameradschaft stellten Vertreter der Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen einen der Schöffen. Nach bisheriger Planung soll der Prozess in der nächsten Woche zu Ende gehen.

Die Verteidigung zitierte gegenüber der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden nach Darstellung der Nachrichtenagentur ddp aus einem medizinischen Gutachten, wonach der besagte Schöffe körperlich nicht in der Lage gewesen sei, dem seit 10. April diesen Jahres laufenden Verfahren länger als täglich zwei Stunden aufmerksam zu folgen. Diese gesundheitliche Beeinträchtigung des Schöffen wiederum hatte während der bisherigen Gerichtsverhandlungen zu lediglich einer – allerdings formal zulässigen – Unterbrechung des Prozesses geführt.

Darüber hinaus saß heute die Freundin des mitangeklagten Matthias R. (Staatsschutz-“Joker“) im Zeugenstand, der seit Juli 2007 eine zweijährige Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verbüßt. Die junge Frau gab an, “dass ein Teil der Angeklagten an mehreren Überfällen teilgenommen habe“ (ddp).

Der Prozess gegen die führenden Kader der Ende April 2007 vom sächsischen Innenminister offiziell verbotenen Kameradschaft – deren Personenzusammenhänge offenbar nichtsdestotrotz quasi als Märtyrer der Bewegung weiter aktiv sind – soll nach den bisherigen Planungen in der nächsten Woche abgeschlossen werden.

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Ergänzung vom 10. Juli 2008:

Wie der Vorsitzende Richter Martin Schultze-Griebler heute gegenüber der Nachrichtenagentur ddp äußerte, wird das Urteil voraussichtlich am 18. August gesprochen.

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[Dieser Artikel wurde – vorerst ohne Ergänzung – ursprünglich am 3. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Razzien wegen des Verdachtes auf Propagandadelikte

Sachsen-Anhalt/Niedersachsen. In Halberstadt und Seesen wurden bei Hausdurchsuchungen offenbar strafrechtlich relevante Materialen der rechtsextremen Szene beschlagnahmt.

So seien bei Razzien von mehreren Wohnungen und Ladengeschäften in beiden Städten diverse verbotene Tonträger, verfassungswidrige Propagandamittel und Kennzeichen wie Hakenkreuze, Hitlerbüsten und SS-Runen sichergestellt worden.

Hintergrund der am gestrigen Dienstag durchgeführten Aktion ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Magdeburg, Zweigstelle Halberstadt, wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, berichtet die Nachrichtenagentur ddp mit Bezug auf die zuständigen Landeskriminalämter. Ermittelt wird gegen eine 47-jährige Frau aus Halberstadt und einen 42-jährigen Mann aus Seesen.

An den gestrigen Durchsuchungsaktionen waren insgesamt 15 Polizeibeamte beteiligt, die bezüglichen Untersuchungen dauern aktuell an.

[Dieser Artikel wurde am 2. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Gay-Paraden attackiert

Tschechien/Bulgarien. In Brno und Sofia wurden am heutigen Samstag Homosexuellen-Paraden von Rechtsradikalen angegriffen.

So berichtet die Nachrichtenagentur CTK von mindestens zwanzig Verletzten während eines Tränengas-Angriffs von augenscheinlichen Rechtsextremisten auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der “Regenbogenparade“ in Brno. Bereits vor Beginn der Veranstaltung seien drei Personen festgenommen worden, als Feuerwerkskörper in die Menge der sich versammelnden Schwulen und Lesben geworfen wurden. Laut einer Meldung des Fernsehsenders CT24 wurden insgesamt sieben Rechtsextreme festgenommen. Die von rechten Gruppierungen, wie der “Nationalen Partei“ und der “Nationalen Wiederauferstehung“, beantragten Veranstaltungen gegen die erste größere Homosexuellen-Parade in Tschechiens Geschichte waren zuvor von den Behörden der Stadt Brno offiziell abgelehnt worden.

Wie das bulgarische Innenministerium mitteilte, nahm die Polizei während der ersten Homosexuellen-Parade in Sofia 60 Skinheads aus dem Umfeld nationalistischer Gruppierungen fest, die versucht hatten die dortige Veranstaltung zu stören. Auch in der bulgarischen Hauptstadt wurden die Schwulen und Lesben von den Rechtsextremisten mit Pyrotechnik beschossen und mit Steinen und Flaschen beworfen. Nach Angaben der Polizei konnte sie ernsthafte Verletzungen verhindern.

Die Gay-Pride-Parade in Warschau verlief nach Medienberichten ohne größere Zwischenfälle. Lediglich zu Beginn des dortigen Umzugs hätten rund hundert Anhänger nationalistisch-radikaler Organisationen, wie der Allpolnischen Jugend und des National-Radikalen Lagers (ONR), versucht die Demonstration zu stören. Die Polizei konnte jedoch eine Konfrontation verhindern.

[Dieser Artikel wurde am 28. Juni 2008 bei redok veröffentlicht.]

Staatsanwaltschaft versus “Blood & Honour“-Strukturen

Sachsen. Nach offenbar jahrelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Dresden gegen sechs mutmaßliche Aktivisten der rechtsextremen Gruppierung wegen des Verstoßes gegen das Vereinigungsverbot Anklage erhoben.

Wie die leitende Staatsanwaltschaft am 3. Juni mitteilte, wird sechs Männern im Alter von Mitte 20 bis Mitte 30 zur Last gelegt, als Rädelsführer auch nach dem im September 2000 eigentlich erfolgten bundesweiten Verbot von “Blood & Honour“ den organisatorischen Zusammenhalt weiter aufrecht erhalten zu haben. Seit 2004 nachweisbar sei durch die Beschuldigten ein Netzwerk installiert worden, um beispielsweise sachsenweit konspirativ “Blood & Honour“-Konzerte organisieren und zudem Tonträger mit rechtsextremistischen Inhalten verbreiten zu können.

Der Anklage seien jahrelange Ermittlungen voraus gegangen. So habe es in Sachsen bereits im März 2006 eine großangelegte Razzia gegen mutmaßliche Aktivisten von “Blood & Honour“ gegeben (ddp). Im November sowie im Dezember 2006 folgten Durchsuchungen und anschließende Beschlagnahmungen entsprechender Devotionalien im Umfeld eines einschlägigen ostsächsischen Szene-Ladens.

Die nunmehr angeklagten Männer vom Geburtsjahrgang 1974 bis 1982 sollen vorwiegend im Raum Dresden und Ostsachsen beheimatet sein. Zur Absicherung ihrer Aktivitäten, besonders der Konzerte, sei zudem eine Hilfstruppe mit Namen “Sturm 24 Bautzen“ gegründet worden (Lausitzer Rundschau). Der “Sturm 24“ pflegt laut polizeilichen Erkenntnissen enge Kontakte mit dem “Nationalen Jugendblock“ (NJB) in Zittau. Der bereits 1992 gegründete NJB sei wiederum “sehr aktiv bei der Organisation von Demonstrationen und Konzerten sowie bei der Störung von Veranstaltungen der Partei Die Linke“, zitierte die Lausitzer Rundschau am 9. April den Staatsschutz-Dezernatsleiter der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien.

[Dieser Artikel wurde am 4. Juni 2008 bei redok veröffentlicht.]

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