Die wiederholt als ’Mammut-Prozess’ titulierte gerichtliche Verhandlung um die angebliche Führungsriege der Hooligans Elbflorenz würde noch im April dieses Jahres zu Ende gehen, wurde kürzlich Richter Peter Lames, Vorsitzender der Staatsschutzkammer am Landgericht Dresden, zitiert. Medienseitig kolportiert könnte nach mittlerweile 91. Sitzungstagen am kommenden 29. April besagter Hooligan-Prozess vorerst enden – mit welchen weiteren Folgen auch immer.
Die Sächsische Zeitung lässt unterdessen ihren Gerichtsreporter Alexander Schneider die bisherigen Vorgänge zum Prozess um die Hooligans Elbflorenz ein wenig zusammenfassend darstellen –
“(…) Am Landgericht Dresden könnte Rechtsgeschichte geschrieben werden. Erstmals müssen sich Hooligans in Deutschland wegen ’Bildung einer kriminellen Vereinigung’ verantworten (…) Die Richter müssen klären, ob die fünf Angeklagten eine Vereinigung, die sogenannten Hooligans Elbflorenz, geführt haben, deren Zweck es war, Straftaten zu begehen (…)
Fünf Angeklagte, zehn Verteidiger, die Kammer mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen, dazu ein Ersatzrichter und eine Ersatzschöffin. In jeder Hinsicht sprengt der Hooligan-Prozess den Rahmen üblicher Verfahren. Die Anzahl der Verhandlungstage – ein neuer Rekord am Landgericht. Gewaltig sind auch die Kosten des Verfahrens. Genau kennt sie zwar noch niemand, doch sie sollen sich straff auf die Millionengrenze zubewegen.
Schon das Ermittlungsverfahren wurde mit einem immensen Aufwand betrieben. Vor knapp fünf Jahren leitete die Staatsschutzabteilung der Dresdner Staatsanwaltschaft gegen die Hooligangruppe ein sogenanntes Strukturverfahren ein (…) Der oft als ’Schnüffelparagraf 129’ kritisierte Tatbestand eröffnet Ermittlern weit mehr Möglichkeiten: Observationen, monatelanges Abhören von Telefonen, eine groß angelegte Funkzellenabfrage in der Dresdner Innenstadt, Polizeispitzel und dergleichen. Kurz: Hier wurde die schwere Artillerie der Strafverfolgung aufgefahren.
Das Ergebnis jedoch überzeugt nicht voll. Die Beweise lassen Fragen offen. Abgehörte Telefonate und belauschte Gespräche sind unterschiedlich auslegbar (…)
(…) Hunderte schlagen sich beim Fußball, möglicherweise auch Mitglieder dieser Hooligan-Gruppe. Zweck der Gruppe sei jedoch gewesen, sich mit anderen Hooligans zu sportlichen Kämpfen zu verabreden – mit Regeln, Schutzvorkehrungen und sogar Schiedsrichtern (…)
Erst am Ende des Prozesses beteuerten die Angeklagten erstmals, die ’Hooligans Elbflorenz’ habe es nie gegeben. Sie bezeichnen sich als ’Sportgruppe’ oder ’Ackertruppe’. Die Matches fanden bewusst abseits der Öffentlichkeit, im Wald, auf Parkplätzen und in Gewerbegebieten statt. Man wollte ja nicht auffallen. Nie hätten sie gedacht, sich strafbar zu machen.
Ihre Verteidiger nennen Kämpfe und konspirative Planung ’archaische’ Verhaltensweisen Spätpubertierender oder ’Räuber- und Gendarm-Spiel für Erwachsene’ – man muss solche Matches nicht mögen, das mache sie noch nicht zur Straftat (…)“ [sz-online.de, 27. April]
Seit nunmehr 24. August 2011 stehen fünf Männer unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht. Die Dresdner Staatsanwaltschaft am dortigen Landgericht beschuldigt die Angeklagten, die Hooligans Elbflorenz gegründet und zahlreiche Gewalttaten in Zusammenhängen mit Fußballspielen von Dynamo Dresden angezettelt zu haben.
[Dieser Artikel wurde am 27. April 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]
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