[Fundstück] ”Diskussion um Dynamos neuen Mitarbeiter – Jens Genschmar kümmert sich als Traditionsbeauftragter um die Historie des Vereins. Bei seinen Äußerungen in den sozialen Medien greift er Migranten, Journalisten und Politiker an. Ist er deshalb ein Problemfall?”, Daniel Klein/Andreas Weller, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 30. September 2023 –
(…) Im Leitbild der Schwarz-Gelben heißt es unter Punkt zehn: “Dynamo ist offen für jeden, der unsere Werte anerkennt: Menschen aller Schichten, Hautfarben und Kulturen kommen in unseren Farben zusammen.“ (…)
(…) Stadtrat Johannes Lichdi von den Dissidenten erklärt: “Wenn Dynamo meint, mit Jens Genschmar in der Öffentlichkeit aufzutreten, spricht das für sich.“
Am 20. März 1991 um “21.20 Uhr war das sportliche Aus für den [damaligen] 1. FC Dynamo Dresden im Europapokal der Landesmeister besiegelt. 27 Minuten später erlebte Dresdens Fußball das schwärzeste Kapitel seiner langjährigen Geschichte. Hooligans hatten aus der Dresdner Fankurve Steine aus dem Stadiongrund gebrochen und bewarfen Linienrichter Moreno sowie jugoslawische Spieler. Die passiv vorhandenen Polizeieinheiten sahen sich zunächst nicht zum Eingreifen veranlasst, und nachdem etliche Dresdner Spieler sowie Dynamo-Geschäftsführer Manfred Kluge mehrfach vergeblich versucht hatten, die Randalierer zur Ruhe zu bringen, zog der spanische Referee Aladren die Konsequenz: Abbruch in der 78. Minute [Spielstand 1:2]“.
“Wir sind entsetzt über das Verhalten auf den Rängen. Der Polizei-Einsatz erfolgte viel zu zaghaft. Der Wasserwerfer erschien zu spät. Die Jugoslawen haben uns beim Spiel vorgemacht, wie man so eine brisante Partie unter Kontrolle hält“ (Manfred Kluge) [Zitate aus: ’Mit Dynamo durch Europa’, Jens Genschmar, November 2011].
“In Belgrad [6. März 1991, 3:0] fing das Ganze dann so an: Wir sind angekommen, gerade unser Bus war ja sehr gut besetzt, dort standen vorm Stadion etwa zweitausend Jugos, wir also raus aus dem Bus und erstmal todesmutig auf die draufgerannt. Natürlich völlig bescheuert (…) Auf einmal ging es andersrum, aber mit Schmackes! Da sind wir fast ins Stadion geflogen. Dort prasselte alles auf uns nieder: Steine, Flaschen und so (…) Da schmissen die dann die ganze Zeit alles Mögliche von oben runter: angeschliffene Münzen, Flaschen, Steine und was es sonst noch so gab. Die haben uns angespuckt, runtergepisst (…) Da waren neunzigtausend drin – wir waren höchstens siebenhundert Leute, wenn überhaupt.
Nach dem Spiel gab’s da auch keine Kontakte mehr mit den Belgradern, aber dafür mit deren Polizei. Da hieß es dann aber ’Knüppel frei!’ gegen uns. Überhaupt hatten wir dort eher wenig Probleme mit den Fans, die Serben-Bullen waren die, die uns fertig machten (…) Vor dem Spiel haben die uns ins Stadion reingeprügelt und danach hielten die uns dann stundenlang fest, fast fünf Stunden, ohne was zu trinken, geschweige denn zu essen (…) Jedenfalls die Bullen dort, das war das Schlimmste, was es je gab. Das waren einfach Menschenfeinde. Dort ging wenige Monate später der Krieg los, und dir war klar, warum. Diese Serben-Bullen, das war ja das Allerletzte! Klar haben wir auch provoziert, mit Reichskriegsflaggen und Gepose, aber dass die dort derartig freidrehen, hat keiner geahnt (…)
Beim Rückspiel in Dresden hat es natürlich total gescherbelt (…) Das war dann wirklich total verschärft, was hier abging. Das hatte Dresden noch nicht erlebt. Es kursierte ja vorm Rückspiel die Parole ’Rache für Belgrad!’. Und da waren dann hier wirklich Hools und Kameraden aus ganz Deutschland am Start (…)“ [Zitat aus: ’Schwarzer Hals Gelbe Zähne’, Veit Pätzug, November 2005].
“Dresden hätte sich wahrlich einen würdigeren Abschied aus dem Europapokal verdient, zumal heute keiner genau sagen kann, wie lange in der Elbmetropole EC-Abstinenz herrschen wird“ [Genschmar].
Die Partie zwischen Dynamo Dresden und Roter Stern Belgrad vom 20. März 1991 ging nach UEFA-Wertung mit 0:3 in die Geschichtsbücher ein, der Dresdner Verein wurde für zwei Europapokalspielzeiten gesperrt.
Rechtspflegeordnung der UEFA (Neuauflage, 1. Juli 2011)
* Artikel 72 – Verjährung
Der Vollzug von Disziplinarmaßnahmen verjährt bei Ausschluss aus UEFA-Wettbewerben 1) nach 5 Jahren bei Ausschluss für 1 Spielzeit; 2) nach 8 Jahren bei Ausschluss für 2 Spielzeiten; 3) nach 10 Jahren bei Ausschluss für mehr als 2 Spielzeiten.
[Dieser Artikel wurde am 5. Februar 2013 bei Ostfussball.comveröffentlicht.]
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