“Oppa, hol’ die Flaggen vom Boden“, war vormals bei der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt mutmaßlicher Antrieb von Teilen der wahlberechtigten Bevölkerung. Sächsinnen und Sachsen wählten dann im September 2019 ihre politische Elite und warten auf den politisch verbalen Rückschuss, vorerst noch. Brandenburg, gleich rechts nebenan, ist richtungsweisend dabei, allemal. Und nun Thüringen.
“David Bowie ist auch schon einmal drüber geflogen“, so intonierte einst Rainald Grebe … “Thüringen Thüringen Thüringen – Ist eines von den schwierigen Bundesländern“. Thüringen ist anders?
Prognosen, Hochrechnungen, Zahlen zur thüringischen Landtagswahl 2019 sind nunmehr bekannt. Und werden sich kaum noch wesenentlich ändern. Thüringen ist anders?
Ein klitzekleiner, ausschnittartiger Blick –
(’MCTired’ @ Twitter, 27. Oktober 2019, 19:05 Uhr)
Es war ein Sonntag – 14. Mai 2017, damalig item saisonal 33. Spieltag in der zweithöchsten bundesdeutschen Fußball-Liga. Die Bilder rund um die Begegnung zwischen Karlsruher SC und Dynamo Dresden sind bekannt.
Die Zeit verweht, manch anderes nicht …
(…) Von Seiten der Politik wurde deutlich, dass der Fanmarsch nicht ohne Konsequenzen bleiben dürfe (…)
Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen die 28 Beschuldigten drängte sich schnell der Verdacht auf, dass hier ein Exempel statuiert werden soll. Dass die Person Stefan Lehmann von Seiten der Staatsanwaltschaft besonders hohe Aufmerksamkeit genießen würde, war dabei sehr wahrscheinlich. Denn im Vordergrund der Ermittlungen standen keine Böllerwerfer oder andere Straftäter, sondern die angeblichen Organisatoren des Fanmarschs und mit ihnen Lehmi an der Spitze. Menschen, die Polizisten verletzt hatten, konnten nicht ermittelt werden. Also mussten diejenigen herhalten, die diese Taten nach Meinung der Staatsanwaltschaft allein mit der Planung eines Fanmarschs bereits billigend in Kauf genommen hatten. Als Anführer des Marsches soll Lehmi laut Staatsanwaltschaft besonderen Einfluss gehabt haben und war somit ein sogenannter Rädelsführer. Außerdem habe er laut den Ermittlern im Vorfeld an der Planung mitgewirkt, auch wenn dafür bis heute keine Beweise vorliegen und letztlich alles auf Vermutungen der Behörden beruht (…)
In einem Verteidigergespräch in Karlsruhe zwischen Staatsanwaltschaft und einer Gruppe Anwälte, anberaumt um die Möglichkeiten eines schnellen und fairen Verfahrensabschlusses zu diskutieren, verstärkte sich der Eindruck, dass ein Urteil in diesem Fall längst gesprochen wurde und die Justiz hier ein deutliches Zeichen setzen wollte. “Unseren Anwälten wurde ganz deutlich klargemacht, dass dieses Verfahren einen hohen Stellenwert hat und insbesondere ich als Rädelsführer besondere Aufmerksamkeit genieße. Ein Freispruch? In Karlsruhe? Bei dem politischen Druck? Vergiss es!“
Mit dem Eingang des Strafbefehls kippte Lehmi dann aber gänzlich “aus den Latschen“, wie er sagt. “Man hatte sich nach dem Gespräch in Karlsruhe ja fast schon damit abgefunden, dass es nun mal so ist, wie es ist.“ Doch anders, als vorher von der Staatsanwaltschaft angekündigt, stand nun auch der Tatvorwurf der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung gegen Polizisten im Raum. “Jeder, wirklich jeder, konnte sehen, dass ich genau das nicht gemacht hatte. Ich habe niemanden verletzt und auch niemanden dazu animiert.“ Doch genau das warf ihm die Staatsanwaltschaft nun plötzlich vor. Für Laien mag das nur ein juristisches Detail sein, welches am Strafmaß nichts ändert. Doch durch den Tatbestand der Körperverletzungen könnten nun zivilrechtliche Forderungen der Geschädigten folgen (…)
Bereits heute, also ohne Einspruch gegen das Urteil, sind bei Lehmi Anwaltskosten in Höhe von ca. 14.000 € zusammengekommen. Hinzu kommt die Geldstrafe in Höhe von 10.000 €, die in seinem Fall pauschal festgelegt wurde und sich nicht an Tagessätzen und Einkommen orientiert. Lehmi trägt damit bereits jetzt die höchsten Kosten des Verfahrens aller Personen. Nur den Verein Forza Dynamo e.V., welcher die Choreos der Fanszene finanziert, hat es mit 50.000 € noch härter erwischt (…)
Lehmi möchte den Kopf jedenfalls nicht in den Sand stecken und weiter kämpfen. Es geht jetzt für ihn darum, dass möglichst alle ohne größeren finanziellen Schaden aus der Sache herauskommen. “Wenn wir das als Sportgemeinschaft irgendwie schaffen, zeigen wir, dass wir hier in Dresden eben doch noch ein bisschen anders sind. Das wäre ein ganz starkes Zeichen.“
(K-Block Dynamo @ Twitter, 11. Oktober 2019 – Screenshot O.M.)
***
“(…) Dass der Verband all seine Anwälte einschaltete, ist verständlich. Allerdings ist es schon ein Hammer, dass drei Mit-Organisatoren der ’Football Army Dynamo’ auch wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung verurteilt wurden. Jeder, der sich die kursierenden Videos anschaute, durfte sehen, dass der ehemalige Capo Lehmi vom vorweg fahrenden Trabbi keineswegs irgendwelche Gegenstände warf oder die Masse hinter sich zu etwaigen Straftaten anheizte.
Das Urteil öffnet weitere Türen, denn solch eine ’gemeinschaftliche Körperverletzung’ könnte in Zukunft manch einen Vorsänger, Capo oder Trommler treffen, wenn aus einem Fanmarsch heraus Gegenstände auf Ordner und Polizisten geworfen werden. Sind die einzelnen Täter nicht auszumachen, sind halt die Führungskräfte der jeweiligen Fanszene dran. Dass im Fall der Dresdner nicht in Berufung gegangen wird, ist verständlich. Das Risiko, auch in weiterer Instanz zu verlieren und sich dann komplett zu verschulden, ist schlichtweg zu hoch. Die angehäufte Summe ist jetzt bereits beachtlich, und es können noch weitere Strafen hinzu kommen (…)
Nun sind nicht nur alle Anhänger der SG Dynamo Dresden, sondern sämtliche Fußballfans gefragt. Haut jeder, der etwas von aktiver Fankultur hält, einen Fünfer in die Kasse, sind die Betroffenen eine Menge Sorgen los. Es seien ja nur Sachsen und diese interessieren einen nicht? Sollen die ihre eigene Suppe auslöffeln. Jedem seine Meinung. Meine ist dies nicht! (…)
Der Marsch in Karlsruhe (nicht jeder musste solch einen martialischen Auftritt dufte finden) hatte auf jeden Fall etwas Gutes. Er stieß in Deutschland eine Welle des Protests an. Der Protest in den Fankurven wurde immer lauter, immer intensiver. Dieser Protest konnte einfach nicht mehr ignoriert werden. Es bewegte sich was, wenngleich auch nur ein bisschen. Das Zeichen in Richtung DFL und DFB war eindeutig: Überspannt nicht den Bogen, überdreht nicht die Schraube! Noch haben die Fanszenen genügend Power, um eine kraftvolle Protestbewegung auf die Beine zu stellen (…)
Was jeder nun tun kann? Eine Summe X an das Solidaritätskomitee Dynamo (Soko Dynamo) spenden. Jeder Euro kann helfen (…)“
Strafbefehle nach Ermittlungen gegen Dynamo-Fans – SGD setzt Zusammenarbeit mit “Solidaritätskomitee Dynamo“ fort (500 Internal Server Error) @ dynamo-dresden.de [5. Oktober 2019]
***
“58 Betroffene – Gemeint sind alle“ … und der Trabant.
(K-Block Dynamo @ Twitter, 7. Oktober 2019 – Screenshot O.M.)
… zurück geschossen? Lediglich verbal. Natürlich. Ja. Vorerst. Was sonst?
Einst in Sachsen-Anhalt hieß es “Oppa, hol’ die Flaggen vom Boden …“ Ist ja bundeslandlich nur ein kleiner politischgeografischer Sprung. Auch nach Brandenburg gleich rechts nebenan und dabei.
(Twitter, 30. August 2019 – Screenshot: O.M.)
Und Sachsen. Heimat?
In diesem Bundesland waren besagte Flaggen wohl weniger oder mehr nie so richtig nur auf dem Oberboden oder im Keller versteckt, sächsischdeutschnational besonders öffentlich einprägsam. Wie allerdings – mit leicht anderem Akzent – anderswo bundesrepublikanisch ebenso.
Ich war mir so sicher und mein Freund, du warst es auch, dass der Geist von damals nie wiederkehrt. Wir lagen falsch, mein Freund, wir waren zu dumm. Ein faules Volk wie dieses hat sich noch nie gewehrt …
(“Tanzt du noch einmal mit mir?“, Broilers, 2014).
Kurz vor 18 Uhr am 1. September 2019 setzte übrigens leichter Regen ein, durchaus wahrnehmbar für jene, die – wo auch immer – auf ihre Heimat schauten.
Was bleibt? Was kommt?
(Screenshot: O.M.)
Die Menschen hatten ihre Wahl …
(Die PARTEI Dresden @ Twitter, 17. August 2019 – Faksimile: O.M.)
Ach, Bayrischer Rundfunk (BR), so geht das ja nun auch nicht. Auf der einen Seite klagen öffentlich-rechtliche TV-Medien über Zuschauerrückgänge in Größenordnungen. Auf der anderen Seite aber werden Menschengruppen – wie kürzlich durch den BR selbst – vom Genuss eines wie auch immer gearteten Bildungsfernsehens quasi regelrecht ferngehalten.
Oder besser treffend gefragt –
(Twitter, 22. August 2019, 19:58 Uhr – Screenshot: O.M.)
Der 12. August 1989 war ein Sonnabend, ostdeutschsprachlich ausgedrückt. Und an diesem Tag wurde auch Fußball gespielt, nicht nur in der DDR, ja.
Diesjährig fällt der 12. August – wie nun einige denken könnten – nicht auf einen Samstag, gesamtdeutschsprachlich formuliert, sondern ist montäglich terminiert. An diesem Tag wird auch wiederum rasenfußballerischer Sport betrieben werden, irgendwo, nicht nur in der Bundesrepublik, ja.
Soweit so eindeutig.
Der MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) ist – mit seiner eigenen Geschichte – eng mit der Zeitgeschichte verbunden. Und immer für Geschichten gut, auch rasenfußballjournalistisch. Nicht nur rückblickend, sondern in die Zukunft schauend, irgendwie jedenfalls. Beispielsweise aktuell auf den 12. August dieses Jahres …
(“Der MDR denkt schon voraus …“, ’brauninho’ @ Twitter, 4. August 2019, 13:06 Uhr – Screenshot: O.M.)
Andere reden nur von einer, wie auch immer gearteten, Reform in den unteren Ligen des Fußballs. Aber der Mitteldeutsche Rundfunk vollzieht sie. Chapeau!
Der 12. August 2019 dürfte durchaus interessant werden, jedenfalls auf den entsprechenden Teletext-Seiten des MDR. Es stehen augenscheinlich spannungsgeladene fußballerische Ost-Derbys an, zudem mit einem gewissen Fan-Potential. Aber der Mitteldeutsche Rundfunk hat da ja ein Auge darauf, immer schon.
Nichts ist, wie es scheint?
Oder sind die am 4. August dieses Jahres beim MDR postulierten Ansetzungen der DDR-Oberliga für den 12. August nur mausgerutscht aus dem Archiv hervorgetaumelt, anyway – passiert den Besten mal. Denn nachweislich wurde ja am 12. August 1989 irgendwo auch Fußball gespielt …
(fussballdaten.de – Screenshot: O.M.)
Mitteldeutscher Rundfunk, übernehmen Sie?
ElbsandsteinPolemik
Hinweispflicht zu Cookies
Webseitenbetreiber müssen, um Ihre Webseiten DSGVO konform zu publizieren, ihre Besucher auf die Verwendung von Cookies hinweisen und darüber informieren, dass bei weiterem Besuch der Webseite von der Einwilligung des Nutzers
in die Verwendung von Cookies ausgegangen wird.
Der eingeblendete Hinweis Banner dient dieser Informationspflicht.
Sie können das Setzen von Cookies in Ihren Browser Einstellungen allgemein oder für bestimmte Webseiten verhindern.
Eine Anleitung zum Blockieren von Cookies finden Sie
hier.