[Fundstück] Sabine Rennefanz, “Militarisiert sich Deutschland gerade selbst?“, SPIEGEL ONLINE, 9. Juni 2022 –
(…) Dieselben Menschen, die einen früher in den sozialen Medien mit einem “Soldaten sind Mörder“ anbrüllten, wenn man die kostenlosen Bahnfahrscheine für Bundeswehrsoldaten verteidigte, brüllen jetzt jeden Zweifel an Waffen nieder und feiern die Aufrüstung der Bundeswehr. Auch der Wortschatz von Menschen, die für ihre sensible Sprache bekannt waren, ändert sich. “Die kann richtig was“, schwärmte zum Beispiel Wirtschaftsminister Robert Habeck (…) bei Maybritt Illner. Er sprach von der Panzerhaubitze 2000. Der Ex-Zivi klingt ein bisschen wie das Werbevideo von der Bundeswehr. Ja, was kann die Panzerhaubitze? “Wenige Geschütze erzielen eine immense Wirkung“, heißt es auf dem YouTube-Kanal der Bundeswehr. Zu “Game of Thrones“-Klängen rollt die Panzerhaubitze über leere Felder und feuert Schüsse ab, am Horizont taucht Rauch auf. Keine Toten, keine Verletzten. Sauber! (…)
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Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.
[Fundstück] Andreas Borcholte, “Endstation Klamauk“, DER SPIEGEL, 30. April 2022 –
(…) Schon länger wurde gemutmaßt, dass Rammstein, 1994 in Berlin gegründet, mit “Zeit“ vielleicht ihr letztes Album veröffentlichen würden. Nachdem man es in Gänze gehört hat, ist diese Vorstellung nicht sehr schockierend. Die Zeit dieser großen, auch international erfolgreichen deutschen Band scheint vorbei zu sein (…) Die Buhmänner von einst, gefürchtet und bewundert für ihre martialischen Auftritte und ihre auf dem R rollenden Echos teutonischer Großmannssucht, schrumpfen mit ihren neuen Liedern auf Altherrenwitz-Format (…)
(…) Das Provokanteste an Rammstein 2022 ist für Fans sicherlich dieser neue, gezähmte Musikstil.
Vielleicht muss ein künstlerischer Zerrspiegel wie Rammstein seinen Schrecken verlieren, wenn sich in der Gegenwart realer Horror manifestiert, der Krieg in der Ukraine ebenso wie gewaltsame Übergriffe und Antisemitismus bei rechten Kundgebungen und “Spaziergängen“ von sogenannten Querdenkern (…)
(…) Den immer wieder unterstellten Flirt mit rechts haben Rammstein allerdings schon früh im Song “Links 2-3-4“ins Reich der Musikkritikerfantasie verbannt: “Sie wollen mein Herz am rechten Fleck, doch/Seh ich dann nach unten weg/Da schlägt es link“, hieß es bereits 2001.
“Deutschland“, vom letzten, 2019 veröffentlichten Album, war dann der Liebesentzug für die Nation, die Abkehr von Übermensch und Tümelei mit grandioser Geste (…) Vielleicht hatten die ehemaligen DDR-Punks damit ihr bestes Pulver verschossen (…)
(…) “Tick-tack, tick-tack, du wirst alt/Deine Zeit läuft langsam ab“, singt Lindemann [2022] launig. Aber auch: “Ohne Schmerzen geht es nicht.“ Jetzt gerade tut’s richtig weh.
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