Archiv der Kategorie: ReftLight

Tönende Stille im Motorradclub

Leipzig. In der Nacht zum 9. August beendeten Polizeikräfte im Domizil des in der Stadt ansässigen Steelwings MC ein Konzert der rechtsextremen Szene.

So hatten sich ab den Abendstunden des 8. August im Leipziger Stadtteil Lindenau rund 80 Personen mit augenscheinlich einschlägigem Szene-Bezug eingefunden, um den Klängen von Short Cropped (Belgien) und Kampfzone (Deutschland) lauschen zu können. Offenbar überließ dafür der Steelwings MC Leipzig seine Räumlichkeiten den Rechtsextremisten.

Ermittlungshinweise führten im Laufe der Abend- und Nachtstunden zur Sicherung des Motorradclubs durch ein Großaufgebot der Polizei und zur Auflösung der Veranstaltung.

Alle Personen wurden einer Personenkontrolle unterzogen und identifiziert, teilte die Polizeidirektion Leipzig mit. Zu Widerstandshandlungen oder anderen Straftaten sei es während der Konzertauflösung nicht gekommen.

Unterdessen verlautbarten die Steelwings auf ihrer Homepage, dass in der besagten Nacht auf ihrem Club-Gelände eine von ihnen gestattete private Geburtstagsfeier stattfinden sollte. Leider sei im Vorfeld der Fehler gemacht worden, “nicht in der Tiefe zu hinterfragen, wer denn auf der Gästeliste stehen würde“. Der Steelwings MC Leipzig distanzierte sich gleichzeitig “ausdrücklich von jedwedem extremen Gedankengut“ und erklärte: “Wir sind kein von politischen Motiven getriebener Club und noch weniger stehen wir der ’Rechten Szene’ nahe.“

[Dieser Artikel wurde am 10. August 2009 bei redok veröffentlicht.]

Keine VIP-Lounge für die NPD

Dresden. Der in der 3. Liga spielberechtigte Fußball-Verein Dynamo korrigiert umgehend das VIP-Karten-Angebot seines Sportrechtevermarkters an den Deutsche-Stimme-Verlag.

Die offensichtliche Genugtuung darüber, dass “der groteske Kampf gegen Rechts ad acta gelegt und Normalität im Umgang mit der NPD“ einziehen würde, quoll noch vor wenigen Stunden quasi aus jeder Zeile einer Pressemitteilung der NPD. Vorausgegangen war dem ein Schreiben an den NPD-Verlag Deutsche Stimme in Riesa, in welchem durch den Sportrechtevermarkter der SG Dynamo Dresden (SGD), Sportfive, “der Deutschen Stimme für die Saison 2009/2010 VIP-Karten angeboten“ worden waren.

(Schnappschuss im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion, 2007 – Foto: O.M.)

Innerhalb kurzer Zeit dürfte allerdings die klammheimliche Freude der sächsischen Rechtsextremisten über ihren vermeintlichen VIP-Status im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion wieder verflogen sein. Die Pressestelle der SGD verlautbarte, für den Vermarkter Sportfive habe ein externer Dienstleister 18.000 Adressen ausgewählt und diese angeschrieben. Innerhalb der Aussendung für die Werbekampagne zur Vermarktung des neuen Dresdner Fußballstadions sei dabei, sachsenunkundig oder unsensibel sei dahin gestellt, das Anschreiben an den Deutsche-Stimme-Verlag “offenbar durchgerutscht“.

Gegenüber SPIEGEL-Online erklärte Peter Tauber, Pressesprecher der SGD: “Glauben Sie mir, wenn es die letzten vier Logen wären und die uns den 40-fachen Preis zahlen – wir würden an diese Leute keine Plätze verkaufen.“

Noch vor einigen Jahren gab es aus der damaligen Führungsetage des Dresdner Fußball-Vereins nicht so deutliche Worte – beispielsweise als Anfang August 1998 beim Spiel gegen VFC Plauen im Rudolf-Harbig-Stadion das Transparent “NPD Sächsische Schweiz grüßt Dynamo Dresden“ gehisst und nur wenige Tage später beim Spiel gegen den Dresdner SC im Stadiongelände dieses Plakat erneut zu sehen war und zudem ungehindert rechtsextremistische und antisemitische Wahlwerbung betrieben werden konnte (Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, 20. August 1998; DER SPIEGEL, 24. August 1998).

“Dynamo ist unpolitisch. Dennoch gibt es ein klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus“, zitiert die Sächsische Zeitung im aktuellen Zusammenhang den SGD-Pressesprecher. Die Saison 2009/2010 beginnt für die 3. Liga in wenigen Wochen – in Dresden ohne Rechtsextremisten, jedenfalls im VIP-Bereich. Seliges Forza Dynamo also allenthalben?

Unterdessen betont der Dynamo-Vermarkter Sportfive bezüglich des Fauxpas beim Versand der VIP-Angebote: “Die Schuld liegt bei uns und nicht beim Verein und dafür möchten wir uns entschuldigen“.

Gibt man übrigens derzeit auf der Homepage der NPD Sachsen Suchbegriffe wie beispielsweise “Fußball“, “Dynamo Dresden“, oder gar “VIP“ ein, erscheint immer wieder “Ergebnisse gesamt: 0“.

[Dieser Artikel wurde am 23. Juni 2009 bei redok veröffentlicht.]

Scharfes Wahlkampf-Schwert gegen Polen

Görlitz/Sachsen. NPD und DSU plakatieren äußerst aggressiv gegen den osteuropäischen Nachbarn. Der Tatbestand der Volksverhetzung allerdings bedarf scheinbar noch eindeutigerer Ausfälle.

Erst kürzlich zündelten schon im Raum Dresden Rechtsextremisten in einem Wahl-Informationsblatt unterschwellig nicht nur gegen Ausländer. Nunmehr hat in den ostsächsischen Regionen der aktuelle Wahlkampf von Rechtsaußen ein noch tieferes Niveau erreicht. So haben in den letzten Tagen “Wahlplakate der rechtsextremen NPD und der rechtskonservativen DSU … beiden Parteien Anzeigen wegen Volksverhetzung eingebracht“ (n-tv.de).

Die NPD gefällt sich in Ostsachsen mit dem vielfach plakatierten Aufruf “Polen-Invasion stoppen!“, ebenso geht die DSU mit polenfeindlichen Plakaten auf Stimmenfang, machte die sächsische Landtagsabgeordnete Astrid Günther-Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) öffentlich.

Allerdings scheinen die gegen NPD und auch DSU mittlerweile erfolgten Strafanzeigen offenbar nur wenig Erfolgschancen zu haben. Durch die Aufschrift “Polen-Invasion stoppen!“ sei nach einer Vorprüfung der Tatbestand der Volksverhetzung als nicht erfüllt angesehen worden, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Görlitz (ddp). Nach Erläuterungen zum entsprechenden Strafgesetzbuch-Paragrafen 130 liege Volksverhetzung nur vor, wenn entsprechende Äußerungen gegen Teile der inländischen Bevölkerung gerichtet seien. “Jetzt lenken die deutschen Neofaschisten ihre Aggressionen direkt gegen die Polen“, kommentierte die polnische Gazeta Wroclawska.

Aktuell stellt sich die Lage so dar, “dass die Wahlplakate vorerst weiter … hängen bleiben. Die Stadtverwaltung als Ortspolizeibehörde [könnte] die Abnahme anordnen. Dazu müssten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sein“ (Sächsische Zeitung).

[Dieser Artikel wurde am 29. Mai 2009 bei redok veröffentlicht.]

Die Juden heißen jetzt Nguyen und Mustafa

Dresden. In einem Informationsblatt zur Kommunalwahl zündeln Rechtsextremisten verbal unterschwellig nicht nur gegen Ausländer.

Nicht wenige Dresdner Haushalte dürften dieser Tage die “Informationen für mündige Bürger“ des NPD-Kreisverbandes und des Nationalen Bündnisses Dresden erhalten haben. Dabei erwiesen sich für die so titulierte “Sonderausgabe zur Stadtratswahl 2009“ des Blickpunkt Dresden offenbar in vielen Fällen auch Werbeverbots-Aufkleber auf häuslichen Briefkästen als kein so großes Hindernis.

Das im A3-Format gehaltene Werbe-Blättchen kommt durchaus bunt daher und verspricht, am 7. Juni zur Kommunalwahl “Dreimal NPD wählen bedeutet: Dreimal Volltreffer!“. Denn “für einen von uns fliegt einer von den etablierten Versagerparteien raus!“, so der NPD-Kreisvorsitzende Jens Baur im Intro der Gazette. Für dieses Ziel habe man sich entschlossen, “zu den Stadtratswahlen mit einer offenen Liste, die auch vom Nationalen Bündnis unterstützt wird, anzutreten“. Die von Baur angeführten vielen Nicht-Partei-Mitglieder seien zudem ein “weiterer Beweis für die feste Verankerung der NPD in der Dresdner Bevölkerung“, denn unter den Kandidatinnen und Kandidaten befänden sich schließlich “Unternehmer und Handwerker, Ärzte und Wissenschaftler, aber auch Auszubildende und Rentner. Kurzum – ein breiter Querschnitt aller gesellschaftlichen Schichten“.

In der vierseitigen Veröffentlichung wird unter anderem ein “Sozialticket für Dresden“ gefordert, kommt die Wahrheit über Autodiebstähle “ans Licht“ und wird halbseitig mit dem Gesicht von Liane Hesselbarth für die Ziele der DVU für die diesjährige Europawahl (“Für ein Europa der Vaterländer – Nein zur EU-Bürokratie! Deutschland eine Stimme geben“) geworben. Darüber hinaus wird seitens der Redaktion festgestellt: “Multi-Kulti ist im Westen katastrophal gescheitert – der Osten muss davon verschont bleiben“, zudem sei “selbstverständlich (…) auch die Förderung von Graffiti-Sprayern als ’Künstler’ kategorisch abzulehnen“.

Nun sind solcherart Forderungen – gerade im Vorfeld von Wahlen – nicht unbedingt neu aus dem rechtsextremistischen Geläuf jeder Provenienz. Der aktuelle Blickpunkt Dresden allerdings gefällt sich darüber hinaus noch durchaus subtil – und nicht unbedingt zweideutig.

“Der Gemüsehändler Nguyen ist ein freundlicher Mensch. Höflich und zuvorkommend bedient er seine Kunden. ’Was habt ihr nur immer gegen die Ausländer’, werden NPD-Aktivisten öfter am Infostand gefragt (…) Wir bestreiten gar nicht, dass es auch freundliche Ausländer geben mag. Doch zu wenige Menschen sehen hinter die Fassade. Natürlich können der Gemüsehändler Nguyen oder der Dönerverkäufer Mustafa persönlich nette Menschen sein, die oft selbst ausgebeutet werden, doch nicht selten sind sie Teil eines Netzwerkes, das für ruinösen Wettbewerb gegen einheimische Gewerbetreibende und teilweise sogar kriminelle Machenschaften (…) verantwortlich ist (…) So kann es nicht weitergehen (…) Keine weiteren Gewerbegenehmigungen für Ausländer! (…)“

Ummantelt wird dieser Beitrag (“Einheimische Händler schützen – gegen ausländische Billigkonkurrenz“) im aktuellen Blickpunkt Dresden mit einem faksimilierten Bild eines Ausländers, egal woher auch immer – rechts daneben prangt in deutlicher Großschrift “Zuviel ist zuviel!“.

Verantwortlich im Sinne des Presserechtes für die “Sonderausgabe zur Stadtratwahl 2009“ des Blickpunkt Dresden zeichnet Jens Baur, Kreisvorsitzender der Dresdner NPD.

[Dieser Artikel wurde am 30. April 2009 bei redok veröffentlicht.]

Freie Kräfte Sachsen: Jein zum NPD-Wahlkampf

Dresden. Während bundesweit die Planungen für regionale Aktionen zum diesjährigen 1. Mai auf Hochtouren laufen, wollen sich die Freien Kräfte Sachsen offenbar nicht nur an diesem Tag der NPD mehr oder weniger verweigern.

Der Konflikt zwischen den so genannten Freien Kräften in Sachsen, insbesondere aus der Dresdner Region, und den offiziellen NPD-Strukturen im Freistaat schwelt nicht erst seit vorgestern. In jüngerer Vergangenheit konnte dieser Konflikt auch für eher Außenstehende am Rande der sich seit Jahren entwickelnden Ereignisse um den 13. Februar in der sächsischen Landeshauptstadt deutlich wahrgenommen werden. Auf den frei-nationalen-Punkt brachte es im Februar 2009, quasi als Sprachrohr für die eigentlich eher artikulationslosen Freien Kräfte Sachsen (FKS), Christian Worch aus Hamburg.

So bemängelte Worch nach dem so betitelten Trauermarsch hauptsächlich Freier Kräfte am Abend des 13. Februar dieses Jahres in Dresden, er “habe keinen einzigen Abgeordneten der NPD im Sächsischen Landtag gesehen und auch keinen der Fraktionsmitarbeiter wahrgenommen. Alles Leute, die ihren Arbeitsplatz in Dresden haben. Alles Leute, die in Dresden oder der näheren Umgebung von Dresden wohnen. Alles Leute, die für ihre politische Arbeit bezahlt werden, sei es mit Diäten als Abgeordnete, sei es mit Gehältern aus Mitteln des Landtags“. Zudem sei aus Worchs Sicht schon im Vorfeld auffällig gewesen, “dass die Hauptseite der NPD lediglich den Trauermarsch vom 14. Februar beworben hat und nicht den vom 13. Februar.“ Dadurch würden, so Worch weiter, “jene bösen Stimmen, die von einer Instrumentalisierung des (…) Trauermarsches durch die NPD sprechen, (…) natürlich Auftrieb erhalten“.

Dem Aufruf des vom NPD-Kreisverband Dresden für einen am 1. Mai 2009 auch in der sächsischen Landeshauptstadt angekündigten Aufmarsch (“Heimische Wirtschaft und Arbeitsplätze schützen – Finanzheuschrecken bekämpfen“) entgegneten bereits zwei Tage nach seiner Veröffentlichung die Redaktionsgruppe Netzwerkmitte, die Redaktionsgruppe Freie Offensive, das Autorenkollektiv Freier Rundbrief Dresden, der Arbeitskreis Politik freier Aktivisten sowie der Arbeitskreis Jugend freier Aktivisten: “Die Zeiten, in denen parteifreie Aktivisten oftmals als eine Art Vorfeldorganisation im Sinne der Partei ihr Dasein fristen sollten oder aus mangelndem Selbstverständnis heraus unzählige Aktionen eigens um der Aktion Willen unterstützten, gehören längst der Vergangenheit an.“

Gleichzeitig wurde seitens der FKS postuliert, man werde zudem “weder für eine Wahlkampfdemonstration am 1. Mai in Dresden noch für den laufenden Kommunal-, Landtags- und Bundeswahlkampf zur Verfügung stehen.“ Allerdings sei man, “wo es gemeinsame Schnittstellen gibt, auch weiterhin zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit“ – sofern diese auf gleicher Augenhöhe basiere.

[Dieser Artikel wurde am 6. April 2009 bei redok veröffentlicht.]