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Rechtsextreme sächsische Szene im Wandel

Dresden. Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen veröffentlichte gestern die Antwort der Staatsregierung auf ihre Große Anfrage zum “Rechtsextremismus in Sachsen“. Die NPD verliert Anhänger an unabhängige Neonazi-Gruppen, die mit großem Anspruch als “rechte Denkfabrik“ verkündete “Dresdner Schule“ ist ein “Rohrkrepierer“.

Der Antwort auf die Große Anfrage vom September 2008 (Landtagsdrucksache 4/13281) nach wird die Zahl der Rechtsextremisten im Freistaat mit zirka 3.000 Personen als konstant hoch eingeschätzt, mehr als ein Drittel dieses Personenkreises gilt als gewaltbereit, die Zahl entsprechend motivierter Gewalttaten ist im Zeitraum von 2004 bis 2007 gestiegen. Die durch die sächsische Staatsregierung attestierten Verluste bei der NPD und den Kameradschaften steigerten allerdings das Potenzial der so genannten “Freien Kräfte“, deren Angehörige sich von 2006 bis 2007 von 250 auf 500 Personen verdoppelten. Im Trend zu eher losen Organisationsformen versuchen sich bekanntermaßen Rechtsextremisten aller Couleur dem staatlichen Verfolgungsdruck zu entziehen.

Im Zusammenhang mit der vorgestellten Antwort der Staatsregierung (Aktenzeichen 16-0141.50/1509) – und flankiert von einem ebenfalls am 13. Januar veröffentlichten Hintergrundpapier – fasste der innenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Johannes Lichdi, die aktuelle Stellung der NPD-Fraktion – seit September 2004 im sächsischen Landesparlament vertreten – so zusammen: “Die Bedeutung der NPD-Landtagsfraktion für die Bundespolitik ihrer Partei wird überschätzt. Sie nimmt kaum Einfluss auf die Entwicklung der Bundes-NPD.“ Zudem habe sich die so betitelte “Dresdner Schule“ des Landtagsabgeordneten Jürgen W. Gansel “als ’Rohrkrepierer’ erwiesen“. Allerdings dürfe man, so Lichdi weiter, “nicht glauben, dass die Schwäche der NPD gleichbedeutend mit einer Schwächung des Rechtsextremismus insgesamt ist. Vielmehr gibt es Verschiebungen innerhalb der Szene. Insbesondere die Kräfte, die eine dezidiert nationalsozialistische Systemopposition aufbauen wollen, werden gestärkt“.

Hinsichtlich der Wahlaussichten für den 5. Sächsischen Landtag beeinträchtigen nach Lichdis Einschätzung Konflikte mit den radikalen Kameradschaften und “Freien Kräften“ die Chancen der NPD, die Fünf-Prozent-Hürde Ende August diesen Jahres erneut zu überwinden. “Viele militante Kräfte nehmen die sächsischen NPD-Kader als Bonzen, die es sich im Parlament bequem eingerichtet haben, wahr, und wenden sich von der NPD ab. Die NPD ist aber auf deren Unterstützung dringend angewiesen.“

[Dieser Artikel wurde am 14. Januar 2009 bei redok veröffentlicht.]

Wenn es wieder Februar wird in Dresden

Mit einer bundesweit koordinierten Aktion soll der seit Jahren stattfindende Aufzug von Rechtsextremisten anlässlich der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg im nächsten Jahr friedlich gestoppt werden

Die Historie der rechtsextremistischen Aktivitäten um den alljährlichen 13. Februar in der sächsischen Landeshauptstadt hat ihre Anfänge beileibe nicht erst seit den letzten Jahren, in denen dann auch die sächsische Politik- und Medienöffentlichkeit die Thematik nicht länger verschwieg – oder nicht länger verschweigen konnte.

Bereits Anfang 2004 gab es schon damals kaum noch zu negierende Anzeichen dafür, “dass sich der jährliche Aufmarsch von vorgeblich um deutsche Bombenopfer des II. Weltkriegs trauernder Rechtsextremisten um den 13. Februar herum in Dresden zu den größten bundesweiten und zudem regelmäßigen Nazi-Aufmärschen etablieren könnte“ (Dresden – wieder Zentrum der rechtsextremen ’Bewegung’?).

Sich außerhalb des eher bürgerlich zurückhaltenden Spektrums verortende Aktivitäten gegen rechtsextremistische Umtriebe in Dresden gab es allerdings schon weit vor dem plakativen Erwachen abseits der von den jeher aktiven Kreisen titulierten “Zivilgesellschaft“.

Nachfolgend rückte die sächsische Landeshauptstadt im Februar doch deutlich häufiger in den Fokus (Weiße Rosen in Dresden) der vordem eher bürgerlich zurückhaltenden Aufmerksamkeit. Durchaus kontrovers diskutiert erschien in der Zwischenzeit ein Buch über “Die kollektive Unschuld – Wie der Dresden-Schwindel zum nationalen Opfermythos wurde“. Die Teilnehmerzahlen an den rechtsextremistischen Februar-Aktivitäten in Dresden wurden derweil – trotz interner Querelen zwischen NPD und so genannten Freien Kräften um den wahrhaftigen Demo-Termin – nicht geringer, im Gegenteil. Kaum weniger verstetigte sich zudem auch die Verankerung der NPD in der Mitte der Gesellschaft nach deren Einzug in den Sächsischen Landtag.

Nach den diesjährigen “Aktivitäten von Extremisten anlässlich des Jahrestages der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg“ bilanzierte das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV), die sächsische rechtsextremistische Szene habe “dieses Datum als eine der zentralen Veranstaltungen mit bundesweiter Bedeutung [bestätigt]. Die Beteiligung ausländischer Rechtsextremisten verdeutlicht den Stellenwert dieses Datums innerhalb der Szene weit über die deutschen Grenzen hinaus“. Wer die rechtsextremistischen Dresdner Februar-Aktivitäten bislang allein auf “Deutschland Nah-Ost“ (Uwe Steimle) fokussierte, wurde vielleicht doch eines anderen belehrt – oder hat nun nur beide Augen geöffnet.

Für den Februar 2009 mobilisiert nunmehr eine bundesweite Aktion gegen die rechtsextremistischen Aufmärsche in Dresden. Zu den Erstunterzeichnern eines publizierten Aufrufes (“Rechtsextreme nicht ungehindert durch Dresden marschieren lassen“) für eine friedliche, bürgerliche Demonstration – GehDenken – gehören unter anderen Altbundespräsident Richard von Weizsäcker; Schauspielerin Iris Berben; die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch; der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering; Gregor Gysi (DIE LINKE); Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen). Vertreter der CDU wird man auf der Unterstützerliste dagegen wohl lange suchen müssen. “Zur Unterstützung eingeladen sind alle, die den Nazi-Aufmarsch friedlich und entschlossen stoppen wollen“, so der sächsische DGB-Gewerkschaftsfunktionär und Mitorganisator Ralf Hron gegenüber der Sächsischen Zeitung.

Während der vorab medial plakativ groß angekündigte Online-Auftritt von GehDenken gerade erst seit kurzem erreichbar ist, plakatieren beispielsweise die so genannten Freien Kräfte Sachsen – als “Aktionsbündnis gegen das Vergessen“ – derweil bereits schon seit Wochen in Hinsicht auf den Februar nächsten Jahres unter der Headline “Nacht zieht über Dresden“: “Wir sind uns klar darüber, dass der Fall Dresdens durchaus ein Politikum darstellt.“

So holzschnittartig herbeizitiert in diesem Zusammenhang ein Resümee auch anmuten mag: Schon allein das fast quasi jahrzehntelange Nicht-Verhalten der sich als bürgerlich-demokratisch bezeichnenden Kräfte hinsichtlich der schon seit Jahren auch international neonazistischer Umtriebe in Dresden ist ein Politikum – Gewesen?

[Dieser Artikel wurde am 24. Oktober 2008 bei Telepolis veröffentlicht.]

Hier wacht der Nationale Widerstand

Brandenburg. Aus gegebenem Anlass dokumentiert redok – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einige Meldungen der letzten Stunden über publik gewordene, offenbar aus dem rechtsextremistischen Spektrum rekrutierte, ’Ordnungshüter’ des täglichen Lebens in der Mitte der Gesellschaft.

(…) Seit 100 Jahren wird Kies im Dorf Zeischa abgebaut, dadurch entstand ein schöner See. Das Dorf, das zu Bad Liebenwerda (Elbe-Elster) gehört, wirbt im Internet: “Das smaragdgrüne Wasser ist weich, sehr sauber und beim Baden angenehm.“ Derzeit hat der Ort eher ein “braunes“ Problem. Denn auch gestern hieß es wieder: Am See patrouillieren die Glatzen. Seit Tagen herrscht “Neonazi-Alarm“ an dem 100 Hektar großen See, den an heißen Tagen mehr als 5.000 Gäste besuchen. Muskulöse Männer laufen am Strand entlang und verbieten das Baden. Es heißt, sie vertreiben jeden, der nicht in der NPD ist (…)

| berlinonline.de/berliner-zeitung | 8. Juli 2008 |

(…) Die Sonne strahlt über dem 80 Hektar großen Baggersee im südbrandenburgischen Zeischa, doch die Strände sind menschenleer. Neonazis bewachen in dem kleinen Ortsteil von Bad Liebenwerda (Landkreis Elbe-Elster) das Ufer, aufhalten darf sich hier niemand. Seit vergangener Woche versetzen kahlgeschorene, stämmige Wachmänner der NPD die Badegäste in Angst und Schrecken (…) “Wachschutz ist die eine Sache, aber die NPD ins Boot zu holen, ist ungeheuerlich“, sagt Bad Liebenwerdas Bürgermeister (…) Scharfe Kritik am Einsatz rechtsextremer Wachschützer kommt von Brandenburgs Ministerpräsident (…) “Die Entscheidung des Eigners, zum Schutz vor Kriminalität Neonazis anzuheuern, ist ein Tabubruch und durch nichts zu rechtfertigen“ (…) Die laut Medienberichten aus dem sächsischen Pirna stammenden Neonazis hatten mehrere Tage lang mit Schlauchbooten am See patrouilliert und den Strand kontrolliert (…)

| ddp | 8. Juli 2008 |

(…) Der Einsatz der von der sächsischen NPD gestellten Wachschützer sorgt für Verwirrung. Nicht nur bei den Badegästen. Während die Polizei gestern davon ausging, dass sie inzwischen abgezogen wurden, sollen sie sich nach Angaben des Kiesgruben-Betreibers noch dort aufhalten. Die Wachschützer sorgen für Unmut, weil sie seit einigen Tagen im Auftrag des Kiesgruben-Chefs (…) Badende vom Strand vertreiben. Hintergrund sind angebliche Diebstähle auf dem Gelände, gegen die Polizei und Kommune nach Meinung [des Kiesgruben-Betreibers] bisher nicht genug getan haben (…)

| berlinonline.de/berliner-kurier | 8. Juli 2008 |

(…) Der Mann selbst bestritt eine rechtsextreme Einstellung. Er hat die entlassenen Mitarbeiter inzwischen nach Unternehmensangaben vom Montag wieder eingestellt und will die Produktion fortsetzen. In den nächsten Tagen sollen auch die Ordnungskräfte vom Kieswerk und vom Waldbad abgezogen werden (…)

| morgenpost.de | 8. Juli 2008 |

(…) Aus Angst vor Diebstählen lässt ein Brandenburger Unternehmer seinen Kies-See von NPD-Leuten bewachen. Die Partei sieht darin eine Chance, als Ordnungsmacht akzeptiert zu werden (…) Fünf Neonazis aus der Sächsischen Schweiz sind seit Anfang Juli mit dem Boot und zu Fuß auf Patrouille. Zutritt zum See erhalten jetzt nur noch Menschen, die ein NPD-Parteibuch vorzeigen können. Ende Juni erklärte der findige Unternehmer (…) einem Lokalreporter, er sei durch die Diebstähle an den Rand seiner Existenz gedrängt und entließ vor den Augen des Journalisten umgehend elf seiner zwölf Angestellten. Schuld an seiner Misere gab er der Polizei, schließlich habe die versäumt sein Betriebsgelände ausreichend abzusichern (…) Er wolle nur sein Eigentum beschützen.

| taz.de | 9. Juli 2008 |

(…) holte sich in Zeischa (Kreis Elbe-Elster) jetzt ein Unternehmer fünf Wachschützer von der sächsischen NPD zur Aufsicht für seinen Baggersee (…) Verfassungsschutz beobachtet dieses Vorgehen vor allem bei der NPD schon seit längerem. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, bestätigte, dass die NPD versuche, sich in Brandenburg in Städten und Gemeinden flächendeckend zu organisieren und Akzeptanz bei den Wählern zu gewinnen (…) “Das unglaubliche Vorgehen des Grubenbesitzers werten wir als Erpressungsversuch“, sagt der Bürgermeister von Bad Liebenwerda (…) “Wir versuchen, Touristen in die Gegend zu bringen und bekommen dann solche Schlagzeilen.“ Nach Angaben des Bürgermeisters sind die von der NPD gestellten Wachschützer noch vor Ort in Zeischa. Der Unternehmer werde die “Geister“, die er gerufen habe, nicht mehr los. “Ich befürchte, dass sich diese Kräfte jetzt bei uns etablieren“ (…) Die Polizei fährt nach Angaben der Sprecherin des Schutzbereiches Elbe-Elster (…) in unregelmäßigen Abständen am See Streife. Sie weist den Vorwurf der Untätigkeit zurück (…)

| welt.de | 9. Juli 2008 |

(…) “Die Entscheidung des Eigners, zum Schutz vor Kriminalität Neonazis anzuheuern, ist ein Tabubruch und durch nichts zu rechtfertigen“, sagte Platzeck. Rechtsextremisten dürfen man “keinen Fußbreit Boden“ überlassen (…) Auch gestern waren die Wachschützer nach Angaben von Anwohnern unterwegs. Die Polizei ging unterdessen davon aus, dass sie abgezogen seien (…)

| maerkischeallgemeine.de | 9. Juli 2008 |

(…) Die Stadt Bad Liebenwerda (Brandenburg, Elbe-Elster) hat vom örtlichen Kieswerkbetreiber den Abzug des mit einem NPD-Mitglied besetzten Wachschutzes am Baggersee verlangt (…) “Wir wollen damit ein deutliches Zeichen setzen, dass es so nicht weitergeht.“ (…) Nach mehreren Diebstählen und der teilweisen Zerstörung von Firmenanlagen hatte der ostsächsische Geschäftsführer Ende Juni die Produktion in dem Kies-, Sand- und Betonwerk für einige Tage eingestellt. Er engagierte einige Leute aus der Sächsischen Schweiz für die Bewachung des Betriebsgeländes (…)

| sz-online.de | 9. Juli 2008 |

(…) Nachdem Zeischas Kieswerk-Betreiber (…) nach mehreren Einbrüchen im Firmengelände zwielichtiges Wachpersonal aufmarschieren lässt und der NPD Hausrecht einräumte, ergreift die Stadt Maßnahmen (…)

| lr-online.de | 9. Juli 2008 |

[Dieser Beitrag wurde am 9. Juli 2008 bei redok publiziert.]

Tätlicher Angriff auf tschechischen Journalisten aus NPD-Umfeld?

Dresden. Einer der Angreifer, die am Rand der Auseinandersetzungen um den ausgefallenen “Sachsentag“ der Jungen Nationaldemokraten einen Foto-Journalisten brutal attackierten, wird dem engen Umfeld der sächsischen NPD zugerechnet.

Der so genannte “Sachsentag“ der Jungen Nationaldemokraten (JN) gilt quasi als Ersatzveranstaltung für das vormalige Deutsche-Stimme-Pressefest. Anfang August 2007 zelebrierte die JN mithilfe ihrer Mutterpartei und diverser rechtsextremistischer Strukturen den ersten – mitnichten nur musikalischen – “Sachsentag“ in der dörflichen Peripherie der sächsischen Landeshauptstadt.

Nachdem der NPD-Jugend für den diesjährigen 21. Juni der “Sachsentag“ im Dresdner Ortsteil Pappritz untersagt worden war und auch anderswo im Stadtgebiet verwehrt blieb, kam es im Laufe des Tages bei so betitelten Spontanaktionen in der Innenstadt durch Rechtsextremisten zu Rangeleien und körperlichen Übergriffen. Unter anderem erlitt dabei ein Angestellter des städtischen Ordnungsamtes Rippenbrüche, als er von Rechtsextremisten niedergeschlagen wurde.

Nachfolgend teilte am 23. Juni die Dresdner Polizei mit, dass im Umfeld der rechtsextremen Randale im Innenstadtgebiet an jenem Samstag “auch ein tschechischer Staatsangehöriger (…) durch einen tätlichen Angriff verletzt“ wurde. Dieser habe die “Teilnehmer des nicht genehmigten Aufzuges fotografiert“. Zwei Deutsche und ein Tscheche hätten den Fotografen daraufhin angegriffen. “Polizisten nahmen die Angreifer in Gewahrsam und stellten deren Identität fest. Gegen die Angreifer wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt“, so die Polizeidirektion Dresden.

Der attackierte Foto-Journalist schilderte kurz danach selbst den Neonazi-Angriff gegen sich sowie weitere Begleitumstände besagten Tages (“Und dann umkreisten sie mich“).

Am 3. Juli erklärte dann die Dresdner Polizei, dass der Staatsschutz bezüglich des Angriffs nunmehr “gegen insgesamt fünf Tatverdächtige“ ermittelt, die “dem journalistisch tätigen 36-Jährigen Prellungen und Abschürfungen zugefügt [hatten], die medizinisch versorgt werden mussten“. Drei der Angreifer – ein 20-jähriger Sachse, ein 18-Jähriger aus Mecklenburg-Vorpommern und ein 27-jähriger tschechischer Staatsangehöriger – hätten bereits am Tatort identifiziert werden können. Die Identität der beiden weiteren Verdächtigen werde “voraussichtlich anhand des vorliegenden Bildmaterials festgestellt werden“, teilte die Pressestelle der Polizei mit.

Bereits am 2. Juli veröffentlichte allerdings das Antifa Recherche Team Dresden (ART) Erkenntnisse, die mindestens einen der Angreifer auf den tschechischen Pressefotografen dem unmittelbaren Umfeld des sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten René Despang und des Dresdner Kreisverbandsvorsitzenden der Partei, Jens Baur, zuordnen lassen.

So sei auf einem bei YouTube veröffentlichten Video “deutlich zu erkennen, wie sich die betreffende Person an dem Übergriff auf den schon am Boden liegenden Journalisten beteiligt“ habe. Der besagte Angreifer wäre darüber hinaus bereits “in der Vergangenheit regelmäßig an Aktivitäten der Dresdner Neonaziszene“ sowie der regional verflochtenen rechtsextremistischen Strukturen beteiligt gewesen. Der Video-Clip ist zwar mittlerweile bei YouTube “aufgrund eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen entfernt“ worden, liegt redok allerdings vor.

Wiederholt und nicht erst in jüngster Vergangenheit erfolgte körperliche Angriffe von Rechtsextremisten auf Journalistinnen und Journalisten lassen sich nicht löschen, retuschieren oder gar schön lesen – entsprechende Recherche-Resultate über die rechtsextremistische Szene noch viel weniger.

[Dieser Artikel wurde am 6. Juli 2008 bei redok veröffentlicht.]

Sächsischer April-Ausklang

Dresden/Mittweida. Gegen den im presserechtlichen Sinn Verantwortlichen für die Schülerzeitschrift “perplex“ wurde Anklage erhoben. Mitglieder und Sympathisanten des “Sturm 34“ verstießen wiederholt gegen Auflagen des Verbotes der rechtsextremistischen Kameradschaft.

Wegen des Vorwurfes der Verunglimpfung des Staates, der Volksverhetzung sowie Verstößen gegen das Jugendschutz- und Pressegesetz hat die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Publikation “perplex“ vor dem Landgericht Dresden Anklage gegen den Landesvorsitzenden der sächsischen Jungen Nationaldemokraten (JN), Jens Steinbach, erhoben, wie am 29. April mitgeteilt wurde. Im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb besagter Zeitschrift führen Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt aktuell insgesamt zwölf Verfahren wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole. So wird dahingehend unter anderem auch gegen den NPD-Landtagsabgeordneten Jürgen W. Gansel ermittelt. Ob die Staatsanwaltschaft ihn anklagt, wird sich in den nächsten Tagen entscheiden (ddp). Weiterhin seien bislang gegen insgesamt fünf Beschuldigte Anklagen erhoben worden, vier davon seien “perplex“-Verteiler im Alter zwischen 18 und 31 Jahren. Die erste Auflage der Zeitschrift der rechtsextremen NPD-Nachwuchsorganisation wurde kurz nach ihrem Erscheinen als jugendgefährdende Schrift bundesweit indiziert – die zweite “perplex“-Ausgabe wurde teilweise konfisziert, die entsprechende Online-Version musste als Internet-Angebot stillgelegt werden.

Unterdessen teilte die Chemnitzer Polizei mit, am Abend des 28. April hätten sich mehrere Personen – “augenscheinlich der rechten Szene“ – in Mittweida zusammengefunden. Eine Überprüfung der Personalien habe ergeben, dass von den zwölf vor Ort befindlichen Jugendlichen sechs von den in der Verbotsverfügung gegen die Kameradschaft “Sturm 34“ erteilten Auflagen betroffen seien. Demnach dürfen sie sich nicht mehr an bestimmten Orten versammeln (dpa). Allen anwesenden 12 Personen wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Die gesondert Betroffenen erhielten – teilweise erneut – Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz.

[Dieser Artikel wurde am 2. Mai 2008 bei redok veröffentlicht.]