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Wo man singt …

Eigentlich wollen sie “weg von dem Zeugs“, verkündete kürzlich das Duo Prussian Blue. Da kann der Auftritt beim so genannten Sachsentag der Jungen Nationaldemokraten wohl nur ein Missverständnis gewesen sein

Die Zwillinge Lynx und Lamb Gaede aus Bakersfield in Kalifornien sorgten in den letzten Jahren immer wieder einmal für Schlagzeilen – unter dem Namen Prussian Blue. So nennen die beiden nunmehr 15-Jährigen ihr geschwisterliches Gesangs-Duo der ganz eigenen Art. Der Namensgebung – auf deutsch: Preußisch Blau – sollen eine angebliche Abstammung von deutschen Einwanderern sowie die Augenfarbe von Lynx und Lamb zu Grunde liegen. Beschäftigt man sich allerdings nur etwas näher mit dem Liedgut von Prussian Blue, erscheint eine darüber hinaus kolportierte Namensdeutung in arg braunem Licht nicht ganz abwegig.

“Die Zeiten sind hart für einen stolzen weißen Mann. Bald wird ein großer Krieg kommen, ein blutiger, aber heiliger Tag. Eine mächtige Rasse gilt es zu verteidigen.“ (Victory Day)

“Rudolf Heß, Mann des Friedens, er hat nicht aufgegeben, er hat niemals aufgehört. Erinnert euch seiner und schweigt.“ (Sacrifice)

In einer Darstellung der Zeitschrift Jungle World bieten Prussian Blue selbst noch eine andere Deutungsmöglichkeit für ihren Namen: “Es gibt die Diskussion über das Fehlen der Farbe ’Preußisch Blau’, die als Rückstand von Zyklon B übrig bleibt, an den Wänden der so genannten Gaskammern in den Konzentrationslagern“.

Nach einem Resümee der FAZ gehörten Prussian Blue bereits im November 2005 “in den Vereinigten Staaten zu den derzeit prominentesten Botschaftern des Rassenhasses“. Gestützt wurde diese Einschätzung zudem durch die dazumal bekannt gewordene Unterstützung des Duos durch den Ku Klux Klan.

Den Organisatoren aus Jungen Nationaldemokraten (JN) und so genannten Freien Kräften des diesjährig als Sachsentag bezeichneten rechtsextremen Events in Dresden-Pappritz mögen allerdings zwischenzeitlich die Ohren von der letzten Schlagzeile über die “Nazi Pop Twins“ (Channel 4) geklungen haben. Mitten in den letzten Vorbereitungen für den Sachsentag berichtete der britische Sender, den beiden Schwestern gehe es nach deren Darstellung

“gar nicht um ’white power’. In den letzten vier Jahren ging es nur um Politik – es hat uns total ausgelaugt. Wir wollen eine Pause. Wir wollen weg von dem Zeugs.“

Überlegt wurde, ob nach den Rissen im Image “der gesunden arischen Familie“ nun “gar die Entnazifizierung der Nazi-Twins“ folgen werde. Zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung verblieben noch knapp fünf Tage bis zum bereits angekündigten Auftritt von Prussian Blue beim Sachsentag in Dresden, am 11. August sind sie beim “Sommer- und Familienfest“ der NPD Saar.

Nachdem im Vorjahr das Parteiorgan der NPD sein Deutsches-Stimme-Pressefest im braunen Schlamm bei Pappritz versucht hatte zu zelebrieren, erfolgte in diesem Jahr lediglich eine kurze Mitteilung, dass erst “für das nächste Jahr die Veranstaltung mit einem veränderten Konzept wieder geplant“ sei. Insider vermuten hinter der Absage des Pressefestes der Deutschen Stimme (DS) momentane parteiinterne Schwierigkeiten mit der Finanzierung eines solchen bundesweiten Events. Nicht unerheblich dürften zu der Absage zudem auch die teilweise heftigen szene-internen Diskussionen um die Organisation und besonders die hohen Preise auf dem vorjährigen Pressefest-Gelände und der daraus resultierende Vorwurf der Kommerzialisierung beigetragen haben.

Stattdessen wurde auf dem gleichen Privatgelände wie 2006 zum “JN-Sachsentag – Arbeit, Familie, Vaterland“ eingeladen. Die diesjährige Veranstaltung des JN-Landesverbandes Sachsen, so wurde betont, stehe “mit dem DS-Pressefest nicht im Zusammenhang“.

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) mutmaßte zuvor:

“Die JN versucht ansatzweise an das bisherige Konzept der in den letzten Jahren veranstalteten Pressefeste des DS-Verlages anzuknüpfen. Dort wurde versucht, mit einer Mischung aus Volksfest, politischen Vorträgen und Diskussionen, Verkaufsständen sowie rechtsextremistischer Skinheadmusik ein möglichst breites Publikum anzusprechen. … Der Schwerpunkt des Veranstalters wie auch des Teilnehmerinteresses dürfte aber eher auf die Auftritte der angekündigten rechtsextremistischen Skinheadbands beziehungsweise Liedermacher gerichtet sein … Mit der geplanten Veranstaltung zeigen sich damit einmal mehr die engen Verbindungen zwischen der JN und der rechtsextremistischen Skinhead- und Kameradschaftsszene.“

Für den 4. August in Dresden-Pappritz angekündigt waren verschiedene Redner aus dem rechtsextremen Spektrum sowie die musikalischen Darbietungen von Viking aus Italien, Asynja aus Schweden, Frontalkraft und Sachsonia aus der Bundesrepublik, Ferox aus Schweden – und Prussian Blue.

Gegen die rechtsextreme Veranstaltung protestierten Einwohnerinnen und Einwohner der Dresdner Randgemeinde mit einem bunten Bürgerfest in der Mitte ihres Dorfes. Und im Gegensatz zum Vorjahr zeigten mehrere Vertreter des Dresdner Rathauses ihre Unterstützung persönlich vor Ort. Im Vorfeld dieser Veranstaltung, die den ganzen Tag andauerte, waren wiederholt Plakate der örtlichen Bürgerinitiative gegen das Nazi-Fest von Unbekannten entfernt beziehungsweise zerstört worden. Im Laufe des frühen Nachmittags demonstrierten rund 280 meist jugendliche Demonstranten aus Antifa-Kreisen gegen die JN-Veranstaltung.

Umrahmt und begleitet wurde dieser Tag im Schönfelder Hochland von einem enormen Polizeiaufgebot. “Bis zum frühen Nachmittag und bis zum Einsatzende waren jeweils 550 Beamte zeitgleich im Einsatz. Insgesamt waren es damit 1.100“, so der Dresdner Polizei-Pressesprecher Thomas Herbst. Durch polizeiliche Vorkontrollen wurden bei anreisenden Rechtsextremisten und Sympathisanten unter anderem zwei Schreckschusswaffen, Baseballschläger, ein Samuraischwert, Messer und Reizstoffsprays sichergestellt. Es erfolgten Strafanzeigen sowie darüber hinaus mehrere Platzverweise wegen Verstößen gegen die Auflagenverfügungen, zu denen beispielsweise ein Alkoholverbot auf dem Veranstaltungsgelände gehörte. Die Polizei bilanzierte den Anreiseverkehr zum JN-Sachsentag zusammenfassend mit rund 1.000, wobei “zeitweise bis zu 600 Personen vor Ort“ gewesen seien.

Zeitlich nicht genau verbürgt ist das Eintreffen von Prussian Blue auf dem Open-Air-Gelände. Vielleicht haben sie den NPD-Parteivorsitzenden Udo Voigt ja auch nicht gegen den Multi-Kulti-Staat hetzen hören. Vielleicht haben sie sein “Großvater war kein Kriegsverbrecher“ genau so wenig gehört, wie den lautstark verkündeten “Stolz auf die Leistungen der deutschen Wehrmacht“. Vielleicht aber wurde den beiden auch flüsternd übersetzt, dass nach wie vor “ein Drittel des Deutschen Reiches unter polnischer Verwaltung steht“ und sich Teile von Österreich leider “nicht offen zu Deutschland bekennen“ könnten. Vielleicht aber reichen die Deutschkenntnisse von Lynx und Lamb ja sogar aus, um Voigts eindeutig bezügliches “Ich bin stolz ein Deutscher zu sein!“ verstehen zu können. Wenn die singenden Zwillinge denn ein wenig der Sprache ihrer angeblichen Vorfahren mächtig sein sollten, konnten sie auch im einbrechenden Dunkel der Veranstaltung beispielsweise “Braune Stadtmusikanten“- und “NAPOLA Löbau“-Aufdrucke entsprechend deuten.

Nun sind Schrift- und Lautsprache – besonders auch im Deutschen – durchaus zweierlei. So mag es, beim Auftritt von Frontalkraft unmittelbar vor ihrem eigenen, die beiden Schwestern akustisch vielleicht nur ein wenig verwirrt haben, warum – teils mit Bandunterstützung, teils a cappella durch die vor der Bühne Versammelten – wiederholend lautstark intoniert wurde:

“Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen, weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen, rot ist das Blut auf dem Asphalt.“

Aber vielleicht haben Lynx und Lamb auch gar nichts von alledem verstanden und wussten nicht einmal, wo und vor wem sie da am 4. August als letzter Konzert-Act aufgetreten sind – schließlich wollen sie “weg von dem Zeugs“. Und im Dunkeln war die in Dresden-Pappritz über allem wehende Fahne der NPD ja dann schließlich auch schon fast gar nicht mehr so richtig zu erkennen.

[Dieser Artikel wurde am 8. August 2007 – bebildert – bei Telepolis veröffentlicht.]

In die Mitte der Gesellschaft

Dresden. Die sächsische NPD-Landtagsfraktion beabsichtigt Berichten zufolge Ende diesen Monats eine neue öffentliche Anlaufstelle für rechtsextreme Propaganda als so genanntes Bürgerbüro zu eröffnen.

Am 22. Mai veröffentlichte das Dresdner AntifaRechercheTeam eine Mitteilung, nach deren Inhalt der NPD-Landtagsabgeordnete Renè Despang am 31. Mai im Ortsteil Pieschen ein so bezeichnetes Bürgerbüro eröffnen werde. Der ehemalige NPD-Kreisvorsitzende ist neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter zudem in Dresden-Cotta Ortsbeiratsmitglied für das sich selbst so betitelnde örtliche Nationale Bündnis. In den Landtag rückte Despang für den tödlich verunglückten vormaligen “Mäzen der Skinheads Sächsische Schweiz“, Uwe Leichsenring, nach.

Dieser außerparlamentarische Geschäftsraum Despangs wäre die gegenwärtig fünfte dahingehend aktive Dienststelle der NPD in Sachsen, während in letzter Zeit drei als Bürgerbüro betitelte Einrichtungen im Zusammenhang mit der Aufgabe der sächsischen NPD-Zentrale im Dresdner Lockwitzgrund ihre Tätigkeiten nach und nach weitesgehend einstellten. Erst Anfang Mai wurde – nachdem wohl sogar der NPD selbst der eigentlich geplante Eröffnungstermin zum 20. April als zu heikel erschien – in Zwickau eine, nach NPD-Verlautbarung, “Anlaufstelle nationaler Politik“ unter der Verantwortung des Landtagsabgeordneten Peter Klose in Betrieb genommen.

Nach Darstellungen der Dokumentations-Website Nazis in den Parlamenten (NiP) zielen Despang und Kameraden mit ihren nunmehr allerdings bereits vorab bekannt gewordenen augenscheinlichen Neu-Rekrutierungsabsichten für die so genannte nationale Sache mitten in ein soziales und politisches “Problemviertel“ der sächsischen Landeshauptstadt. Wie Kanal8 berichtet, gebe es hingegen seitens der NPD “momentan keine Auskunft“ bezüglich besagter Immobilie in Dresden-Pieschen.

[Dieser Artikel wurde am 25. Mai 2007 bei redok veröffentlicht.]

Ultras, Hooligans, Hooltras?

Ein Streiflicht auch auf die Verantwortung der Medien

Exemplarische Ereignisse im Umfeld von Dynamo Dresden zeigen, wie schnell der sportliche Support einer Fußballmannschaft Nebensache werden kann – und wie mitunter undifferenzierte Medienberichte noch ihren Teil dazu beitragen

Die Bilder gingen um die Welt. Einem zu Tränen gerührten Diego Armando Maradona wurde von den Fans von Boca Juniors am 10. November 2001 im vollbesetzten Stadion Bombonera in Buenos Aires eine rauschende und farbenprächtig rauchende Choreographie zu dessen Abschiedsspiel geboten. Jahre später, tausende Kilometer entfernt und einige Fußball-Welten tiefer, spielte am 30. August 2006 Dynamo Dresden im Sachsenpokal gegen den Bischofswerdaer SV. Nach dem Spiel tauchten 420 Bengalo-Feuer das Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion in glutrotes Licht. Aus Anlass eines aktuell allerdings immer noch ausstehenden Baubeginns für ein neues Stadion wurde auf diese Weise Abschied von den markanten Flutlicht-“Giraffen“ genommen. Diese Europa-, wenn nicht gar Weltrekord verdächtige Choreographie in Dresden wurde hauptsächlich von den Ultras Dynamo getragen und auch finanziert und war mit der Club-Leitung abgesprochen.

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(Rudolf-Harbig-Stadion, 30. August 2006 – fanlager.de)

Der beeindruckende Abschied von Maradona, so die BBC-Dokumentation Hooligans – Das Netzwerk der Gewalt war “ein Feuerwerk von den Rängen – ebenso gefährlich wie illegal“. Der angestrengte Vergleich mag zwar hinken, deutet aber kleine und durchaus feine Unterschiede in Berichterstattung und Wahrnehmung zumindest an. Zumal fast kein Medienfeld so emotional reflektiert wird wie Berichte und Reportagen über Fußball und ihn begleitende Ereignisse – nur ist eben der gesetzte mediale Fokus mitunter schon vorentscheidend für resultierende Urteile und auch Vorurteile.

Betrachtet man beispielsweise die Medienaufmerksamkeit für die wie auch immer geartete Fan-Szene in der Bundesrepublik etwas näher, scheint die jeweilige Liga-Zugehörigkeit eine eher untergeordnete, dafür die geografisch-soziale Verortung zuweilen die größere Rolle zu spielen. So scheint es eine – bei weitem nicht repräsentative, aber durchaus so wahrnehmbare – Gewichtung in der spielabseitigen überregionalen Berichterstattung zu geben: Hooligans, Randale, Nazis, Osten. Dabei wiederum fokussieren sich einige Medien teilweise völlig undifferenziert auf die mittlerweile üblichen Verdächtigen.

Natürlich ist unbestritten, dass Medien nichts darstellen können, wo nichts ist. Und mitnichten sollen beispielsweise die schweren Ausschreitungen vom 10. Februar 2007 am Rande eines Landespokal-Spiels zwischen Lok Leipzig und der zweiten Mannschaft von Wismut Aue verschwiegen werden. Genau so wenig außen vor bleiben kann an dieser Stelle auch die oft beschriebene Tatsache von mehrfach dokumentierten rechtsextremistischen Bestrebungen im Umfeld der Fußball-Fan-Szene. Allerdings bleibt deutlich festzuhalten: Nicht alle Fußball-Fans sind potentielle Straftäter; Widerstände gegen Nazis gibt es in Stadien genau so wenig wie im anderweitigen öffentlichen Leben – und Ultras sind nicht per se Hooligans. “Dass die beiden Begriffe öfter verwechselt werden, ist einfach dumm“, lautet ein Statement aus dem Buch “Schwarzer Hals Gelbe Zähne – Fußballfans von Dynamo Dresden“ von Veit Pätzug. Eine nicht gerade neue Erkenntnis, allerdings hierzulande in nicht wenigen medialen Darstellungen mehr schlecht als recht nach wie vor so gehandhabt.

Die Befürchtungen der Ultras

Der etwas genauere Beobachter weiß sehr wohl um die Geschichte und die länderspezifischen Unterschiede in der Ultra-Szene, beginnend und mit erschreckenden Vorfällen und Gewalt-Bildern auch irgendwie in Italien endend. “In Italien ist das ganze Ultra-Ding vor allem auch ziemlich politisch, da hast du die finstersten Faschisten, aber auch total Gestörte, die im Block riesige Sowjet-Fahnen hochziehen“, wird in Pätzugs Buch ein Dresdner Ultra zitiert. Das eigentliche Selbstverständnis bekennender Ultras ist bekanntermaßen ein anderes, vielschichtigeres, aber eindeutiges: Immer und überall alles für die eigene Mannschaft! Allerdings flattert bei diesem postulierten Ultra-Engagement der Fan-Schal auch nicht immer nur unbedingt zurückhaltend-passiv im Wind.

Darüber hinaus mag es Außenstehende erstaunen, worüber sich Ultras Gedanken machen, wofür sie sich einsetzen. Gemeint ist an dieser Stelle wiederum nicht die oft kolportierte Einflussnahme von insbesondere italienischen Ultras auf die Vereinspolitik und sogar Spielertransfers. Immer wieder liest man in einschlägigen Foren und Fan-Veröffentlichungen von nicht gerade unbegründeten Befürchtungen vor dem fortschreitenden Cleaning und vor der Kommerzialisierung des vormaligen Volkssportes Fußball. Und wer hin und wieder einmal ein Stadion aufsucht, weiß um den fast unisono gemeinsamen ’Feind’ der Ultras: So wird der Deutsche Fußball Bund (DFB) bei den je nach Darbietungsqualität mehr oder weniger berühmten UFFTA!- Choreographien quer durch die bundesdeutschen Stadien entsprechend ’gewürdigt’.

Nicht nur in Ultra-Kreisen vieldiskutiert sind beispielsweise so betitelte “Zukunftsvisionen“, erstmalig veröffentlicht auf der Homepage der Ultras des AS Roma. Trotz eines erstaunlichen Konsenses über die Besonderheit der italienischen ’Verhältnisse’ und eine höchstens ansatzweise Übertragbarkeit auf die Szene im Land, wird eine “nur unwesentlich veränderte beziehungsweise an die Verhältnisse in Deutschland angepasste“ deutschsprachige Version in den verschiedensten Fan-Foren kommentiert. Der Tenor dieser Ultra-Publikation ist bereits in der Eröffnung ersichtlich:

Es wird Zeit, dass alle Fußballfans verstehen, was die UEFA, die FIFA und die Fernsehanstalten unter tatkräftiger Mithilfe der nationalen Verbände mit unserem Fußballsport veranstalten. Die Bestrebungen der Spitzenclubs gehen dahin, eine Europaliga einzurichten, die im Endeffekt nur für die finanzstarken Vereine der einzelnen Verbände gedacht ist. Dies würde diesen Vereinen auf Grund der Vermarktung der TV-Rechte enorme Einnahmen sichern, die kleineren Vereine würden aber ausgeschlossen und auf lange Sicht in den Ruin getrieben.

Darüber hinaus wird bei gleichbleibender Politik der Fußballverbände prognostiziert, dass “der Stadionfußball in seiner ursprünglichen Form nach und nach verschwinden wird. In ein paar Jahren wird selbst der Rasen in den Stadien mit Sponsorenwerbung verunstaltet werden und Choreographien werden verboten, weil sie die Aufmerksamkeit der Zuschauer am Bildschirm von den Werbetafeln abziehen“. Eine solche Zukunft habe in den Köpfen der Funktionäre bereits Gestalt angenommen.

Man will keine Fans, die aktiv am Spiel teilhaben, man will die Art von Zuschauer, die man in einem Kino oder einem Theater antrifft. Diese Menschen verstehen nicht, dass Fußball unser Leben ist, dass wir für unseren Verein leben, dass wir unsere Schals und unsere Kleidung tragen, die unsere Stadt oder Region repräsentiert.

“Die Hölle von Dresden“

Scheinbar viel lieber und ausführlicher berichten Medien hierzulande im Zusammenhang mit der Fußball-Szene von anderen Dingen, beispielsweise “die Wahrheit über Dresden“. So titelte Sport-BILD am 8. November 2006, um dann im Innenteil nicht weniger reißerisch Reporter Andreas Böni seine Sicht aus “der Hölle von Dresden“ erleben zu lassen. Teilweise erstaunlich unreflektiert bezogen sich danach auch eher linksliberale Medien auf die Darstellungen von Böni. Der Tenor des Reports – obwohl von der sonst so kritisch gesehenen BILD – stimmte: Hooligans, Randale, Nazis, Osten.

Es handelte sich um ein Fußball-Spiel der 3. Liga, das Polizeiaufgebot war enorm. Die Fan-Lager beider Mannschaften sind als nicht gerade unproblematisch bekannt, zudem mit einer gemeinsamen Vergangenheit aus DDR-Oberliga-Zeiten. Aber: die “Hölle von Dresden“? Auch nur einen Ansatz von Differenzierung oder den Versuch aufhellender Hintergründe, gar gesellschaftlicher Ursachen, bietet so eine Darstellung nicht. Auf Nachfrage von Telepolis bezeichnete der Pressesprecher von Dynamo Dresden, Peter Tauber, besagten Sport-BILD-Artikel nach wie vor als “in jeglicher Form übertrieben“. In einem stimmt der Autor, an jenem Tag ebenfalls im und um das Dresdner Stadion unterwegs, dem BILD-Reporter allerdings nach Lesen des von ihm geschriebenen und Böni selbst zitierend zu: “War ich im falschen Film?“ Vielleicht sind es ja auch gerade solche immer wiederkehrenden holzschnittartigen Darstellungen, die – ob nun beabsichtigt oder nicht – Stigmatisierungen hervorrufen, Vorurteile wach halten und dazu noch neue schüren.

Es geht nicht, um das klar und deutlich herauszustellen, um eine auch nur ansatzweise Tolerierung von Gewaltexzessen von Hooligans. Vielmehr geht es um den Fußball und seine Fans im wahrsten Sinne des Wortes, um deren Befindlichkeiten und auch Ängste um ihren Sport. Dazu gehört unter anderem auch die Jugendarbeit in den Vereinen, die Sozialarbeit der Fan-Projekte unter der Ägide immer knapperer finanzieller Mittel. Der Soziologe Gunter Pilz benannte Mitte Februar 2007 in einem Gespräch soziale Perspektivlosigkeit und das kurzsichtige Agieren der politisch Verantwortlichen als Ursachen für den Hooliganismus. Nach der Darstellung von Pilz habe man allerdings generell “eher einen Rückgang der Gewalt zu verzeichnen – mit Ausnahme der neuen Länder, wo die Gewalt schon seit Jahren auf einem hohen Level ist. In den alten Ländern hat die Gewalt abgenommen“. Den von ihm geprägten Begriff Hooltra erklärt Pilz aus einer von ihm beobachteten Verquickung von Teilen der gewaltlosen Ultra-Gruppen, “die sich nun einerseits klar zu Gewalt bekennen und andererseits weiter ihr Ultra-Leben führen, sich von daher also von den Hooligans unterscheiden“.

Die Ende Oktober 2006 beim DFB im Bestreben gegen Gewalt und Rassismus im Fußball eingerichtete Task-Force kommt bislang eher plakativ und zudem mit einigem zeitlichen Verzug daher. Und die gegenseitige Abneigung sitzt tief. So äußert man sich in Fan-Foren auch nicht gerade zurückhaltend:

Da wird nichts bei ’rauskommen. Gar nichts. Und warum? Weil beide Seiten kein Interesse haben aufeinander zuzugehen und man der Meinung ist, dass es gar nicht mehr miteinander geht. Bei den ’Ultras’ (oder was sich alles dafür hält) kommt der DFB und die Polizei auf der Beliebtheitsskala noch hinter Syphilis und der DFB inklusive Vereine hält große Teile der Ultras für Hooligans. [Aus: sportforen.de]

Relativ anerkannt versucht dagegen beispielsweise das Bündnis Aktiver Fußballfans (B.A.F.F.) schon seit über zehn Jahren die konstruktive Umsetzung einer Politik für den “Erhalt der historisch gewachsenen Fankultur als Stadion-Live-Ereignis mit hohem Unterhaltungs- und sozialem Integrationswert“. Dazu gehört seit 1993 für B.A.F.F. auch “der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung, gegen die übertriebene Kommerzialisierung des Fußballs mit all ihren negativen Auswirkungen und gegen die zunehmende Repression von Seiten der Polizei und der Ordnungskräfte“. Und es geht nach wie vor um die Verantwortung der Medien in der Berichterstattung.

Von Schüssen auf dem Vereinsgelände

Ein vom MDR produzierter Beitrag über die mittlerweile als bekannt vorausgesetzten Vorfälle am 25. Februar beim Sonntagstraining der Nord-Ost-Regionalliga-Mannschaft von Dynamo Dresden wurde – offenbar ungeprüft und schlecht nachrecherchiert – von zahlreichen Medien übernommen und weiter verbreitet: Chaoten hätten Spieler auf dem Weg zum Training attackiert und körperlich angegriffen, auf dem Vereinsgelände sei geschossen worden. Erstaunlicher Weise war danach in diesem Zusammenhang ausgerechnet in der BILD-Zeitung zu lesen: “Zum Glück blieb es gestern nur bei verbalen Attacken. Nach einem 20-Minuten-Gespräch konnten Trainer Norbert Meier und die Spieler die erhitzten Gemüter beruhigen.“ Allerdings war zuvor auch in BILD im Konjunktiv “eine Schreckschuss-Pistole im Spiel“.

In einer Pressemitteilung vom 5. März distanzierte sich die Dresdner Polizei von fälschlichen Medienberichten und stellte bezüglich der Vorfälle im Rudolf-Harbig-Stadion unter anderem fest: “Ermittelt wird wegen Beleidigung. Hinweise auf andere Straftaten liegen nicht vor.“ Während der MDR verschiedenen Verlautbarungen zufolge mittlerweile eine in diesem Fall nicht unbedingt geschickte Berichterstattung eingeräumt haben soll, flogen vereinsintern sinnbildlich die Fetzen. Politiker aus der 3. Reihe meldeten sich unverhofft mit Rücktrittforderungen und quasi Sponsorenerpressungsversuchen zu Wort.

Die Außenwirkung für den Verein war entsprechend. Verschwörungstheoretiker könnten ein unterstelltes Zusammenwirken gar nicht so geheimer Kräfte vermuten. Mehr oder weniger offene Machtkämpfe gibt es wohl allerdings bei jedem Fußballverein. Im weiteren Nachgang wurden schließlich gegen elf der an dem Trainingsauftritt Beteiligten Stadionverbote verhängt. Viel zu spät, zudem nicht unbedingt klar formuliert und heftig diskutiert, erfolgte eine Stellungnahme von den Ultras Dynamo. Darüber hinaus erfolgte die Ankündigung – “in den eigenen Reihen nicht unumstritten und zuvor heftig diskutiert“ -, dass die Ultras bis Saisonende bei Heimspielen nicht mehr im heimischen Dresdner Stadion präsent sein werden und sich auf diese “Art und Weise mit den zu Unrecht Verurteilten solidarisch zeigen“. Bezüglich dieses Verhaltens war der Pressesprecher von Dynamo Dresden gegenüber Telepolis zu keiner Aussage bereit.

Wie zuweilen subtil auch renommierte Medien Berichterstattung betreiben, zeigt ganz aktuell die Sächsische Zeitung. Die Diskussion um den Dresdner Stadionneubau gilt als hochemotional und zudem politisch belastet. Oft genug ist kolportiert worden, das Regierungspräsidium Dresden verzögere den Baustart des Stadions nur deswegen, weil ein Teil des Dresdner Stadtrates sich mit allen juristischen Mitteln gegen den Bau der Waldschlösschen-Brücke über die Elbe sperre. Erst vor einigen Tagen schien der sowieso schon verspätete Stadionneubau endgültig besiegelt – ein durchaus gewichtiger Punkt in den beim DFB einzureichenden Unterlagen für die Spiellizenz von Dynamo Dresden.

Am 14. März berichtete nunmehr die Sächsische Zeitung, dass die Planungen für den Bau des Stadions vorerst wieder ruhen, bis über die Klage des bei der Vergabe nichtberücksichtigten Baukonzerns Hochtief gegen die erfolgte Zuschlagserteilung entschieden sei. Weiter heißt es bei der Sächsischen Zeitung “Pikant: Hochtief hat kürzlich dem 1. FC Magdeburg, einem Dynamo-Konkurrenten, ein neues Stadion übergeben.“ Am 24. März bestreitet Dynamo Dresden das nächste Punktspiel auswärts gegen die – zudem in tiefer Fan-Abneigung verbundenen – Magdeburger. Verantwortungsvolle Medienarbeit sollte im emotional besetzten Bereich im und um den Fußball eigentlich anders aussehen.

[Dieser Artikel wurde am 15. März 2007 bei Telepolis veröffentlicht.]

Anti-Antifa-Akten – und der Umgang damit

Dresden. Schon wiederholt in der bundesdeutschen Geschichte haben Rechtsextremisten zu missliebigen Personen Dossiers angelegt. Veröffentlichungen über eine neuerlich publik gewordene Datensammlung rufen die Staatsanwaltschaft auf den Plan – und die aus neofaschistischen Dunstkreisen heraus agierenden Datensammler selbst.

Bereits zu Beginn der 1990er Jahre veröffentlichten Aktivisten der sich so betitelnden Anti-Antifa in der damaligen Szene-Publikation “Einblick“ zusammengetragene Daten über antifaschistisch engagierte Personen aus dem gesamten Bundesgebiet. Weiterhin oder mittlerweile neu tätige Anti-Antifa-Strukturen informieren nach ihrer Selbstdarstellung unter anderem “über linksextremistische Bestrebungen und antifaschistische Gewalt“. Nach Einschätzung der Berliner Agentur für soziale Perspektiven (ASP) dient dabei die Bezeichnung “Anti-Antifa“ auch als identitätsstiftende Sammelbezeichnung für militante und pseudomilitante rechtsextremistische Gruppen. Als weiteres Ziel von Anti-Antifa-Aktivitäten wird darüber hinaus die versuchte Einschüchterung politischer Gegner gesehen.

In seiner aktuellen Ausgabe berichtete das Antifaschistische Infoblatt (AIB) über “Einblicke in die Arbeitsweise der ’Anti-Antifa’ in Dresden“. Fast zeitgleich teilte am 22. Januar das Dresdner Medien-Projekt a.l.i.a.s. mit, durch sächsische und speziell Dresdner rechtsextremistische Kreise seien augenscheinlich umfangreiche und detaillierte Daten-Sammlungen über Personen angelegt worden, die sich couragiert gegen Rechtsextremismus engagieren. Die Bandbreite der Anti-Antifa-Aktenlage reiche von Antifaschisten, Gewerkschaftsmitgliedern, Mitarbeitern einer Schülerzeitschrift und linken Politikern bis hin zu Professoren und einfach zivilgesellschaftlich engagierten Menschen.

Als besonders pikant erscheint in diesem Zusammenhang, dass ein nicht unwesentlicher Teil der dem a.l.i.a.s. anonym zugänglich gemachten und von Szene-Kennern als authentisch eingestuften Anti-Antifa-Akten “offensichtlich aus der Einsichtnahme in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten erlangt“ wurde. Zu dem Verdacht einer Aktenweitergabe an Rechtsextremisten sagte der Leiter der Staatsschutzabteilung bei der Staatsanwaltschaft Dresden, Oberstaatsanwalt Jürgen Schär, Vorschrift der Strafprozessordnung sei es, “dass Privatpersonen keinen Zugang zu Ermittlungsakten haben, wenn denn nicht über ihren Anwalt“.

Nachdem Berichte in der Tageszeitung junge welt und bei redok zu den Anti-Antifa-Akten mit Dossiers über mehr als 100 Personen erschienen waren, durchsuchten Beamte des Dezernates Staatsschutz am 29. Januar die Räume des a.l.i.a.s. in Dresden. Dabei händigten – entgegen teilweise anderslautenden Berichterstattungen – Mitarbeiter des a.l.i.a.s. der Staatsanwaltschaft die gesuchten Unterlagen freiwillig aus. Als “prikär“ bezeichneten es Vertreter des Dresdner Medien-Projektes, “dass die Anzeige, welche zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens führte, von einem langjährig bekannten Neonazi, just aus dem Spektrum der Freien Kräfte Dresden, gestellt wurde. Tilo K. ist Mieter des Objekts auf der Oskar-Röder-Straße, was von Neonazis genutzt wird und in welchem die Unterlagen entwendet worden sein sollen“. Gleichzeitig betonten Vertreter des a.l.i.a.s. nochmals, dass “das Vorgehen der Szene, mittels Anzeigen an Daten politischer Gegner zu gelangen, in Dresden nichts neues“ darstelle. So enthalte “nicht zuletzt die ’Anti-Antifa-Akte’ eine Vielzahl von Informationen, die nur aus solchen Ermittlungsverfahren stammen können“.

Das AIB erklärte im Zusammenhang mit der staatsanwaltlichen Durchsuchung des a.l.i.a.s.: “Das Redaktionsgeheimnis und der Informantenschutz zählen zu den elementaren Voraussetzungen einer freien Presse, an ihnen darf nicht gerüttelt werden“. Dabei bezieht sich das AIB direkt auf das so genannte SPIEGEL-Urteil, wonach Durchsuchungen unzulässig seien, wenn sie vor allem dazu dienten, einen mutmaßlichen Informanten aufzuspüren. Darüber hinaus verweist das AIB auf die Cicero-Affäre und die Bedeutung des Informantenschutzes für die Pressefreiheit. So sei schließlich das Zeugnisverweigerungsrecht “nicht umsonst im Jahr 2002 zugunsten der Journalisten erweitert worden“.

Mittlerweile hat sich auch die so genannte “Freie Offensive Sachsen“ unter der Online-Führung des militanten Nazi-Kaders Ronny Thomas zu Wort gemeldet – und angekündigt: “Sollten also nationale Aktivisten dazu übergehen, einen Selbstschutz zu organisieren, indem man Daten von Protagonisten der antifaschistischen Szene sammelt, so ist dieser Akt nur eine Antwort auf die jahrelangen Umtriebe der selbigen“. Die zuständige Staatsanwaltschaft ermittelt derweil unter anderem zur Herkunft der den Anti-Antifa-Dossiers zugrunde liegenden Strafakten.

[Dieser Artikel wurde am 6. Februar 2007 bei redok veröffentlicht.]

Staatsanwalts-Akten bei Neonazis?

Dresden. Neonazis in der sächsischen Landeshauptstadt haben offenbar eine Datensammlung über politische Gegner angelegt, die Dossiers von über 150 Personen enthalten soll. Die “Anti-Antifa-Akte“ soll auch Material aus staatsanwaltlichen Ermittlungsakten enthalten. Die Staatsanwaltschaft Dresden will den Vorwurf aufklären.

Bereits Ende November 2006 hatten Antifa-Aktivisten in Dresden-Reick einen Neonazi-Treffpunkt unter die Lupe genommen. Im Zuge dieser Aktion war offenbar eine “Anti-Antifa-Akte“ gefunden worden, die persönliche Daten und Fotos von über 150 Personen vor allem aus dem Raum Dresden enthielt.

In der Liste sind laut der Dresdner Gruppe a.l.i.a.s. unter anderem aktive Antifaschisten, Gewerkschafter, Mitarbeiter einer Jugendzeitung und linke Parteifunktionäre enthalten. “Ihre Informationen haben die Nazis offensichtlich aus der Einsichtnahme in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten erlangt“, so der Vorwurf der Gruppe in einer Pressemitteilung am Montag.

In der “Anti-Antifa“-Akte seien Kopien von Bildmappen der Behörde gefunden worden, die ausschließlich linke Personen unter Nennung des Namens beinhalteten. Um an Daten und Bilder zu kommen, hätten die Neonazis eine Strafanzeigen-Strategie angewendet: gezielt seien Verfahren gegen missliebige Personen angestrengt worden, um dann als “Betroffene“ per Akteneinsicht aus den Ermittlungsakten Informationen über politische Gegner zu bekommen.

Einige der von Neonazis Angezeigten hätten der Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld ihre Befürchtung mitgeteilt, dass ihre Daten zu “Anti-Antifa“-Zwecken verwendet werden könnten. Die Strafverfolgungsbehörde sieht sich selbst nicht als Akten-Boten für Neonazis, denn ihre Ermittlungsakten würden weder Beschuldigten noch Opfern einer Straftat zur Verfügung gestellt.

Dennoch will die Staatsanwaltschaft den Vorwürfen nachgehen. Wie die Ermittlungs-Daten möglicherweise zu den Neonazis gerieten, klang aber bereits in einer Stellungnahme an. Oberstaatsanwalt Jürgen Schär, Leiter der Staatsschutzabteilung bei der Staatsanwaltschaft Dresden, zur Tageszeitung junge Welt: “Vorschrift der Strafprozessordnung ist, dass Privatpersonen keinen Zugang zu Ermittlungsakten haben, wenn denn nicht über ihren Anwalt“.

Bei dem Neonazi-Treffpunkt in Dresden-Reick soll es sich um eine Baracke handeln, die bereits seit 2005 einschlägig genutzt wird. Mehrere Räume seien dort unter anderem für Bandproben und Kampfsporttrainings eingerichtet. In dem Gebäude soll sich das “Nationale Jugendbündnis“ (NJB) regelmäßig treffen; vor allem werde es von den “Freien Kräften Dresden“ genutzt, so die a.l.i.a.s.-Mitteilung.

Beobachter vor Ort wissen schon seit längerer Zeit von den “Anti-Antifa“-Aktivitäten der braunen Szene. Die jetzt aufgetauchte “Anti-Antifa-Akte“ sei da die “öffentlich gewordene Spitze von Ermittlungsumtrieben von Nazis weit in den persönlichen Bereich antifaschistisch-couragierter Leute hinein“, sagte der Dresdner Carlo Hagen gegenüber redok. Er beschäftigt sich seit Jahren journalistisch mit der rechtsextremistischen Szene in Sachsen und kennt die treibenden Kräfte bei den braunen Spähern: “Als führende Anti-Antifa-Aktivisten agierten und agieren da unter anderem Sven Hagendorf und Ronny Thomas, der auch für den Internet-Auftritt der ’Freien Kräfte Sachsen’ verantwortlich zeichnet. Mittlerweile versucht sich im Raum Dresden mit beispielsweise Maik Müller auch schon die nächste Generation von Anti-Antifa-Aktivisten entsprechend zu profilieren.“

[Dieser Artikel wurde am 25. Januar 2007 bei redok veröffentlicht.]