Archiv der Kategorie: PoliticalScene

MedienScreen # 34 [Pegida, Dresden, Dynamo]

[Fundstück] Christoph Ruf, “Pegida trifft Dynamo – Die Abendspaziergänge führen nicht nur am Dresdner Stadion vorbei, sie beschäftigen auch den Fußball-Drittligisten“, Sächsische Zeitung (Print-Ausgabe), 24. Januar 2015 –

(…) Robert Schäfer weiß, dass die Hooliganszene ein integraler Bestandteil von Pegida ist (…) Der Geschäftsführer von Dynamo Dresden hat dann auch registriert, dass einige Kritiker von seinem Verein gerade deshalb ein deutliches Bekenntnis gegen Pegida fordern.

Ihnen hält er entgegen, dass genau das einem Sportverein gar nicht zustehe. “Wir müssen uns als Sportverein politisch neutral verhalten.” Doch das bedeute nicht, dass sich Dynamo nicht positionieren dürfe (…) Genau das tue man seit Jahren: “Erst im November ist unsere Mannschaft mit dem Schriftzug ‘Love Dynamo, hate racism’ aufgelaufen.” Die vielen Dynamo-Schals bei Pegida-Demos sieht Schäfer auch nicht so gerne: “Wer mit unseren Fanutensilien auf eine Pegida-Demo geht und Mitglied ist, verstößt gegen unsere Satzung. Dafür müssen wir weiter sensibilisieren.”

Aus diesem Grund hat Dynamo auch Anfang Januar einen Aufruf unterzeichnet, in dem man sich (…) von rechts abzugrenzen versucht: “Die Dresdner Vereine setzen sich für Akzeptanz und Respekt sowie gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ein.” (…)

Fremdenfeindlich ist man bei Pegida angeblich ja nicht. Außerdem heißt es: “Aus Sicht des Sports ist es wichtig, den berechtigten Interessen der Bürger zuzuhören, ihre Sorgen ernst zu nehmen (…) und in einen offenen und fairen Dialog einzutreten.”

Entsprechend groß ist der Protest in den sozialen Netzwerken, auch Dynamo-Fans sprechen davon, man könne die Formulierung als “Kumpanei” mit Pegida auffassen. Dabei merkt man den Formulierungen eher an, dass die Verfasser vor allem eines nicht wollen: anecken (…)

Mindestens 500 Hooligans dürften an jenem Montagabend in Dresden gewesen sein, viele Beobachter sind sich einig: Es sind wohl eher mehr. Die meisten von ihnen kommen aus Sachsen, auch der Berliner FC Dynamo ist gut vertreten. Wenn die Organisatoren der “Hooligans gegen Salafisten”-Demos derzeit so zurückhaltend sind, liegt das – neben internem Zwist – auch daran, dass viele ihrer Aktivisten bei Pegida und den Ableger-Demos untergekommen sind (…)

Natürlich ist nicht jeder Hooligan ein Rechtsradikaler (…) Doch auch bei der bisher letzten Demo in Dresden wird klar, dass viele von ihnen tief in der rechten Szene verwurzelt sind (…) Und so fügen sich die Freunde der dritten Halbzeit bestens ein in die Masse der Pegida-Teilnehmer, die mehrheitlich aus Rentnern und Ehepaaren mittleren Alters besteht. Die Fußball-Hools reden hingegen nicht mit der Presse (…)

Dass jeden Montag Hunderte Kameradschaftsaktivisten und andere Neonazis mitmarschieren, ist allerdings ebenfalls Teil der Wahrheit (…) An diesen Leuten scheint hier aber keiner Anstoß zu nehmen.

(…) “Man muss Dynamo als Verein zugestehen, dass er in seinem Einflussbereich engagiert gegen Rassismus vorgeht”, sagt er [Danilo Starosta, Fachstelle Jugendhilfe – Demokratiewerte gegen Rechtsextremismus].

In der Fankurve, dem K-Block, wo die Ultras das Sagen haben, habe es keine Mobilisierung für Pegida gegeben, betont Starosta. Die Meinungen über Pegida gehen in Dresden auseinander. Auch im Stadion.

[Dieser Beitrag wurde am 24. Januar 2015 bei Ostfussball.com publiziert.]

Sächsische Hooligans gegen Salafisten in Köln?

Am vergangenen 26. Oktober haben in Köln “rund 1500 bis 2500 Fußball-Hooligans“ (spiegel.de) unter dem Label ’Hooligans gegen Salafisten’ (HoGeSa) demonstriert. “Das war keine Fußball-Demo, sondern eine rechtsgerichtete politische Kundgebung. Hier haben sich gewalttätige Schläger unter dem Deckmantel des Feindbildes des IS öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzt“, erklärte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig hernach am 28. Oktober (zeit.de). “Es ist eine ganz große gesellschaftliche Herausforderung, was da passiert ist: nämlich, dass Hooligans, für die Gewalt nicht fremd ist, offen eine rechte politische Agenda verfolgen“, wird Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), zitiert.

Bereits am 27. Oktober hatte die sächsische LINKE darüber informiert, auf Bildmaterial sei deutlich zu erkennen, “dass auch Hooligans aus Sachsen, vor allem Gruppen, die sich selbst dem Umfeld von Dynamo Dresden zurechnen, in Köln dabei waren“.

Der Verfassungsschutz Sachsen (LfV) bestätigte unterdessen nach Darstellung der Dresdner Morgenpost, “dass einzelne sächsische Rechtsextremisten zur Teilnahme an der Kölner Demonstration gegen Salafisten aufgerufen hatten“. Wie viele weniger oder mehr einschlägig bekannte Sachsen indes in Köln vor Ort waren, konnte das Landesamt für Verfassungsschutz bislang nicht näher verifizieren.

[Dieser Artikel wurde am 28. Oktober 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Sachsen: Rechtsextreme Fußballfans im Fokus oder so

“Fans aus dem Umfeld von Dynamo Dresden werden – Innenminister Markus Ulbig (CDU) zufolge – gegenwärtig nicht durch das LfV Sachsen überwacht. Gegen die ’derzeit nicht in Erscheinung tretende Gruppierung’ Faust des Ostens läuft allerdings unterdessen ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (September 2012).

Im damaligen Zusammenhang listete im Jahr 2012 dann das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen “wegen rechtsextremer Umtriebe“ unter Beobachtung stehende Fußballfans auf. Nach Angaben des Staatsministers zählten die Fan-Gruppen Scenario Lok und Blue Caps LE aus dem Umfeld des 1. FC Lok Leipzig sowie – den Chemnitzer FC tangierend – New Society/NS Boys und Hoonara zu den Beobachtungszielen des Verfassungsschutzes in Sachsen.

(…) Die getroffenen Aussagen stießen beim Chemnitzer FC auf Unverständnis. Bei MDR-Online kommt (…) CFC-Geschäftsstellenleiter Lutz Fichtner zu Wort, dem derzeit keinerlei Informationen vorliegen, dass der Verein oder einzelne Fans unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen würden. Im Gegenteil, die Gruppierung “Hoonara“ bestünde in ihren Strukturen bereits seit dem Jahr 2000 nicht mehr; ebenso wurde die zweite Gruppe, die “New Society“ vor drei Jahren hinsichtlich ihrer Symbolik vom Verein verboten. Gegen damalige Führungskräfte sind entsprechende Stadionverbote verhängt worden (…) [cfc-fanpage.de, 19. September 2012]

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(Dresden, Herbst 2013 – Foto: O.M.)

“Das sächsische Innenministerium sieht derzeit vier rechtsextreme Fangruppen im Fußball aktiv“, vermeldet DPA aktuell am 12. Februar dieses Jahres. “Im Zusammenhang mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig wird die Gruppierung ’Scenario Lok’ mit etwa 70 Mitgliedern genannt. Bei Dynamo Dresden geht es um die ’Faust des Ostens’. ’Sie bestand zeitweise aus über 180 Mitgliedern. Die aktuelle Mitgliederzahl ist nicht bekannt’, hieß es. ’Hoonara’ und ’New Society’ (NS Boys) gehören zur Szene beim Chemnitzer FC. Auch hier wird das Potenzial auf 70 Leute beziffert.“

Wie weit darf die Verarschung der öffentlichen Wahrnehmung, auch bei einem per se unterstellt gutgemeinten Ansinnen (“Kampf gegen Rechtsextremismus“), durch eine landesbehördliche Institution mit bundesweiter Einbindung eigentlich von demokratischen Gremien unhinterfragt so schamlos billig plakativ betrieben werden? – Was an dieser bereits 2012 in den Raum gestellten Frage scheint größtenteils nach wie vor unverändert keine Aktualität mehr zu haben, und einen Anspruch auf Klärung darüber hinaus? Herr Innenminister Ulbig, übernehmen Sie!

[Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2014 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Neuer DFB-Strafenkatalog

Wie der SPIEGEL in seiner neuesten Ausgabe berichtet, verschärft der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zum 1. Januar 2014 seine Stadionverbotsrichtlinien gegen Fußballfans jeder Provenienz.

So werde in anderthalb Monaten “nach den verschärften Richtlinien, die eine Arbeitsgemeinschaft unter Beteiligung von Fanprojekten und Vereinen formuliert hat, das Höchstmaß für Stadionverbote in deutschen Spielstätten der ersten bis vierten Liga von drei auf fünf Jahre ausgedehnt“.

Dem SPIEGEL vorliegenden Papier zufolge sollen “Hausverbote von einem, zwei oder drei Jahren bei Gewalt, Verwendung von Pyrotechnik oder verfassungsfeindlichen Umtrieben“ nach wie vor Anwendung finden. Weiter heißt es, ein “Fünfjahresausschluss kann bei besonders schweren Vergehen gegen Wiederholungstäter verhängt werden“.

“Der DFB übermittelt gemäß dem Beschluss einmal wöchentlich der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) sowie der Bundespolizei die Namen der ausgesperrten Fans. Vor Spielen der deutschen Nationalmannschaft wird wie bisher eine Namensliste an die internationalen Verbände Uefa und Fifa weitergegeben“ (DER SPIEGEL, 18. November 2013).

[Dieser Artikel wurde am 18. November 2013 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 31 [Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze, Zweifel]

[Fundstück]

(…) Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) per einstweiliger Anordnung verboten, den Jahresbericht 2011/12 unverändert weiter zu veröffentlichen (…)

Doch das Oberverwaltungsgericht geht noch weiter und hat offenbar grundlegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der jährlichen ZIS-Berichte. Denn das Gericht stellt in seinem Urteil fest, dass (…) auch “erhebliche Zweifel“ daran bestünden, “ob die Rechtsgrundlagen der Gewalttäterdateien“ überhaupt “zur Veröffentlichung darin verzeichneter Eintragungen ermächtigen.“ Damit steht nach Auffassung von Fananwälten die Publikation des Berichts insgesamt in Frage, soweit er Zahlen der Datei “Gewalttäter Sport“ veröffentlicht (…)

Die Behörde sei verpflichtet, wahrheitsgemäß und zurückhaltend zu berichten (…) Der jetzige Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes ist bis zur Entscheidung im Hauptverfahren nicht anfechtbar (…)

[Dieser Beitrag wurde am 14. September 2013 bei Ostfussball.com publiziert.]