Schlagwort-Archive: Dresdner Morgenpost

MedienScreen # 189 [Dynamo Dresden. Birthday. Thoughtful.]

[Fundstück] Henry Boss, “Eine große Liebe, die leider zerbrochen ist“, ’DYNAMO Spezial’, Dresdner Morgenpost (Print-Ausgabe), 12. April 2018 –

(…) Das Kommen und Gehen, die von der Mehrzahl der Spieler lediglich inszenierte Identifikation mit dem Verein, die vergessen ist, sobald ein anderer 50 Cent pro Stunde mehr bietet, die Abschottung von der Außenwelt, das Hochstilisieren der Kicker zu “Helden“, nur weil sie mal das Tor getroffen haben, die Zensur von Interviews, dazu die Überhöhung des Fußballs und dessen Finanzgebaren insgesamt – nein, das alles ist nicht mehr mein Ding (…)

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(RHS, 30. August 2006 – Foto: dehli-news.de)

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Notabene – Des Zitators [OM] erste ’Begegnung der dritten Art’ datiert auf den 12. April 1975 im Rudolf-Harbig-Stadion (RHS).

The Times They Are a-Changin’.

Ultra-Kunst im SPIEGEL. Weil das Magazin es kann?

Es könnte, angenommen, ein Lückentext als Grundlage gedient haben. In den dann vorgegebene – holzschnittartig urteilende – Begriffe möglichst kunstvoll verquirlt einzufügen waren, günstigstenfalls in einem Halbsatz kulminierend. So schwierig konnte das Unterfangen für die Kulturredaktion des SPIEGEL nicht gewesen sein.

Und so steht in besagtem Nachrichtenmagazin vom 24. Februar dieses Jahres auf einer der Kulturseiten unter der Headline “Fotografie – Ultras für die Oper“ mehr als nur wenig verquast zu lesen …

“… Für ein anderes Plakat fotografierte er [Andreas Mühe] 1200 Fans des Fußballvereins Dynamo Dresden in der Semperoper – und zwar die oft als rechte Hooligans verrufenen Ultras. Wie lassen sich die Vermummten mit klassischer Musik, in diesem Fall mit Giacomo Meyerbeers ’Die Hugenotten’, in Einklang bringen? … Wie passen die Motive, die allesamt irritieren, zusammen? Der Fotograf sagt, die Bilder hätten zu tun ’mit der Zeit, in der wir leben’. Ganz sicher sorgt er dafür, dass nun alle über die Oper reden.“

Offenbar von Ulrike Knöfel (Autorenkürzel uk) verfasst, wurde eine fußballerische Fanszene selten so prägnant undifferenziert dargestellt – quasi Punktlandung in einem Halbsatz. Alle vorverurteilenden Begriffe abgearbeitet, begrifflich leicht verwürfelt sowie noch dazu pseudorelativierend. Wenn das keine tiefer greifende journalistische Sprachkunst ist. Chapeau.

Und bevor “nun alle über die Oper reden“, sei an dieser Stelle erst einmal leise Dank gesagt. Ganz einfach so. Wofür, mag jeder selbst entscheiden.

“Es ist eine phantastische Aufnahme entstanden. Andreas Mühe hat uns drei Motive zur Auswahl gestellt, gemeinsam haben wir uns dann für das Foto entschieden, das wir alle für das stärkste halten“, erklärte Susanne Springer, Leiterin Kommunikation und Marketing der Semperoper. “Die Oper voll mit maskierten Dynamo-Fans, das ist sehr ungewöhnlich. Gleichzeitig ist es eine unglaubliche Chance, diese zwei verschiedenen Kulturen, die vielleicht gar nicht so verschieden sind, auf einem Bild zu vereinen.“

“In diesem Bild steckt viel Energie, es transportiert die Stimmung, die ich auf der Bühne als Beobachter empfunden habe. Vielleicht trifft es auch das Gefühl, wenn ich sage, dass wir die Semperoper an diesem Abend für ein paar Minuten alle zusammen geentert haben. Ohne dabei einen einzigen Kratzer zu hinterlassen“, sagte Fotograf Andreas Mühe. “Es war für mich eine Ehre, dass Ultras Dynamo mir ihr Vertrauen geschenkt und sich einhundertprozentig auf die Arbeit mit mir eingelassen haben.“ [dynamo-dresden.de, 26. Februar 2018 (500 Internal Server Error)].

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[DynamoTV, YouTube.com, 12. März 2018]

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Wenn heute gestern ist. Morgenpostlich.

Die Botschaft war klar und unmissverständlich. Als Ansage der Ultras aus dem K-Block im Rudolf-Harbig-Stadion zu Dresden. Präsentiert bei der Begegnung gegen SSV Jahn Regensburg (1:0) am diessaisonalen 23. Zweitliga-Spieltag.

(Screenshot Twitter: O.M.)

So ein – eindeutiges – Statement von den Stadionrängen kann schon für Verwirrungen sorgen. Politisch gesehen. Gerade in Dresden. Oder nur bei der Dresdner MorgenPost? Wo sich irgendwer – den Kalauer mit der Praktikantin oder dem Praktikanten an der Tastatur lassen wir jetzt mal weg – vor lauter Verwirrung augenscheinlich in eine klitzekleine Zeitreise verfingerte …

(Dresdner Morgenpost Online, 18. Februar 2018 – Screenshots: O.M.)

… online up to date. Gestern? Heute? Morgen?

Eine terminliche Dreiteilung von rasenballsportlichen Spieltagen kann schon verwirren. Die Botschaft der Ultras Dynamo dagegen nicht.

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MedienScreen # 177 [’Football Army Dresden’. Razzia.]

[Fundstück] ”Großrazzia bei Dynamo-Fans”, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 6. Dezember 2017 –

(…) Die Polizei durchsucht 35 Objekte von 28 Beschuldigten. Sie sollen im Mai die “Football-Army“ in Karlsruhe angeführt haben (…)

(…) Die Aktion erzielt die gewünschte Aufmerksamkeit, ob sie jedoch ein Schlag gegen kriminelle Fußball-Schläger ist, darf bezweifelt werden. Die Zahlen im Zusammenhang mit den Durchsuchungen in der Fanszene von Dynamo Dresden am Dienstagmorgen erscheinen dramatisch hoch: 31 Objekte in Dresden sowie je eines in Zwickau, Brandenburg, Baden-Württemberg und in Basel/Schweiz, 28 Beschuldigte, knapp 400 Polizeikräfte und drei Staatsanwälte. Die Ermittler aus Karlsruhe laden zur Pressekonferenz in Dresden ein. Ein ungewöhnlicher Vorgang (…) [“So lief die Dynamo-Razzia ab“, sz-online.de, 5. Dezember 2017]

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“… Anlässlich des Zweitligaspiels von Dynamo Dresden beim Karlsruher SC wurden 15 Polizeibeamte und 21 Ordner verletzt. Auf Nachfrage … erklärte die Polizei Karlsruhe nun, dass keiner der Beamten schwer verletzt oder stationär im Krankenhaus behandelt werden musste.

Bei den 15 verletzten Polizeibeamten handelte es sich demnach durchweg um Knalltraumata, die durch zahlreiche Böller ausgelöst wurden, die von Dynamo Fans geworfen worden sein sollen. Schwindel und Gleichgewichtsstörungen können Symptome eines solchen Knalltraumas sein. Laut aktuellen Informationen des Pressesprechers der Polizei Karlsruhe, Martin Plate, liegen bisher jedoch keinerlei Krankmeldungen von Polizeibeamten wegen der Vorfälle beim Gastspiel von Dynamo Dresden in Karlsruhe vor. Einzelne Beamte hätten sich ärztlich behandeln lassen, seien aber dienstfähig geblieben. Die Verletzungen zogen sich alle der 15 Polizisten laut Polizeiangaben auf dem Fanmarsch oder am Eingangsbereich zum Gästeblock zu …

Die schwerste Verletzung des Spieltags hat sich hingegen ein Polizeibeamter zugezogen, der nach dem Spiel beim Verladen eines Polizeipferdes von dem Tier angegangen und am Kopf verletzt wurde. Dies erklärte Pressesprecher Plate … An diesem Vorfall war kein Fußballfan beteiligt …“ [faszination-fankurve.de, 17. Mai 2017].

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Die Großrazzia gegen die Dresdner Ultra-Szene wirft Fragen auf. Für Ermittlungen wegen Landfriedensbruch war der Polizeieinsatz merkwürdig überdimensioniert [“Razzien gegen Dynamo-Fans – Böller, Pyrotechnik, Schlagring“, Christoph Ruf, SPIEGEL ONLINE, 11. Dezember 2017].

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  • Banner in ganz Deutschland! Das halten die Fußballfans von der Razzia bei Dynamo [Dresdner MoPo Online, tag24.de, 11. Dezember 2017]
  • “Fußballfans als Staatsfeind Nr. 1?“ – Ein Kommentar [faszination-fankurve.de, 11. Dezember 2017]

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“War der Versuch des Berliner Polizeipräsidenten, generell allen Anhängern von Dynamo Dresden den Zutritt zum Regionalliga-Spiel bei Union Berlin zu untersagen, ein nur vorerst geplatzter Testballon für zukünftige Szenarien? …“ [Der Fußball-Fan als Persona non grata, 10. Mai 2008].

MedienScreen # 174 [Marcel Reif. Dynamo Dresden. Red Bull Leipzig. Sexy sells?]

[Fundstück] “Die Wahrheit über unsexy Dynamofans“, spuckelch.de, 1. November 2017 –

(…) Wir Dynamofans sind nicht sexy. Das eröffnete uns Sexbombe Marcel Reif – die Pamela Anderson der Fußballkommentatoren.

Genauer gesagt, seien wir für Investoren wie Red Bull zu unsexy, weil wir mit Knüppel ins Stadion gehen und alles kaputt schlagen würden. Der investitionswütige Milliardär werde eher von Leipzig erregt. Weil dort die Menschen nur mit Schal ins Stadion gehen. Klingt ja auch sehr heiß.

Das macht mich und Millionen Dynamofans betroffen. Lasst uns einen Moment unsere Knüppel aus der Hand legen und in uns gehen. Dank des reifen Marcels ist uns nun klar, warum unser sehnlicher Investorenwunsch bisher unerfüllt blieb. Jetzt wissen wir, warum wir seit Jahren vergeblich darauf warten, benutzt zu werden, warum uns noch kein alter Geldsack ficken wollte.

Bisher fand ich mich und eine ganze Menge Mitfans eigentlich ganz geil. Aber das ist nicht so. Wir müssen aufhören, den romantischen Traum zu leben, in dem eines Tages eine adrette Abrissfirma oder ein kräftiger Knüppelproduzent kommt, der uns so liebt, wie wir sind. Der mit uns alt werden will.

Im Leben zählt nur, wer sexy ist. Von inneren Werten kann man sich genau so wenig kaufen, wie von Tradition. Damit wir endlich auch mal wieder Millionentransfers in Dresden kommen und gehen sehen und Weltstars in der Champions League auf unserem heiligen Rasen auflaufen, müssen wir umdenken. Der Marcel weiß, was alte reiche Geschäftsmänner sexy finden. Kurzer Rock, tiefer Ausschnitt, wenig Meinung, dafür viel geiles Kichern über die Witze des Geldgebers. Also los, Leute machen wir uns zur Fame Bitch. Denn wer will denn nicht ein Leben im goldenen Käfig finanziert bekommen?

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Mit Dank & Gruß an den Spuckelch und dortselbst im Original.

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(…) Reif, der bis Mitte 2016 für den Pay-TV-Sender Sky Spiele der Bundesliga und Champions League kommentierte, glaubt auch zu wissen, warum potenzielle Geldgeber ihre überschüssigen Millionen eher in die Messe-, als in die Landeshauptstadt scheffeln.

“Die Bude ist voll, die Leute benehmen sich, sie kommen mit Schal ins Stadion und nicht mit Knüppeln“, sagte Reif: “’Fans’ wie in Dresden, die die Dinge kurz und klein hauen, sind nicht sexy für einen Investor.“ (…) [Dresdner Morgenpost, tag 24.de, 1. November 2017]