[Fundstück] Christoph Ruf, “Pegida trifft Dynamo – Die Abendspaziergänge führen nicht nur am Dresdner Stadion vorbei, sie beschäftigen auch den Fußball-Drittligisten“, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 24. Januar 2015 –
(…) Robert Schäfer weiß, dass die Hooliganszene ein integraler Bestandteil von Pegida ist (…) Der Geschäftsführer von Dynamo Dresden hat dann auch registriert, dass einige Kritiker von seinem Verein gerade deshalb ein deutliches Bekenntnis gegen Pegida fordern.
Ihnen hält er entgegen, dass genau das einem Sportverein gar nicht zustehe. “Wir müssen uns als Sportverein politisch neutral verhalten.” Doch das bedeute nicht, dass sich Dynamo nicht positionieren dürfe (…) Genau das tue man seit Jahren: “Erst im November ist unsere Mannschaft mit dem Schriftzug ‘Love Dynamo, hate racism’ aufgelaufen.” Die vielen Dynamo-Schals bei Pegida-Demos sieht Schäfer auch nicht so gerne: “Wer mit unseren Fanutensilien auf eine Pegida-Demo geht und Mitglied ist, verstößt gegen unsere Satzung. Dafür müssen wir weiter sensibilisieren.”
Aus diesem Grund hat Dynamo auch Anfang Januar einen Aufruf unterzeichnet, in dem man sich (…) von rechts abzugrenzen versucht: “Die Dresdner Vereine setzen sich für Akzeptanz und Respekt sowie gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ein.” (…)
Fremdenfeindlich ist man bei Pegida angeblich ja nicht. Außerdem heißt es: “Aus Sicht des Sports ist es wichtig, den berechtigten Interessen der Bürger zuzuhören, ihre Sorgen ernst zu nehmen (…) und in einen offenen und fairen Dialog einzutreten.”
Entsprechend groß ist der Protest in den sozialen Netzwerken, auch Dynamo-Fans sprechen davon, man könne die Formulierung als “Kumpanei” mit Pegida auffassen. Dabei merkt man den Formulierungen eher an, dass die Verfasser vor allem eines nicht wollen: anecken (…)
Mindestens 500 Hooligans dürften an jenem Montagabend in Dresden gewesen sein, viele Beobachter sind sich einig: Es sind wohl eher mehr. Die meisten von ihnen kommen aus Sachsen, auch der Berliner FC Dynamo ist gut vertreten. Wenn die Organisatoren der “Hooligans gegen Salafisten”-Demos derzeit so zurückhaltend sind, liegt das – neben internem Zwist – auch daran, dass viele ihrer Aktivisten bei Pegida und den Ableger-Demos untergekommen sind (…)
Natürlich ist nicht jeder Hooligan ein Rechtsradikaler (…) Doch auch bei der bisher letzten Demo in Dresden wird klar, dass viele von ihnen tief in der rechten Szene verwurzelt sind (…) Und so fügen sich die Freunde der dritten Halbzeit bestens ein in die Masse der Pegida-Teilnehmer, die mehrheitlich aus Rentnern und Ehepaaren mittleren Alters besteht. Die Fußball-Hools reden hingegen nicht mit der Presse (…)
Dass jeden Montag Hunderte Kameradschaftsaktivisten und andere Neonazis mitmarschieren, ist allerdings ebenfalls Teil der Wahrheit (…) An diesen Leuten scheint hier aber keiner Anstoß zu nehmen.
(…) “Man muss Dynamo als Verein zugestehen, dass er in seinem Einflussbereich engagiert gegen Rassismus vorgeht”, sagt er [Danilo Starosta, Fachstelle Jugendhilfe – Demokratiewerte gegen Rechtsextremismus].
In der Fankurve, dem K-Block, wo die Ultras das Sagen haben, habe es keine Mobilisierung für Pegida gegeben, betont Starosta. Die Meinungen über Pegida gehen in Dresden auseinander. Auch im Stadion.
[Dieser Beitrag wurde am 24. Januar 2015 bei Ostfussball.com publiziert.]