Mit Verlaub, Dresdner MoPo …

… manche Aufmacher reißen aber auch auf. Titelseitig. Im Innenteil dann erst recht. Zweiseitig versprochen. Und fast erfüllt. So arschlochmäßig.

mopo_23_06_16
(Titelseite Dresdner Morgenpost, 23. Juni 2016, Ausschnitt – O.M.)

Und bloß, weil der Landtagsabgeordnete Sebastian Scheel (DIE LINKE) im Parlament zu Sachsen sprachzitierte. Sogar mit Ankündigung vorab, wie berichtet wird. Ganz linkisch revolutionär also. Zitiert ward auch zu Ohren des Landtagspräsidenten Matthias Rößler (CDU). Der jetzt selbstbezogen beleidigt spielt. Irgendwie. Ohne Ankündigung. Quasi nicht undogmatisch. Konterrevolutionär?

Wobei sich ein gewisser Joseph Maria Fischer damals im Oktober 1984 – der Farbbeutel inmitten die olivgrüne Gesinnung traf ja erst Jahre später – fast umgehend opportunistisch entschuldigt hat. Einen Tag später. Nicht mehr ganz so plakativ öffentlichkeitsheischend allerdings. Nachdem eben jener – “Mit Verlaub“ – den Bundestagsvizepräsidenten Richard Stücklen (CSU) ein “Arschloch“ hieß. Sprachrevolution für 24 Stunden. Damals. 1984. Frei nach George Orwell? Nie aus dem Gedächtnis der Geschichte gelöscht.

Wenn sich nun Sebastian Scheel mehr oder weniger flugstig – nicht mehr ganz so plakativ öffentlichkeitsheischend – bei Matthias Rößler entschuldigt, wiederholt sich dann Geschichte? Und welche Arschloch-Titelseite spielt dann wohl die Melodei dazu? Ist die morgenpostliche Welt doch noch nicht verloren? Darf die sächsische Menscheit hoffen? Oder bahnt sich etwa politisch eine vorrevolutionäre Situation an? ’Arsch huh, Zäng ussenander’ auf sächsisch? Fragen über Fragen …

Post Scriptum: Mit Verlaub, wer ist eigentlich dieser verniedlichend geheißene Joschka Fischer?

***

– Nachschiebsel vom 24. Juni –

Einen Tag später entschuldigt sich Sebastian Scheel für sein in den landesparlamentarischen Raum gewissermaßen unpersonifiziert dahingesagtes Fischer-Arschloch-Zitat zwar nicht, erklärt aber medienseitig: “Das war eine politische Guerilla-Tat“. Da hat wohl jemand die “Episoden aus dem Revolutionskrieg“ von Ernesto Che Guevara gelesen. Und so gar nicht verstanden.

– Nachschiebsel vom 25. Juni –

“(…) Die erbosten Fraktionskollegen von CDU-Mann Rößler – oder von Matthias Erdogan, wie ihn viele Nicht-Freunde angesichts eines oft überpräsidialen Gehabes gern nennen – fordern nun ein hartes Exempel. Frei nach dem Motto: Wer unseren Präsidenten beleidigt, beleidigt das ganze Universum, mindestens. Mit konkreten Sanktionen tut man sich aber vorerst schwer. Denn leider ist es immer noch keine Straftat, Herrn Rößler auch nur mal kurz schief anzuschauen (…) Scheel selber hatte ein Einsehen und gab schnell nach. In einem Radiointerview kurz nach Beginn der Affäre bezeichnete er Matthias Erdo… äh.. Rößler ultimativ und mehrfach als ’Seine Heiligkeit’. Es geht also. Warum nicht gleich so?“ [Gunnar Saft, Kolumne “Sächsisch betrachtet“, Sächsische Zeitung, 25. Juni 2016]

MedienScreen # 112 [Fußball-Latein aus der Black Box]

[Fundstück] Tobias Nordmann, “’Box, Box, Box, Box, Box, Box’ – Strafraum, Freunde, es heißt Strafraum!“, n-tv.de, 19. Juni 2016 –

(…) die Trainer und ihre Ideen taugen immer mehr zum Aha-Erlebnis. Obwohl wir sie kaum mehr verstehen. Sie, die eigentlich das gleiche wollen wie wir früher: Tore schießen, Tore verhindern. Sie sprechen mittlerweile von der flachen Vier, von der hängenden Neun, der falschen Neun, der richtigen Neun, vom Raum deuten – und sie sprechen jetzt, seit ein paar Wochen, immer öfter von der Box.

Freunde, macht was ihr wollt, tikitackert, taktiert und internationalisiert euch durch die Fußball-Welt, verkompliziert den Fußball bis es nicht mehr geht. Geschenkt. Aber tut uns einen Gefallen und sprecht bitte nicht mehr von der Box. Es heißt STRAFRAUM!

Faust des Ostens – to stand by?

Was hat der Monat August von vor drei Jahren mit aktuellen Ereignissen rund um die UEFA EURO 2016 (No signs before the time?) zu tun? Und Lille mit Dresden? Nichts. Richtig. Jedenfalls vordergründig.

Am 22. August 2013 teilte die Dresdner Staatsanwaltschaft offiziell mit, dass gegen fünf mutmaßliche Anführer der als kriminell eingestuften Fangruppe Faust des Ostens (FdO) aus dem Umfeld von Dynamo Dresden Anklage erhoben worden ist.

Die Bilder vom 12. Juni 2016 aus Lille sind allseits bekannt. Bis hin zu Berichterstattungen, denen allein der Terminus ’Osten’ wichtig schien. Egal ob herbeizitiert faustisch oder geografisch simpel in Zusammenhänge geschrieben.

google_news_bento_12_06_16
(Screenshot Google News – O.M.)

Wieder da? Die Faust des Ostens? Quasi auferstanden aus Ruinen?

“Sollte tatsächlich ein Faust-des-Ostens-Mitglied an den Krawallen beteiligt gewesen sein, so muss auch Sachsens Verfassungsschutz seinen Kenntnisstand überarbeiten. In Bericht 2015 wird die Gruppierung zwar als rechtsextremistisch eingeschätzt, allerdings heißt es dort weiter: Diese Fußballfanvereinigung ’trat nicht mehr mit eigenen Aktivitäten in der Öffentlichkeit in Erscheinung’. Ihre Mitglieder stünden aber weiterhin ’als Mobilisierungspotenzial für andere rechtsextremistische Aktivitäten zur Verfügung’“ (Sächsische Zeitung, 14. Juni).

Überraschung? Im Laufe der Geschichte?

“Das Landgericht Dresden hat es allerdings auch nach fast drei Jahren noch nicht geschafft, über die Eröffnung des Verfahrens [gegen die fünf mutmaßlichen FdO-Führungskader] zu entscheiden. Insgesamt ermittelte die Polizei im März 2016 gegen zwölf Mitglieder der Gruppe in insgesamt 15 Verfahren“ (a.a.O.).

Apropos (Selbst)Lauf der Geschichte: Zwischenzeitlich berichtete im Januar 2013 übrigens SPIEGEL ONLINE, dass in Dresden “mehrere Mitglieder der vermeintlich rechtsgerichteten ’Faust des Ostens’ über Monate mit der Polizei zusammengearbeitet haben“ sollen.

fdo_alttolkewitz_6_15
(Dresden, Frühjahr 2015 – Foto: O.M.)

Aber das wäre dann schon wieder eine andere Geschichte. Vielleicht. Wer weiß …