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Faustrecht des Ostens?

Fast augenblicklich – nachdem ein Nazi-Mob seine Spur durch Connewitz gezogen hatte – verlautbarte inmitten Leipziger Allerlei-Ansagen die zuständige Polizeidirektion, hernach am 11. Januar dieses Jahres Festgesetzte des rechten Spektrums seien “aufgrund mitgeführter Utensilien dem Fußballfanklientel zuzuordnen“. Aus der kürzlich erfolgten Antwort von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 6/3840) der Linken-Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz geht hervor, dass 147 Personen – und damit ein Großteil der insgesamt 215 Beschuldigten – keinen erkennbaren Fußballbezug haben.

Mithin befänden sich unter den Verdächtigen vier mutmaßliche Fans des FC Rot-Weiß Erfurt, zwei vom FC Carl Zeiss Jena sowie jeweils einer des Halleschen FC, Chemnitzer FC und von RasenBallsport Leipzig. Den Hauptteil mit 41 Beschuldigten rechnet das Innenministerium der Fanszene des 1. FC Lok Leipzig zu. Sechs davon sollen der als aufgelöst geltenden Gruppierung Scenario Lok angehören. Dem Umfeld von Dynamo Dresden werden 16 Verdächtige zugeordnet, darunter sechs von der Faust des Ostens. Gegen alle Beschuldigten wird wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt.

Nach letzten behördlichen Angaben umfasste vor gut einem Jahr die Faust des Ostens rund 40 Mitglieder. Im Mai 2013 bezifferte Oberstaatsanwalt Jürgen Schär noch mehr als 100 Beschuldigte im Verfahren gegen die Gruppierung aus dem Umfeld des amtierenden Drittligisten Dynamo Dresden.

Die Sächsische Zeitung stellt nunmehr aktuell fest, Mitglieder der Faust des Ostens “konnten sich möglicherweise nur deshalb an den Ausschreitungen vom 11. Januar in Leipzig-Connewitz beteiligen, weil sie noch nicht verurteilt sind“.

Nach Recherchen der Zeitung liegt seit 19. Juli 2013 eine Anklage gegen fünf mutmaßliche Faust des Ostens-Rädelsführer bei der Staatsschutzkammer am Landgericht Dresden. “Bisher wurden nur einige wenige Mitglieder der Vereinigung als Einzeltäter bestraft. Mehrere Verfahren wurden an die Generalstaatsanwaltschaft abgegeben. Was aus ihnen wurde, konnte am Freitagnachmittag [12. Februar] in der Behörde nicht geklärt werden“ (Sächsische Zeitung, 15. Februar).

Dieser Sachverhalt lässt Reporter Thomas Schade resümieren: “Wäre es in allen Verfahren zu Verurteilungen gekommen, stünden die meisten Hooligans unter Bewährung und müssten möglicherweise in Haft, wenn sie weiterer Straftaten überführt würden.“

Staatsanwaltlich offiziell wird gegen die Faust des Ostens seit Juni 2012 ermittelt.

Faust des Ostens: Zählappell – Rechtsextreme Hooligans in Sachsen

Beinahe wäre so ein kleiner ’Zählappell’ hinsichtlich der Faust des Ostens weniger oder mehr rechts liegen gelassen worden. Unbedingt öffentlich wurde bislang eine solche Zahlenspielerei nun aber auch nicht unbedingt betrieben. Wobei Zahlenspielerei gewiss nicht der richtige Terminus ist. So viele sind es nämlich gar nicht. Also, Zahlen. Und mittlerweile bei der Faust des Ostens. Scheint es.

Im Mai 2013 laufen Ermittlungen gegen mehr als 100 Beschuldigte der Faust des Ostens. Zitierte damals die Sächsische Zeitung Oberstaatsanwalt Jürgen Schär. Mitte Februar 2015 hat die Faust des Ostens dann etwa 40 Mitglieder. So die zu diesem Zeitpunkt von DPA zitierten Angaben von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Die Herren sowie beide Behörden sind sich arbeitsintensiv durchaus vertraut, ist zu vermuten, und nicht erst seit gestern.

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(Dresden, Februar 2011 – Foto: O.M.)

Im Zusammenhang der 2015’er Februar-Antwort des Innenministers (Vorgangs-Nummer 6/579) auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (DIE LINKE) legt Markus Ulbig etwa 160 Rechtsextremisten in der gewaltbereiten Fußballfanszene in Sachsen zugrunde. Aus dem Fanumfeld vom 1. FC Lok Leipzig wird die Gruppierung Scenario Lok als rechtsextremistisch eingestuft. Der Gruppe, die im Oktober vergangenen Jahres ihre Auflösung bekannt gegeben habe, seien etwa 70 Mitglieder zugerechnet worden. Im Umfeld des Chemnitzer FC gibt es mit der New Society und Kaotic Chemnitz zwei rechtsextreme Fangruppen mit zusammen etwa 50 Mitgliedern. Ja, und die Faust des Ostens aus der Peripherie von Dynamo Dresden eben noch.

(…) Die getroffenen Aussagen stießen beim Chemnitzer FC auf Unverständnis (…) wurde die “New Society“ vor drei Jahren hinsichtlich ihrer Symbolik vom Verein verboten. Gegen damalige Führungskräfte sind entsprechende Stadionverbote verhängt worden (…) [cfc-fanpage.de, 19. September 2012]

Wie schnell doch so ein gebrauchtes Jahr vergeht. Oder zwei. Oder drei.

Haben Lok-Fans auch Basler-Bonus verspielt?

In der Oberliga NOFV-Süd war es das dann für den bis dato nach wie vor noch aufstiegsambitionierten 1. FC Lok Leipzig. Relegation? Aufstieg in die Regionalliga? Nur bis dato eben. Geschichte, jedenfalls für diese Saison.

Am Nachmittag des heutigen Tages wurde im Erfurter Steigerwaldstadion die um Platz Drei in der Süd-Oberliga mitentscheidende Begegnung zwischen der Zweiten vom FC Rot-Weiß und Lok Leipzig letztendlich vorzeitig beendet. Leipziger Anhänger hatten in der 75. Minute – beim Stand von 2:0 – den Platz gestürmt.

“Nach dem Platzsturm hatte Schiedsrichter Ramus Jessen die Partie zunächst unterbrochen und beide Mannschaften in die Kabinen geschickt, die Polizei war mit einer Hundertschaft aufmarschiert und hatte sogar einen Wasserwerfer vor dem Leipziger Block positioniert. 20 Minuten später wurde das Spiel endgültig abgebrochen” (n-tv.de).

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(Screenshot – bild.de)

Abgesehen davon könnte aber die Loksche an diesem Sonntag auch noch etwas anderes eingebüßt haben – einen Leuchtturm, eine Leitfigur, ein unbestrittenes Idol aus alten Fußballtagen.

“So etwas, dass auch Verantwortliche und Spieler angegangen wurden, das habe ich so noch nie erlebt. Ich muss mir Gedanken machen, ob es in dieser Form noch Sinn für mich macht, hier weiter zu arbeiten”, wird der amtierende Lok-Sportdirektor Mario Basler fast unmittelbar nach den Erfurter Ereignissen von der Zeitung mit den vier großen Buchstaben zitiert.

Der 1. FC Lok hätte die Relegation zur Regionalliga erreichen können. Und hat hoffentlich nicht mehr als das verloren. Einen Mario Basler gibt es nur ein Mal.

[Dieser Artikel wurde am 14. Juni 2015 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

1. FC Lok Leipzig: Mobilmachung mit Ehrenkodex und Stadionordnung

Am 16. Februar startet Lokomotive Leipzig vor heimischer Kulisse mit dem verlegten Spiel gegen die Amateure von Hertha BSC in das neue Punktspieljahr. Nach Angaben von 4-liga.com kann die Leipziger Lok zudem einen neuen Dauerkarten-Rekord vermelden. Die Sachsen verkauften – obwohl aktuell Tabellenschlusslicht – bisher fast 500 Saisonkarten. Davon gehören rund 50 zur Kategorie Rückrundendauerkarte.

In der Zeit vor dem Start auf dem grünen Rasen im Bruno-Plache-Stadion (BPS) hat der 1. FC Lokomotive Leipzig einen Ehrenkodex für die Fans sowie eine neue Stadionordnung erarbeitet und beschlossen. Über drei Monate saßen Verein und engagierte Anhänger zusammen und diskutierten über allgemeingültige Spielregeln, welche vor allem zur Selbstregulierung innerhalb der Fanszene beitragen sollen.

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(BPS, Frühjahr 2013 – Foto: O.M.)

Lok-Präsident Heiko Spauke zeigte sich mehr als zufrieden mit den Ergebnissen der Ausarbeitung: “Wir wollen damit nochmals allen zeigen, dass Gewalt und menschenverachtende Weltanschauungen nichts beim 1. FC Lok verloren haben.“ Präsidiumsmitglied Martin Mieth: “Die beschlossene Stadionordnung ist nun aktualisiert und auch ausführlicher. Wenn es nötig ist, wird sie natürlich weiter ergänzt. Ein zusätzlicher Anhang zur Stadionordnung soll einen beispielhaften Überblick über verbotene Kleidung, Symbole und Zahlencodes geben. Dieser wird ebenso fortlaufend angepasst.“ Darüber hinaus erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Olaf Winkler: “Die Werte, die in unserem Verein seit Jahren wie selbstverständlich gelebt werden, sind nun in neuer und aktueller Form niedergeschrieben“.

Bisher waren einige Passagen der Stadionordnung allgemein gehalten, hier wurden nunmehr Änderungen vorgenommen. Eine Liste führt Kleidungsmarken sowie Kleidung mit Zahlencodes und Bandnamen auf, deren Tragen im Geltungsbereich der Stadionordnung nicht gestattet ist. Auch der Ehrenkodex für die Fans spricht in seinen Eckpunkten eine klare Sprache: “Blau und Gelb sind unsere Farben“, “Respektvoller Umgang miteinander“, “Rassismus ist kein Fangesang“, “Gewaltfreiheit im und vor dem Stadion“, “Emotionen tolerieren“. Am 10. Februar 2014 sind Stadionordnung und Ehrenkodex in Kraft getreten.

Derweil sieht gegenwärtig das sächsische Innenministerium im Freistaat offenbar vier rechtsextreme Fangruppen im Fußball aktiv. “Im Zusammenhang mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig wird die Gruppierung ‘Scenario Lok’ mit etwa 70 Mitgliedern genannt“.

[Dieser Artikel wurde am 13. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Sachsen: Rechtsextreme Fußballfans im Fokus oder so

“Fans aus dem Umfeld von Dynamo Dresden werden – Innenminister Markus Ulbig (CDU) zufolge – gegenwärtig nicht durch das LfV Sachsen überwacht. Gegen die ’derzeit nicht in Erscheinung tretende Gruppierung’ Faust des Ostens läuft allerdings unterdessen ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (September 2012).

Im damaligen Zusammenhang listete im Jahr 2012 dann das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen “wegen rechtsextremer Umtriebe“ unter Beobachtung stehende Fußballfans auf. Nach Angaben des Staatsministers zählten die Fan-Gruppen Scenario Lok und Blue Caps LE aus dem Umfeld des 1. FC Lok Leipzig sowie – den Chemnitzer FC tangierend – New Society/NS Boys und Hoonara zu den Beobachtungszielen des Verfassungsschutzes in Sachsen.

(…) Die getroffenen Aussagen stießen beim Chemnitzer FC auf Unverständnis. Bei MDR-Online kommt (…) CFC-Geschäftsstellenleiter Lutz Fichtner zu Wort, dem derzeit keinerlei Informationen vorliegen, dass der Verein oder einzelne Fans unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen würden. Im Gegenteil, die Gruppierung “Hoonara“ bestünde in ihren Strukturen bereits seit dem Jahr 2000 nicht mehr; ebenso wurde die zweite Gruppe, die “New Society“ vor drei Jahren hinsichtlich ihrer Symbolik vom Verein verboten. Gegen damalige Führungskräfte sind entsprechende Stadionverbote verhängt worden (…) [cfc-fanpage.de, 19. September 2012]

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(Dresden, Herbst 2013 – Foto: O.M.)

“Das sächsische Innenministerium sieht derzeit vier rechtsextreme Fangruppen im Fußball aktiv“, vermeldet DPA aktuell am 12. Februar dieses Jahres. “Im Zusammenhang mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig wird die Gruppierung ’Scenario Lok’ mit etwa 70 Mitgliedern genannt. Bei Dynamo Dresden geht es um die ’Faust des Ostens’. ’Sie bestand zeitweise aus über 180 Mitgliedern. Die aktuelle Mitgliederzahl ist nicht bekannt’, hieß es. ’Hoonara’ und ’New Society’ (NS Boys) gehören zur Szene beim Chemnitzer FC. Auch hier wird das Potenzial auf 70 Leute beziffert.“

Wie weit darf die Verarschung der öffentlichen Wahrnehmung, auch bei einem per se unterstellt gutgemeinten Ansinnen (“Kampf gegen Rechtsextremismus“), durch eine landesbehördliche Institution mit bundesweiter Einbindung eigentlich von demokratischen Gremien unhinterfragt so schamlos billig plakativ betrieben werden? – Was an dieser bereits 2012 in den Raum gestellten Frage scheint größtenteils nach wie vor unverändert keine Aktualität mehr zu haben, und einen Anspruch auf Klärung darüber hinaus? Herr Innenminister Ulbig, übernehmen Sie!

[Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]