Archiv der Kategorie: Hooltras

Der Aufstand? Saisonrückblick 2016/17 von Blickfang Ultra.

Vor zwei Jahren fast noch ’sterbender Schwan’. Im vorigen Jahr dann ’Phönix aus der Asche’. Nun die siebte Ausgabe eines BFU-Saisonrückblicks. Und diese – jedenfalls erinnerlich – so zeitlich nah zur Vorsaison wie wohl nie zuvor. Chapeau für jemanden, der im fast zeitgleich erschienenen BFU-Stammheft schreibt –

“… So gefestigt wie viele Ultragruppen oder Kurven heute sein mögen, so langweilig kommen sie mir auch vor … (Mirko Otto, ’Salut!’ in Blickfang Ultra # 41).

Mitnichten langweilig betrachtet sich allerdings das 2016/17’er BFU-Saisonheft. Mit darin 33 vertretenen Ultra-Gruppierungen. Wie mittlerweile gehabt wieder im A4-Format. Liebevoll und fast perfekt layoutet. 296 Seiten stark. Solch Brett will erst einmal gestemmt sein …

Viele Bilder. Weniger oder mehr umfangreiche Texte. Lesen bildet. Und alles sollte gelesen werden. Schließlich sind es unwiderrufliche Dokumente der Zeitgeschichte. So wie auch das Coverbild –

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“… Ganz klar, dünnes Eis und extrem diskussionswürdig. Also geil?! Ich meine ja. Es war – denke ich – zum Ende hin das bestimmende Thema und wird uns wie ich vermute auch noch weiterhin verfolgen. Dass die Neutralität im Foto nicht gegeben ist, wissen wir … Sollte es da draußen wirklich jemanden geben, der sich nicht damit identifizieren kann, sollte derjenige dennoch versuchen milde drüber hinwegzuschauen …“ (Mirko Otto, ’Hallo’, BFU-Saisonrückblick 2016/17).

Was kommt? Ungewiss. Was bleibt? Dieses Heft. Und alle davor.

Und was bliebe vielleicht noch sagen zu lassen?

“… Na gut, muss für dieses Jahr reichen. Den Pulitzerpreis werd ich wohl … nicht einheimsen und das Gespött sämtlicher progressiver Ultras auf mich ziehen. Aber keine Angst, wer Sehnsucht nach meinen Spitzen, Kommentaren und Rundumschlägen hat, besorgt sich einfach im September das neue BFU. (Ja, es geht weiter, zumindest vorerst.) Bis dahin nun viel Spaß mit dem Schinken“ (Mirko Otto, ’Hallo’, BFU-Saisonrückblick 2016/17).

Bei einer Händlerin/einem Händler des eigenen Vertrauens ist Blickfang Ultra Saisonrückblick 2016/17 garantiert noch vorrätig.

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Breaking News? DFB. Ultras. Fragen BILDet?

Die Ticker rauschen im Blätterwald. “DFB und Politik forcieren Dialog mit Ultras“ (n-tv.de, 16. August). “Keine Geisterspiele – aber Pyro?“, steht da eben auf einmal im Raum.

“Der DFB empfiehlt seinem Kontrollausschuss, bis auf Weiteres darauf zu verzichten, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist … Der Fußball in Deutschland steht auch für Stehplätze, faire Eintrittspreise und die 50+1-Regel. Der DFB meint es mit dem Angebot zum Dialog ernst“, wird aktuell Reinhard Grindel, DFB-Präsident, medienseitig zitiert.

Dialog? War da nicht schon mal was? Lange her? Alles neu? Fragen dürfen wird man ja wohl noch mal.

Apropos Fragen. Selbige hatte – fast zeitgleich, aber nur fast – auch die von Kommissar Stoever oft gelobte “BLÖD-Zeitung“ an die Fußball-Fanszene. Oder Ultras. Oder Hooligans. Oder so. Jedenfalls investigativ. Irgendwie so …

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(Screenshot ultras-dynamo.de: O.M.)

“… Das Ziel des DFB ist ganz eindeutig, die Fans zu spalten. Dafür hat man mit der BILD einen langjährigen Partner in die Spur geschickt, um nun die Stimmung anzuheizen. Die tendenziöse Fragestellung der vorliegenden Anfrage belegt das. Aktive Fans sind von Grund auf Böse und die Vereine sollen sich dazu äußern. Ganz bewusst wird im selben Fragenkatalog auch speziell auf Hooligans eingegangen, die für sich im aktuellen Konflikt mit dem DFB keine Rolle einnehmen. Man kann nur vermuten, dass der Autor im fertigen Bericht hier erneut die Begriffe Ultras und Hooligans vermengt, um negative Assoziationen zu wecken. Für die Beschreibung der positiven Seiten einer lebendigen Fankultur ist kein Platz vorgesehen. Welche Ziele die Fans mit dem Protest gegen den DFB verfolgen, wird kaum Beachtung geschenkt. Das ist uninteressant, weil es nicht ins Bild passt. Es geht nicht um eine neutrale Wiedergabe der aktuellen Zustände, es geht einzig und allein um die Agenda des DFB …“ (’Hallo, hier ist die BILD, wir hätten mal ein paar Fragen …’ – Ultras Dynamo, 12. August).

Fragen über Fragen. Und damit sind nicht unbedingt die der “BLÖD-Zeitung“ gemeint …

Dynamo Dresden – Football Army?

Sonntag, 14. Mai 2017. Saisonal 33. Spieltag in der zweiten fußballerischen Liga. Die Bilder rund um die Begegnung zwischen Karlsruher SC und Dynamo Dresden (3:4) sind allseits gepostet.

[Football TV, YouTube.com, 14. Mai 2017]

Überraschung?

“… Der politische Klassenkampf im deutschen Fußball wurde zuletzt durch den DFL-Boss Seifert via ’Kriegserklärung’ eingeleitet und eine Eskalation der angespannten Situation offensichtlich gezielt in Kauf genommen …“ [Ostfussball.com, 15. Mai].

“Worte wie ’Krieg’ haben auf dem Fußballplatz nichts verloren“ (Michael Born, Kaufmännischer Geschäftsführer Dynamo Dresden) [radiodresden.de, 15. Mai].

“… Die ’Football Army Dynamo Dresden’ hat sich einen starken Gegner ausgesucht …“ [DFB versteht Dynamo-Aufmarsch als Kriegserklärung, welt.de, 15. Mai].

“… Wie der DFB … reagiert, bleibt noch abzuwarten …“ [regenbogen.de, 15. Mai].

Quo vadis, RasenBallsport?

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“… Anlässlich des Zweitligaspiels von Dynamo Dresden beim Karlsruher SC wurden 15 Polizeibeamte und 21 Ordner verletzt. Auf Nachfrage … erklärte die Polizei Karlsruhe nun, dass keiner der Beamten schwer verletzt oder stationär im Krankenhaus behandelt werden musste.

Bei den 15 verletzten Polizeibeamten handelte es sich demnach durchweg um Knalltraumata, die durch zahlreiche Böller ausgelöst wurden, die von Dynamo Fans geworfen worden sein sollen. Schwindel und Gleichgewichtsstörungen können Symptome eines solchen Knalltraumas sein. Laut aktuellen Informationen des Pressesprechers der Polizei Karlsruhe, Martin Plate, liegen bisher jedoch keinerlei Krankmeldungen von Polizeibeamten wegen der Vorfälle beim Gastspiel von Dynamo Dresden in Karlsruhe vor. Einzelne Beamte hätten sich ärztlich behandeln lassen, seien aber dienstfähig geblieben. Die Verletzungen zogen sich alle der 15 Polizisten laut Polizeiangaben auf dem Fanmarsch oder am Eingangsbereich zum Gästeblock zu …

Die schwerste Verletzung des Spieltags hat sich hingegen ein Polizeibeamter zugezogen, der nach dem Spiel beim Verladen eines Polizeipferdes von dem Tier angegangen und am Kopf verletzt wurde. Dies erklärte Pressesprecher Plate … An diesem Vorfall war kein Fußballfan beteiligt …“  [faszination-fankurve.de, 17. Mai 2017].

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[“Kriegserklärung der Dynamo-Ultras“ – muss der Rechtsstaat reagieren? | Rechtsanwalt Frank Hannig | YouTube.com, 17. Mai 2017]

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  • Ultras Dynamo nehmen zu Auftritt in Karlsruhe Stellung [faszination-fankurve.de, 18. Mai 2017]

MedienScreen # 161 [Faust des Ostens. Liest Christoph Ruf den SPIEGEL nicht?]

[Fundstück] Christoph Ruf, “Dynamo-Fans kämpfen gegen schlechtes Image“, Stuttgarter Nachrichten Online, 29. März 2017 –

(…) “Dynamo hat eine der größten und vitalsten Fanszenen in Deutschland. Da kann es bei einzelnen Spielen immer mal zu unschönen Vorfällen kommen“, sagt Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle der Fanprojekte in Frankfurt. “Das verbreitete Klischee, die Dynamo-Fans seien in der Mehrzahl gewalttätig und rechts, trifft aber schon lange nicht mehr zu.“

Immer noch kommen allerdings viele kampfsportgestählte Männer zu den Spielen, die politisch der Pegida-Bewegung näherstehen als dem demokratischen Spektrum. Doch im Gegensatz zu den 1990er Jahren, als rassistische Rufe noch an der Tagesordnung waren, bleiben die heute aus. Nicht nur, weil der Verein seit Jahren viel deutlicher Position bezieht als früher. Nicht nur, weil auch in Dresden die Mehrheit der Stadionbesucher findet, dass “Rassismus kein Fangesang“ ist, wie auf der Anzeigetafel steht. Sondern vor allem, weil die enorm große Ultraszene des Vereins sich als “unpolitisch“ erklärt. Der Begriff ist umstritten, im Kurven-Alltag aber bedeutet er, dass jeder Fan, der sich politisch äußert, gegen den Minimalkonsens verstößt – egal, ob er als Privatperson rechts oder links tickt. Das “Keine Politik im Stadion“-Dogma führte auch dazu, dass der rechtsextreme Schlägertrupp “Faust des Ostens“ aus dem Stadion komplimentiert wurde, die Linie schränkt aber auch Fans ein, die sich offensiver gegen rechts positionieren wollen (…)

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Im RückSPIEGEL: Faust des Ostens


“Eine sächsische Hooligangruppe terrorisiert Ausländer und Fußballfans“, teasert DER SPIEGEL inter alia in seiner Ausgabe vom 25. Februar dieses Jahres und blickt ganzseitig – mit großformatiger Bebilderung – auf die Faust des Ostens (FdO).

“Sie sahen sich als ‘disziplinierter Haufen von 50 Mann, der nicht besoffen, sondern motiviert die Bullen wegknallt’”, zitiert DER SPIEGEL eine ungenannte Quelle.

Aktuell erfährt die geneigte Leserin und der geneigte Leser im SPIEGEL-Artikel “Explosive Mischung“ so einiges. Neues?

Beispielsweise das kolportierte Gründungsdatum der FdO, den 20. April 2010 [MeyView.com, 23. August 2013].

Oder über die “Ausschreitungen im linken Leipziger Stadtteil Connewitz Anfang 2016“ (DER SPIEGEL) unter FdO-Beteiligung [MeyView.com, 15. Februar 2016].

Auch, dass die FdO während der EURO 2016 im französischen Lille – wie es DER SPIEGEL formuliert – Spuren hinterlässt [MeyView.com, 19. Juni 2016].

Ebenso vom SPIEGEL gestreift wird unter anderem die 2015’er Randale von Heidenau [MeyView.com, 30. August 2015].

“Seit nunmehr sieben Jahren verfolgen sächsische Ermittler die Umtriebe der rechtsextremen Gruppe. Bereits im Juli 2013 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen mutmaßlich führende Köpfe, unter anderem wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Doch ein Prozessbeginn ist bis heute nicht angesetzt“, weiß DER SPIEGEL [MeyView.com, 15. Februar 2016].

Soviel nachrichtenmagazinliche Aktualität ist beileibe nicht immer gegeben.

“Hintergrundartikel haben das ganz wörtliche Ziel, über Hintergründe zu informieren. Meistens haben Hintergrundartikel durchaus einen aktuellen Anlass, versuchen aber ein Gesamtbild zu zeichnen, in das man den tagesaktuellen Aufhänger einordnen kann“ (Deutscher Medienverband).

Nun tagträumt MeyView.com mitnichten in der kühlen Märzensonne, Steffen Winter vom SPIEGEL – für besagten Artikel verantwortlich zeichnend – wäre bei seinen Gesamtbildrecherchen auf das kleine ElbsandsteinPolemik-Blog gestoßen und hätte herumgestöbert. Oder etwa gelesen. Beispielsweise über das “Verbot der Gruppe Faust des Ostens durch Ultras Dynamo“ im Rudolf-Harbig-Stadion (RHS) [MeyView.com, 10. Oktober 2012] beziehungsweise den Dresdner “szeneinternen Reinigungsprozess“ [MeyView.com, 18. November 2012].

“FdO-Hooligans im Fanblock von Dynamo Dresden“, ist unter der Bebilderung im aktuellen SPIEGEL zu lesen. Undatiert. Im Artikel unreflektiert. Quasi wie mit der Tastatur in Stein gemeißelt.

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(Dresden, unweit des RHS, Februar 2011 – Foto: O.M.)