Schlagwort-Archive: redok

Auf Adolf? Auf den Holocaust? – Na, dann Prost!

Huddersfield/WWW. Ausgehend von einer Universität im britischen West Yorkshire wird dem GröFaZ offenbar nicht allein nur virtuell spielerisch gehuldigt, sondern auch exzessiv hochlebend zugetrunken. Schockierend? Ungewöhnlich? Nur ein Trinkspiel?

Ursprünglich, so verschiedene Medienberichte, sei “Hitler – das Trinkspiel“ von einer Studentengruppe der britischen Universität Huddersfield im Norden von England via Facebook im Internet angeboten worden. Bis zur administrativen Schließung durch Facebook selbst hätten sich innerhalb relativ kurzer Zeit knapp 12.000 Anhänger besagten Online-Auftritts zusammen gefunden. Wie der britische Fernsehsender Sky berichtete, veröffentlichten viele Schüler und Studenten dabei auch Fotos von sich, auf denen sie den Hitlergruß zeigten und sich Hitlerbärtchen gemalt hatten (Spiegel-Online).

Bei dem ’Spiel’, so die Anleitung, sei ein Pint-Glas in die Tischmitte zu stellen und außen herum Katen verdeckt in Form eines Hakenkreuzes auszulegen, und zwar “so gerade wie möglich, damit es nicht beschissen aussieht“. Hernach ziehen die Mitspieler eine Karte und müssen Aufgaben – wie beispielsweise den “Überfall auf Polen“, das “Nazi-Verhör“ oder das “Heil-Hitler-Spiel“ – ausführen und erfüllen. Diese enden alle damit, dass Mitspieler schließlich ein oder mehrere Gläser Bier oder Schnaps trinken müssen. So sei etwa bei der Aufgabe “Überfall auf Polen“ durch alle Spieler der Fußboden zu berühren – und der letzte trinkt. Zieht ein Spieler eine Neun, grüßt er mit “Heil“ und ausgestrecktem Arm nach links oder rechts, reihum grüßen die Spieler dann weiter. Grüßt einer mit “Heil Hitler“, wechselt die Richtung, bis einer einen Fehler macht. Sind keine Karten mehr auf dem Tisch, ist das Spiel zu Ende. Das wiederum nennen dann die Autoren “The Holocaust“.

Die besagtes Spiel initiierende Gruppe gehe auf zwei Studenten der Huddersfield Universität zurück, berichtet Sky. Sie selbst würden sich als „Fuhrers“ betiteln. Gegen die Studenten wird nunmehr seitens der Universität ermittelt. Die Gruppe wiederum versichert auf ihrer Web-Site, “dass es sich lediglich um ein Trinkspiel handle und die Mitglieder Adolf Hitler sowie die Ideologien der Nationalsozialisten weder unterstützten noch verbreiteten“ (AFP).

Mittlerweile kursieren ähnliche Seiten unter dem Titel “Hitler – The Drinking Game Tribute“ im WorldWideWeb – an mancher Online-Stelle kurz nach Erscheinen wieder gelöscht, um woanders kurz darauf erneut gepostet zu werden. Durchaus interessant wird zu beobachten sein, wann die durchaus weniger als mehr virtuellen deutschen Adolf-Kameradschaften die Tastenkombination copy and paste auf ihren Tastaturen zu nutzen wissen, um sich dann so angeleitet auch endlich real endzielgerichteten Trinkfreuden hingeben zu können.

“Wir sind geschockt, von diesem Spiel zu hören und sehr beunruhigt wegen der Anschuldigungen gegen Studenten unserer Einrichtung“, erklärte unterdessen die Universität von Huddersfield. Mithin handle es sich um einen “ungewöhnlichen Vorfall“, die Universität sei schließlich “stolz auf ihren multikulturellen Campus“ (AFP). Sky wiederum zitierte Michael Barrie, ein Mitglied eines Verbandes für Holocaust-Überlebende: “Es ist bestürzend, dass ein Spiel zur Belustigung mit einem Ereignis in Verbindung gebracht wird, dem elf Millionen Menschen zum Opfer fielen“.

[Dieser Artikel wurde am 14. Januar 2010 bei redok veröffentlicht.]

Make some noise?

Zittau. Der regional agierende Nationale Jugendblock wollte die Szene tanzen lassen. Die Musik blieb aus, Straftaten wurden trotzdem festgestellt.

Erwartet wurden am 9. Januar nach Einladung des Nationalen Jugendblocks Zittau (NJB) rund 200 Rechtsextremisten jeder Provenienz. Für das im “Vereinshaus NJB Zittau“ beworbene Konzert waren vorab einschlägig bekannte Bands wie Strongside (Sachsen-Anhalt), Asatru (Sachsen), Priorität 18 (Sachsen) sowie die relativ neue Gruppe W.U.T. angekündigt worden.

Nicht zuletzt im Juni 2008 geriet der NJB in den Fokus, als die Staatsanwaltschaft im sächsischen Raum gegen nach wie vor aktive Blood & Honour-Strukturen ermittelte. Kurze Zeit später wurde im November 2008 das so genannte Vereinsgebäude des NJB in Zittau durchsucht. Sichergestellt wurden damals kistenweise Waffen und Propagandamaterial (bnr.de). Zuvor waren bereits Ende des Jahres 2006 wiederholt Geschäfts- und Wohnräume in Ostsachsen wegen des Verdachtes auf fortwährende Unterstützung von Blood & Honour Ziele staatsanwaltlicher Ermittlungen.

Am Abend des 9. Januar diesen Jahres kontrollierten rund 50 Polizeibeamte den Zugang zum geplanten Konzert-Event in Zittau. Dabei seien unter anderem verbotene Waffen und illegal aus Polen eingeführte pyrotechnische Erzeugnisse sichergestellt worden, verlautbarte ein Sprecher der örtlichen Polizeidirektion. Allerdings, so wurde betont, müsse es sich bei den Gesetzesbrechern nicht um Besucher des geplanten Konzerts gehandelt haben.

“(…) Wenn es stimmt, daß die ’Stadt Zittau’ (mit-)verantwortlich für den massiven Polizeieinsatz ist, um eine Musikveranstaltung eines unabhängigen oppositionellen Jugendvereins zu verhindern, so wirft dies ein bezeichnendes Licht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse (…)“ [Antje Hiekisch, NPD-Stadträtin der Großen Kreisstadt Zittau].

Die Sächsische Zeitung berichtet mit Berufung auf die Polizei, dass das Konzert – abgesehen von bereits vorab eindeutig bekannten baurechtlichen Untersagungsgründen – letztendlich nicht stattgefunden hat. Die angesagten Musiker seien schlicht und ergreifend gar nicht erst angereist.

[Dieser Artikel wurde am 12. Januar 2010 bei redok veröffentlicht.]

Razzia gegen Hooligans Elbflorenz

Dresden. Unter dem Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung gehen Polizei und Staatsanwaltschaft gegen eine Fangruppierung des Fußball-Drittligisten Dynamo vor. Ausgangspunkt der Ermittlungen waren Angriffe auf Dönerläden in Dresden. Die Ermittler sprechen von einem Mix aus unpolitischen, gewaltbereiten Männern und erklärten Rechtsextremisten.

So durchsuchten im Laufe des 15. Dezember Polizeibeamte insgesamt 58 Objekte – Wohnungen, Geschäftsräume, Fahrzeuge sowie eine Sporthalle – in Dresden, Pirna, Freital und anderen sächsischen Städten. Dabei wurden unter anderem Computer, Handys und Bekleidung konfisziert, vereinzelt seien auch Waffen sichergestellt worden. Medienberichten zu Folge waren an dem Einsatz rund 350 Beamte verschiedener sächsischer Polizeidirektionen, des Landeskriminalamtes Sachsen und der Bereitschaftspolizei beteiligt. Begleitend unterstützt wurde die Maßnahme außerdem von etwa 45 Mitarbeitern der Städte und Gemeinden.

Die Ermittlungen richten sich derzeit gegen 45 Personen im Alter zwischen 20 und 33 Jahren. Gegen 13 Personen wurde auf Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft Haftbefehl erlassen. Die Beschuldigten sollen der Gruppierung “Hooligans Elbflorenz“ angehören. Wie der Sachsenspiegel des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) berichtete, werde die Auswertungen der sichergestellten Beweismittel einige Zeit in Anspruch nehmen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war offenbar die militante Attacke auf einige Dönerläden in der Dresdner Neustadt unmittelbar im Anschluss an das Europameisterschaft-Halbfinale der bundesdeutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Türkei im Sommer 2008. Gerade erst Ende Juli 2009 erhielten zwei der dahingehend drei Angeklagten einen Freispruch vor dem Dresdner Amtsgericht vom Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs, da es dem Gericht an der zu einer Verurteilung “nötigen Sicherheit“ gefehlt habe. Zuvor war im März 2009 einer der offensichtlichen Drahtzieher besagten Überfalls wegen Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden. Den rassistischen Hintergrund der Tat wollten die Richter bei der Urteilsverkündung allerdings nicht erkannt haben.

Allen Angeklagten wurden damals seitens des AntifaRechercheTeams Dresden (ART) “enge Verbindungen zum Hooligan- und Fanszenesumpf von Dynamo Dresden“ attestiert. War im potentiellen Umfeld des Fußball-Drittligisten, mit zuweilen postulierten Ansprüchen einiger Anhänger, scheinbar nicht erst seit gestern nicht immer alles nur Forza Dynamo?

Der für die aktuellen Ermittlungen zuständige Oberstaatsanwalt Christian Avenarius sagte gegenüber dem MDR, bei den “Hooligans Elbflorenz“ handele es sich um einen “gefährlichen Mix“ aus weitgehend unpolitischen, aber gewaltbereiten und eindeutig rechtsextremistisch gesinnten Personen. Zudem gebe es Hinweise auf “mafiaähnliche Verhaltensweisen“. Der Kriminaldirektor der Dresdner Kriminalpolizei, Thomas Uslaub, betonte, so die Sächsische Zeitung, bezüglich des Gruppenzusammenhangs: “Unpolitische, aber dafür leicht beeinflussbare, gewaltbereite junge Männer ließen sich von erklärten Rechtsextremisten für deren Ziele einspannen“.

[Dieser Artikel wurde am 16. Dezember 2009 bei redok veröffentlicht. Nachpublizierung u.a. bei Publikative.org, 16. Dezember 2009]

Nur Soccer-Nazis?

www. In gewissen Online-Kreisen kursieren seltsam anmutende Selbst-Aufnahmen eher zweifelhafter Anhänger des runden Leders aus offenbar osteuropäischen Gefilden.

So werden seit Wochen auf einer *englishrussia.com-Domain unter der Headline “Soccer Nazis“ im Ku-Klux-Klan-Stil vermummte Besucher von Fußballspielen dokumentiert, fotografiert wohl in russischen und ukrainischen Stadien. Zu sehen ist beispielsweise, wie eine offenkundig als ’Neger’-Puppe ausstaffierte Figur augenscheinlich gehenkt wird, Bengalos fackeln, Insignien des Ku-Klux-Klan sind auf fast allen Bildern deutlich auszumachen.

Die Darstellung des Ganzen hat scheinbar seinen Urspung in einem in russischer und englischer Sprache auf einem *ru-Server gehosteten Dynamo-Forum; auf den Fotos sind offenbar nicht unbedingt grundlos Fan-Utensilien des BFC Dynamo Berlin und der SG Dynamo Dresden augenfällig.

Deutlich kommentiert allerdings wurden diese Darstellungen im – mit rund 250.000 Klicks pro Tag keinesfalls zu vernachlässigenden – deutschsprachigen Forum von ultras.ws unter anderem mit “… weil irgendwelche Rassisten in Russland einen BFC-Schal umhaben oder eine Dynamo-Dresden-Flagge zeigen …“ (…) “what the fuck …”.

(Screenshots O.M.)

[Dieser Artikel wurde am 2. Dezember 2009 bei redok veröffentlicht.]

Unpolitischer Fußball? Wo auch immer?

Brandis/Leipzig. Bei einem Bezirksklasse-Auswärtsspiel werden Mannschaft und Anhänger von Roter Stern Leipzig augenscheinlich von Rechtsextremisten militant attackiert.

Eine der ersten Online-Meldungen um die Geschehnisse während der Begegnung FSV Brandis gegen Roter Stern Leipzig wurde wohl via twitter verbreitet. “Blutiger Überfall in der Bezirksklasse“, berichtete später der MDR; von mehreren Verletzten und einem erfolgten Spielabbruch schrieb ebenso die LVZ. Der Rote Stern Leipzig selbst veröffentlichte auf seiner Internetpräsenz eine Pressemitteilung: Nazi-Überfall bei Auswärtsspiel in Brandis.

Die Polizei bestätigte bislang lediglich, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans gekommen sei. Dabei seien zwei Anhänger des Vereins Roter Stern Leipzig und ein Spieler verletzt worden. Die Beamten hätten 15 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen (ddp).

Unterdessen geht die Leipziger Internet Zeitung davon aus, dass sich der erfolgte Angriff “ziemlich passgenau mit Stimmen unter anderem in Foren wie Altermedia [deckt], nun statt angemeldeter Demonstrationen verstärkt auf gezielte Aktionen zu setzen, Gewalt inbegriffen“. Als Hintergrund dafür scheint aktuell auch der lediglich als Stehdemonstration kläglich gescheiterte Nazi-Aufmarsch in Leipzig am 17. Oktober gesehen zu werden.

“(…) Viele Fußballfans versuchen durch die Losung ’Keine Politik im Stadion’ politische Einflüsse jeder Art von sich zu weisen (…)

(…) Wenn es politisch ist, seine Aufmerksamkeit oder sein Hirn am Stadioneingang abzugeben, dann sollten Fans nicht davor zurückschrecken, es reinzuschmuggeln, nur weil der Begriff verteufelt ist.

Es geht nicht darum, den Spaß am Fußball zu verderben. Provokationen und Pöbeleien gehören zum Fußball wie das Salz zur Suppe – ganz klar. Aber das Gefühl dafür, wann eine Suppe versalzen ist, sollten Fans nicht verlieren (…)

(…) Auch das Private ist und wirkt politisch. ’Football without politics’ ist demnach eine verfängliche Losung, die am besten mit ’Fußball ohne Nachdenken’ übersetzt werden sollte.“

[Quelle: Keine Politik im Stadion? Über das Politische im so genannten Unpolitischen. in: Ballbesitz ist Diebstahl! Fußballfans zwischen Kultur und Kommerz. BAFF (Hrsg.). Göttingen. 2004.]

[Dieser Artikel wurde am 24. Oktober 2009 bei redok veröffentlicht.]