Archiv der Kategorie: Hooltras

Hooligans Elbflorenz: Alle ins Gefängnis?

Es mag Zufälle geben, ja. Allerdings behaupten auch manche, es gäbe keine Zufälle.

Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein Urteil (Aktenzeichen 1 StR 585/12) bekannt gegeben, nach dessen Lesart es sittenwidrig und damit strafbar ist, wenn sich Gruppen zu Schlägereien verabreden und mit gegenseitiger Einwilligung verprügeln.

“Beim nach wie vor andauernden Prozess [um die Hooligans Elbflorenz] vor dem Dresdner Landgericht wurde ein Grundsatzurteil zur Frage der Strafbarkeit solcher FWW-Drittortauseinandersetzungen erwartet. Der BGH in Karlsruhe hat gesprochen?“

Und während des terminlich nächstfolgenden 88. Sitzungstages in besagtem Prozess am 8. April dieses Jahres vor dem Landgericht Dresden dauerte es dann wohl auch “ein paar Minuten, ehe die fünf Angeklagten und ihre Verteidiger wieder ihre Fassung zurückerlangen“.

Denn erstaunlicherweise wohl rein zufällig dem BGH-Urteil fast zeitgleich gehorsamst nachfolgend, hat Staatsanwalt Ingolf Wagner nunmehr “harte Haftstrafen für alle fünf gefordert“ – “Als hätte es keine eineinhalbjährige Beweisaufnahme gegeben“, schimpft ein Anwalt (…) “Was haben wir eigentlich die ganze Zeit gemacht?“ Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft sei “Unfug“, ein “Trauerspiel“, pflichtet ein Kollege bei (Sächsische Zeitung, 9. April).

Seit nunmehr 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.

“Die höchste Strafe von dreieinhalb Jahren Haft soll der mutmaßliche Chef der Gruppe erhalten, ein 37-jähriger Versicherungsmakler aus Pirna. Sein Stellvertreter, ein 36-jähriger Unternehmer aus Dresden, sowie zwei Mitangeklagte (27, 29) aus Dresden und Pirna, die laut Wagner ’in der Hierarchie der Vereinigung nicht ganz so weit oben angesiedelt’ gewesen seien, sollen je zweieinhalb Jahre in Haft. Die mit 22 Monaten geringste Strafe fordert Wagner für [einen] bereits einschlägig vorbestraften […] (26) – jedoch ohne Bewährung.“ (Sächsische Zeitung)

Die Verteidiger werden in folgenden Sitzungstagen auf Freisprüche plädieren, denn sie “sehen in den Matches einvernehmliche Sportwettkämpfe, mit Regeln und Schiedsrichtern“. Diese “müsse man ja nicht gutheißen, aber nicht alles, was man nicht gut findet, erfülle zwangsläufig einen Straftatbestand“, zitiert die Sächsische Zeitung einen der Verteidiger der fünf Angeklagten.

[Dieser Artikel wurde am 13. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Bundesgerichtshof und “Dritte Halbzeit“

Seit nunmehr 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.

Bei dem Prozess vor dem Landgericht Dresden geht es unter anderem auch um die juristische Wertung so genannter Drittortauseinandersetzungen, also um Verab­redungen (szenetituliert als FWW – Feld-Wald-Wiese) mit anderen Hooligan-Gruppen jenseits vom Geschehen in und um die Fußballstadien, um sich nach vereinbarten Regeln gegenseitig körperlich attackierend zu stellen.

Nun hat aktuell der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein Urteil (Aktenzeichen 1 StR 585/12) bekannt gegeben, nach dessen Lesart es sittenwidrig und damit strafbar ist, wenn sich Gruppen zu Schlägereien verabreden und mit gegenseitiger Einwilligung verprügeln.

“Die Entscheidung betrifft nach Aussage der Richter auch ausdrücklich Schlägereien zwischen rivalisierenden Hooligan-Gruppen“ (zeit.de). “Die Richter schaffen mit dem Urteil juristische Klarheit für handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Hooligan-Gruppen – häufig als ’Dritte Halbzeit’ bezeichnet. Das Argument, solche Schlägereien seien vergleichbar mit sportlichen Wettkämpfen, bei denen alle Beteiligten wüssten, was sie erwartet, wies das Gericht zurück“ (tagesschau.de). “Das Argument, solche Schlägereien seien vergleichbar mit sportlichen Wettkämpfen, ließen die Richter nicht gelten. Prügeleien könnten jederzeit eskalieren“ (spiegel.de).

Zu Beginn des Dresdner Gerichtsprozesses um die Hooligans Elbflorenz wird der Schweizer Soziologe und Hooligan-Experte Marice Illi von der Zeitschrift Jungle World folgendermaßen zitiert –

“Hooligans im klassischen Sinne, die ihre Aktionen bewusst planen und mit den gegnerischen Hooligans teils sogar in kollegialem Kontakt stehen, halten sich bei ihren Kämpfen an einen Ehrenkodex: gleich große Gruppen, kein schweres Schuhwerk, keine Waffen, kein Nachtreten bei Fall zu Boden. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass bei einem fairen Fight dies auch eingehalten wird. Unsere Gesellschaft, wenn auch immer zivilisierter, bringt ein gewisses Maß an Gewaltbereitschaft mit sich. Wenn durch solche Hooligan-Aktionen dieses Potential auf Feld, Wald und Wiese abgebaut werden kann, sehe ich darin nicht nur Nachteile.“

Beim nach wie vor andauernden Prozess vor dem Dresdner Landgericht wurde ein Grundsatzurteil zur Frage der Strafbarkeit solcher FWW-Drittortauseinandersetzungen erwartet. Der BGH in Karlsruhe hat gesprochen?

[Dieser Artikel wurde am 2. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Sportgruppe?

Wie bereits informiert, wurde im Prozess um die Hooligans Elbflorenz vor dem Dresdner Landgericht für den 82. Verhandlungstag am 11. März 2013 eine Einlassung eines der fünf Angeklagten angekündigt, welcher sich unterdessen wiederum aktuell wegen des erneuten Vorwurfs mehrerer Körperverletzungen und Drogendelikte vor dem Amtsgericht Dresden zu verantworten hat. Im nunmehr über achtzehn Monate andauernden Prozess gegen die mutmaßlichen Anführer der Hooligans Elbflorenz war es die erste Aussage eines der Angeklagten überhaupt.

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(Erzgebirgsstadion, Mai 2009 – Foto: dehli-news.de)

“Wasch mich, aber mach mich nicht nass“, bilanzierte die Sächsische Zeitung nach der vierminütigen Erklärung des Angeklagten vor dem Landgericht, “die wenig Neues enthielt“. Danach wurde der mutmaßliche Anführer vom Jungsturm Dynamo mehrere Stunden von der Staatsschutzkammer befragt. “Allerdings: Je konkreter die Fragen des Vorsitzenden Richters Peter Lames wurden, desto diffuser blieben die Antworten des Angeklagten“ (Sächsische Zeitung, 12. März).

“’Aus meiner Sicht sind die Hooligans Elbflorenz eine Trainingsgruppe.’ Sie hätten gemacht, was die Polizei geraten habe – man habe im Wald gekämpft. Es habe keine Auseinandersetzungen in Stadien gegeben, die Teilnahme an Training und Kämpfen sei freiwillig gewesen. Anführer der ’Sportgruppe’ (…) nannte er nicht, auch nicht, wer zu bestimmten Anlässen welche Entscheidungen getroffen habe (…) die Übergänge [vom Jungsturm Dynamo] zu den Hooligans seien fließend, sagte er“ (Sächsische Zeitung).

“Nur ich war damals vor Ort, keiner der anderen Angeklagten“, wird zudem der 25-Jährige – hinsichtlich der so genannten ’Döner-Überfälle’ am 25. Juni 2008 in der Dresdner Neustadt nach dem EM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Türkei – zitiert.

Seit 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Für den Prozess wurden anfangs ursprünglich rund 30 Verhandlungstage angesetzt.

[Dieser Artikel wurde am 16. März 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Derby in Aue: Willkommen seien die Juden der SG Dynamo Dresden?

Im Nachgang zum Sachsen-Derby in der 2. Liga am 10. März dieses Jahres zwischen FC Erzgebirge Aue und Dynamo Dresden bilanzierte die Sächsische Zeitung, im Erzgebirgsstadion zu Aue sei es friedlich geblieben.

“Die Schwarz-Gelben hatten eigene Ordner (…) im Einsatz, die Polizei war mit einigen Hundertschaften, darunter aus Leipzig und Dresden, im Einsatz. Laut Thomas Hahn, Polizeiführer aus Chemnitz, blieb es auch beim An- und Abmarsch weitgehend friedlich“ [Sächsische Zeitung, 11. März 2013].

Nicht friedlich gesinnt schienen allerdings, von keinerlei Medien bislang ob der Brisanz widergespiegelt, wohl einige mehr oder weniger Unbekannte gewesen zu sein. Jedenfalls findet sich auf einer – den NS Boys Chemnitz zuzuordnenden – Website, scheinbar personell in besagter Zeit auch vorort zugegen gewesen, aktuell nach wie vor ein makabrer “Willkommensgruß“ in Veilchen-Farbe an die Dresdner –

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(Screenshot: O.M.)

(…) Nach Angaben des Staatsministers [Markus Ulbig] zählen die Fan-Gruppen (…) den Chemnitzer FC tangierend – New Society/NS Boys und Hoonara zu den aktuellen Beobachtungszielen des Verfassungsschutzes in Sachsen (…)

(…) Die getroffenen Aussagen stießen beim Chemnitzer FC auf Unverständnis. Bei MDR-Online [kam] CFC-Geschäftsstellenleiter Lutz Fichtner zu Wort, dem derzeit keinerlei Informationen vorliegen, dass der Verein oder einzelne Fans unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen würden (…)

(…) ebenso wurde die (…) Gruppe (…) “New Society“ vor drei Jahren hinsichtlich ihrer Symbolik vom Verein verboten. Gegen damalige Führungskräfte sind entsprechende Stadionverbote verhängt worden (…) [Sachsen: Vier Fan-Gruppen im Fokus des Verfassungsschutzes, 16. September 2012]

Augen zu und durch – oder eher Augen auf?

[Dieser Artikel wurde am 12. März 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Hooligans Elbflorenz: Munteres Gerichtstreiben

Während dnn-online.de in der vorvorigen Woche wohl etwas voreilig bereits den bevorstehenden Abschluss im Prozess um die Hooligans Elbflorenz am Dresdner Landgericht vermeldete, geht derweil das Treiben vor dem Gericht in der sächsischen Landeshauptstadt scheinbar etwas munterer als sonst nach wie vor weiter vor sich hin.

“Unter journalistischen Gesichtspunkten war die gestrige Vernehmung [am 28. Februar] eines Justizbediensteten ein Glanzlicht im oft staubtrockenen Hooligan-Prozess am Landgericht Dresden. Der 45-Jährige berichtete als Zeuge, wie er im Mai 2009 die ’akustische Überwachung’ eines Gesprächs von drei der nun fünf angeklagten Hooligans erlebt hatte. Zwei Polizisten versteckten damals eine Wanze im Schirm einer Deckenlampe, um die Unterhaltung mitzuschneiden. Es war das einzige Mikrofon im Besucherraum des Dresdner Gefängnisses. Der Lauschangriff sollte kläglich scheitern. ’Das können wir vergessen’, habe einer der Polizisten danach gesagt, berichtete der Justizvollzugsbeamte“ (Sächsische Zeitung, 1. März).

Wie Gerichtsreporter Alexander Schneider (Sächsische Zeitung) weiter formuliert, sei nunmehr klar, “dass die Ermittlerin, die ein eineinhalbseitiges Protokoll dieser Unterhaltung erstellt hatte, gar nicht anwesend war, etwa um das Gespräch live mitzuhören“.

Und die Verteidiger der Angeklagten fragen sich schon wiederholt sowie nunmehr erneut, “wie die Beamtin in der Lage war, aus den unverständlichen Gesprächsfetzen einen Sinn zu erkennen“.

Überraschenderweise wurde allerdings durch einen Verteidiger für den nächsten Verhandlungstag eine Einlassung seines Mandanten angekündigt. “Es wäre die erste Aussage eines der Angeklagten in dem Prozess überhaupt“ (Sächsische Zeitung).

Seit 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhang mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben. Für den Prozess wurden anfangs ursprünglich rund 30 Verhandlungstage angesetzt.

[Dieser Artikel wurde am 4. März 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]