[Fundstück] Jörg Kachelmann, interviewt in Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 15. Juni 2023 –
(…) Das ganze Land ist auf Irrationalität aufgebaut. Systematisch. Der naturwissenschaftliche Konsens, den es noch in den Siebzigern gab, wurde durch Ranwanzen an den Schwurbelanteil der Bevölkerung untergraben. Impfangst, 5G, Chemtrails, Antisemitismus (…) Ich bin nicht optimistisch für die Zukunft. In Deutschland ist jeder Wahnsinn legitim. Die AfD steht nahe 20 Prozent.
[Fundstück] “Riesenehre für PPQ-Aushängeschild: Trostpreis für Pittiplatsch“, politplatschquatsch.com, 25. April 2023 –
Noch ein rauschendes Fest, noch eine Zusammenkunft gesellschaftlicher Creme. Und mitten unter den überwiegend westdeutschen Fernsehmachern ein kleiner, verwachsener Ostdeutscher, älter sogar als die alten weißen Männer, die beim Grimme-Preis traditionell den Ton angeben. Aber es ist wahr: Angeheizt durch die aktuelle Diskussion um die immer noch mangelhafte Integration ehemaliger Ostdeutscher in die demokratische Gesellschaft der schon viel länger hier Lebenden hat die Grimme-Jury ein Zeichen gesetzt und die traditionelle Sendereihe “Sandmännchen“ ausgezeichnet.
Unter den Preisträgern in der Kategorie “Transkulturelle Serienproduktion“ fand sich damit auch Pittiplatsch, von seinen Anhängern “der Liebe“ genannt – eine Ikone des zivilgesellschaftlichen Widerstandes in der ehemaligen Ex-DDR, die sich trotz ihrer Tätigkeit direkt unter den Augen der Machthaber niemals angepasst hatte und dafür so manche bittere Rechnung bezahlen musste. Mittlerweile gehört der frischgebackene Grimme-Preisträger zwar zum umstrittenen ARD-Establishment. Dazu hatten die Verantwortlichen den Original-Pitti allerdings erst einem sogenannten großen Austausch unterziehen müssen.
Der kleine schwarze Kobold, der jetzt den Ritterschlag des deutschen Fernsehens empfing, ist also keineswegs identisch mit dem wilden rebellischen Kerl, der unter Ulbricht und Honecker Millionen Kinder mit antiautoritären und obrigkeitsfeindlichen Ideen infizierte. Und doch war der Kerl, der seinen Namen nach Stefan Schwarz’ vielbeachteter Monografie “Soziologie des DDR-Abendgrußes“ mutmaßlich einer Herkunft aus dem Niger oder dem Kongo verdankt, weil sich sein Name vom suahelischen Wort “Pitia“ wie “Vorbeikommen“ ableitet, das bemerkenswerteste Ereignis auf dem diesjährigen Klassentreffen der Feierbiester aus den vielen, vielen Fernsehsender. Bei der Gala zur Preisverleihung heimste Pitti im Marler Stadttheater den größten Applaus ein, als sein Name auf der Bühne verkündet wurde, gab es rundherum strahlende Gesichter und die in der Branche beliebten High-five-Abklatscher.
Die dunkle Seite der durchaus auch immer politischen Auszeichnung: Während selbst progressive Blätter die Ehrung der saftigen Satiresendungen (…) zumindest auf ihren hinteren Seiten zur Kenntnis nahmen (…), gingen Sandmann und mit ihm auch Pittiplatsch bei der Generierung öffentlicher Aufmerksamkeit durch die Verteilung von inzwischen gleich 16 undotierten, aber heiß begehrten TV-Preisen leer aus. Ihrer Protokollpflicht kamen allenfalls ostdeutsche Sender mit schlechtem Ruf [nach].
Die Hauptnachrichtensendung “Tagesschau“ sah ihre Berichterstattungspflicht von der Premiere der Verleihung des Preises an eine ostdeutsche Puppe offenbar als erfüllt an, weil vor einem Monat über die Entscheidung der Jury berichtet worden war. Vom “ausgezeichneten Preisjahrgang“, wie ihn die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, schwärmerisch genannt hatte, blieb so ein schaler Nachgeschmack. Einmal mehr richtete die westdeutsche TV-Gesellschaft die Scheinwerfer auf sich selbst (…)
(…) Pitti aber, der sich nicht nur als erster Schwarzer Mann im fremdenfeindlichen Klima des ostdeutschen Sozialismus behauptet hatte, sondern wie das Ampelmännchen auch nach 1990 auf dem Bildschirm präsent blieb, fiel unter den Tisch (…)
[Fundstück] Frank Graf, “Der grüne Schindergarten“, konkret, 3/2023 –
[…] Im Gefolge der “Wende“ getauften ostdeutschen Landnahme durch westdeutsches Kapital in den Jahren 1990 ff. gelang es den Grünen, sich parteiintern zu konsolidieren und die linken und pazifistischen Elemente auszusondern, die für den angestrebten Aufstieg in die politischen und gesellschaftlichen Schaltstellen ungeeignet waren. Mit dem Eintritt in die sozialdemokratisch geführte Regierung Schröder 1998 absolvierten die Grünen eine Art Initiationsritus, durch den sie Aufnahme fanden in den Kreis der satisfaktions-, weil kriegsfähigen Parteien – frei nach Johannes Mario Simmel: Mit den Grünen kamen die Bomben (über Belgrad) […]
Notabene – Der Zitator [OM] ist, als damals amtierender Stadtrat in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sowie Regionalbüroleiter einer Bundestagsabgeordneten, – einen Tag nach dem Bielefelder ’Kriegsparteitag’ 1999 – einst aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.
ElbsandsteinPolemik
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