Archiv der Kategorie: FoundPieces

MedienScreen # 298 [Überlebtes BündnisOlivGrün?]

[Fundstück] Tim Wolff, “Wer waren die Grünen?“, konkret, 12/2022 –

Deutsche wissen, was man mit Geschichte machen muss: bewältigen. Man muss Geschichte so lange bearbeiten (…), bis sie bestätigt, dass das, was ist, gut ist.

Das wissen auch die Grünen, jene FDP fürs Greenwashing-Bürgertum, die gerade ihre zweite Zeit als Regierungspartei nutzt, um die letzten paar Ideale (oder “Gründungsmythen“) zu verraten, die die erste Regierungszeit an der Seite des ehemaligen “Genossen der Bosse“ und heutigen Kriegsclowns Gerhard Schröder übrig gelassen hat (…) Ist doch alles gut so, wie es ist (…)

Die Grünen sind geschehen. Und es gibt sie immer noch (…)

Körperlich-authentisch sich für die Sorgen der Menschen auf der ganzen Welt ehrlich zu interessieren, das ist die Esoterik, mit der die Grünen in die Mitte der Gesellschaft kamen. Und wenn man der Graphic Novel folgt, ist selbst der so stilprägende (und jüngst beendete) Kampf gegen die Atomkraft auf dem Ressentiment gegen Wissenschaft gegründet, das die Grünen auch zur Partei der Homöopathie macht (…)

Die Grünen, das war zu Beginn ein Sammelbecken für des Schmutzes und der Härte der Zivilisation Überdrüssiger, für die Gescheiterten der 68er-Rebellion, für enttäuschte K-Gruppen-Hengste, übereifrige sexuelle Befreier und sonstige jugendliche Revoluzzer und Revoluzzerinnen, die etwas benötigten, um an die Stellen der Gesellschaft zu gelangen, an denen sich das falsche Leben doch noch gut leben lässt. Ein Aussteigerprogramm für alle mit irgendwie linken Jugendsünden also, mit späterem Anschluss bis in die Aufsichtsräte von Autobauern, Waffenlieferanten und Kohle- und Kernkraftfirmen. Kein einfaches Unterfangen, das alles unter einen Hut zu bringen, also einigte sich der betont bunte Haufen im wesentlichen darauf, den deutschen Wald retten zu wollen und so oft “Frieden“ zu sagen, dass es sogar evangelischen Jugendpfarrern peinlich gewesen wäre. Das ging nicht lange gut (…)

Die Startbahn für die üblichen Politmacker war freigegeben, die das grüne Unternehmen zu dem machen konnten, was es werden musste, um in der Mitte der deutschen Gesellschaft zu bleiben: eine schamlos neoliberale Partei mit einem höchst flexiblen Markenkern, der problemlos erlaubt, dass man von der Parteiarbeit direkt zu RWE wechseln kann (…)

(…) Es ist halt so, wie es ist. Und gut so.

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Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.

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MedienScreen # 297 [Die Wahrheit ist irgendwo da draußen …]

[Fundstück] Suzanna Randall, interviewt in DER SPIEGEL, 15. Oktober 2022 –

(…) Wenn ich heute eine Sternschnuppe sehe, frage ich mich zuerst: Was verglüht da wohl – ein fingernagelgroßer Meteoroid oder ein Splitter Weltraumschrott? Aber zugleich wünsche ich mir trotzdem was. Und wenn ich nachts in einen sternklaren Himmel schaue, frage ich mich, ob um diesen oder jenen Stern dort oben erdähnliche Planeten kreisen, wo ebenfalls Wesen leben, die sich solche Fragen stellen … (…)

MedienScreen # 296 [OliveGreen does not wilt any further?]

[Fundstück] “Was bleibt von den Grünen übrig?“, Peter Heimann, Kommentar, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 17. Oktober 2022 –

(…) Nach ihrem Bonner Parteitag ist klar, der Sonnenblume werden zwar wichtigste Wurzeln gestutzt (…) – aber alles ohne viel Tamtam und teils sogar gepriesen.

Nun ist es ja nicht dumm, eigene politische Träume an der rauen Wirklichkeit zu messen (…) Aber die Vehemenz, mit der sich grüne Ex-Zivis zu Waffenexperten qualifizieren, erstaunt ebenso wie manche Argumente für die grünen Zeitenwenden (…)

(…) Das zeugt von einer gewissen Beliebigkeit, je nach Perspektive Pragmatismus oder eben Opportunismus (…)

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Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.

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MedienScreen # 295 [Truth?]

[Fundstück] “Zitate zur Zeit …“, politplatschquatsch.com, 20. September 2022 –

Die Wahrheit! Was ist die Wahrheit? Die Wahrheit kann viele Schattierungen haben. Sie kann von den Umständen abhängen. Ich habe schon zu viele Wahrheiten erlebt.

Meist sind es die Umstände – Anschauungen, die zu einer gewissen Zeit in einer gewissen Gesellschaft Gültigkeit haben -, welche Wahrheit und Recht bestimmen. Und nicht oder nur selten – viel zu selten – allgemeingültige, beständige moralische Werte.

Vielleicht sehen Sie das anders. Vielleicht leben Sie in einer besseren Welt, vielleicht haben Sie nur die Kulissen betrachtet.

(’Mark Caine’ – in “Die Akte Coreolanus“, so zitiert @ PPQ)

[Mit Dank & Gruß an PPQ und dortselbst im Original.]

MedienScreen # 294 [What the Hell …?]

[Fundstück] Sibylle Berg, “Wir machen uns die kurze Zeit auf der Welt zur Hölle“, SPIEGEL ONLINE, 2. Juli 2022 –

(…) Beraubt jeden Gefühls einer angenommenen Sicherheit beobachten viele, wie die Welt sich trotz all der wunderbaren Digitalisierung zurückentwickelt. Keine neuen Formen des Zusammenlebens werden probiert, auch nicht die Idee eines neuen ökonomischen Systems – außer dem Siegeszug des Kapitalismus, welchen Namen von “Turbokapitalismus“ bis “Neofeudalismus“ man ihm auch geben mag (…)

Mit flackernden Nerven schlagen so viele um sich, süchtig nach dem kurzen Triumph des Sich-im Recht-Fühlens. Die meisten fühlen sich betrogen um ihre Ruhe, ihre Gewohnheiten, Rechte und Sicherheit und kämpfen gegen das große Gefühl der Sinnlosigkeit an. Der letzte Kampf, das letzte Aufbäumen der traumatisierten Massen ist nicht gegen die Ungerechtigkeit gerichtet, die Menschen nach ihrer Verwertbarkeit für die Märkte unterteilt; gegen die Gesetze, die Milliardären ein Steuerschlupfloch nach dem anderen bescheren und SchwarzfahrerInnen in den Knast bringen.

Der Kampf gilt jenen, die in der gleichen Ohnmacht nach einer Bedeutung suchen wie man selbst. Doch wie sollte man zuhören auf der sinkenden Titanic, wenn man angeschrien wird? (…)

Wie schön, wären die Menschen (…) altmodisch und würden wieder miteinander reden. Dem Ende unserer Zeitrechnung, das ich vermute – das durch jahrelange Fehlentscheidungen, einen drohenden Weltkrieg, unfähigen Regierungen, die genauso ratlos scheinen, wie wir alle, beschleunigt wird – in schöner Eintracht beizuwohnen, das klingt erfreulich.