Archiv der Kategorie: PoliticalScene

“Wuppersturm“ unter Anklage

Wuppertal. Vier Neonazis stehen in Kürze in der kreisfreien Stadt vor Gericht. Der Prozess gegen die rechtsradikale Gruppierung findet Ende des Monats statt. Die Liste der Anklagepunkte ist nicht gerade unerheblich. So sollen unter anderem Brandanschläge geplant gewesen sein.

Überregional nicht unbedingt bekannt, wurde der sich selbst so bezeichnende “Wuppersturm“ bereits vor drei Jahren in der Mitte Nordrhein-Westfalens gegründet. Die postulierte Schlag-Richtung der vier Jung-Nazis war eine eindeutige. So seien von den Rechtsextremisten beispielsweise Brandanschläge auf Asylbewerberheime und jüdische Einrichtungen geplant worden.

Wie die Westdeutsche Zeitung berichtet, ist die Liste der strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen den “Wuppersturm“ mehr als umfangreich: gemeinschaftlicher Diebstahl, Sachbeschädigung, Bedrohung, Herstellen von Brandsätzen, Volksverhetzung sowie Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Mitglieder der Sturm-Truppe sollen sich zur Vorbereitung ihrer anvisierten Missionen auf Gleisanlagen im Werfen von Molotow-Cocktails geübt haben. Zudem agierte “Wuppersturm“ nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch mit volksverhetzenden Inhalten als Pseudo-Rockband. Ebenso wird bei der Gerichtsverhandlung ein von der Gruppe über die A 46 gespanntes Spruchband mit Hakenkreuzen eine Rolle spielen.

Bereits justizbekannt ist nicht nur allein der als Anführer geltende 24-jährige Daniel J., der auch innerhalb des rechtsextremistischen Zusammenhangs nicht gerade zimperlich vorgegangen sein soll. Als angesetzter Verhandlungstag gegen den “Wuppersturm“ vor dem zuständigen Amtsgericht ist bislang lediglich der 27. April terminiert.

[Dieser Artikel wurde am 4. April 2007 bei redok veröffentlicht.]

Menzel-Prozess vertagt

Dresden. Dem ehemaligen NPD- und derzeit parteilosen Landtagsabgeordneten Klaus-Jürgen Menzel wird uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Der Beklagte wiederum “mag seine Richterin nicht“.

Es ist allerdings beileibe nicht die einzige strafrechtlich relevante Ermittlung, die gegen Klaus-Jürgen Menzel schwebend anhängig ist. So wird gegen Menzel desweiteren wegen versuchter Strafvereitlung und des Verdachtes auf unerlaubten Waffenbesitz ermittelt. Letzterer Ermittlungsvorgang bescherte dem bekennenden Hitler-Verehrer nebenbei die mittlerweile von der Dresdner Morgenpost fast durchgängig auf ihn gemünzte Betitelung als “Knarren-Menzel“.

Der Prozess-Auftakt am 9. März gegen Menzel vor dem Amtsgericht Dresden wegen besagtem Vorwurf der uneidlichen Falschaussage war mithin ein kurzer. Noch vor der Verlesung der Anklage lehnte Menzels Verteidiger, Olaf Klemke, die berufene Richterin wegen Befangenheit ab. Als Begründung musste die noch nicht letztendlich rechtskräftig bestätigte Verurteilung eines regionalen Nazi-Kaders herhalten, den Menzel mit seiner Aussage offensichtlich vor dem Vorwurf eines tätlichen Angriffs schützen will. Dem vormaligen Kreisvorsitzenden der NPD Dresden, Sven Hagendorf, wird vorgeworfen, im November 2004 in Dresden gegen aktive Antifaschistinnen und Antifaschisten mit Gewalt vorgegangen zu sein. Menzel negiert mit seiner Aussage diesen augenscheinlich gegen Hagendorf ermittelten Tatbestand.

Nach Auffassung von Menzels Prozessvertreter sei die Richterin voreingenommen, “weil sie die Rechtskraft des Urteils gegen Sven H. nicht abwarten würde“ (Dresdner Morgenpost). Hagendorf hat gegen seine Verurteilung Berufung eingelegt. Staatsanwalt Ingolf Wagner wiederum kommentierte die nunmehr erfolgte Prozess-Verschiebung gegen Menzel als “Verzögerungstaktik“. “Unabhängig von der Berufung“ könne “sehr wohl gegen Menzel verhandelt werden“, so wird Wagner zitiert.

Die selbe Dresdner Morgenpost, die am 10. März titelnd fragt “Deckte Abgeordneter einen Nazi-Schläger? Knarren-Menzel mag seine Richterin nicht“, stellte wenige Tage zuvor – offensichtlich mehr als gründlich recherchierend – fest, dass für diesen Prozess die Immunität von Menzel als Landtagsabgeordneter erst noch aufgehoben werden müsse – und dies könne dauern, so die Journalisten besagten Blattes. Die Immunität von Klaus-Jürgen Menzel wurde vom Sächsischen Landtag bereits im Oktober 2006 aufgehoben; ihn erwarten wegen besagten Vorwurfs der uneidlichen Falschaussage bis zu fünf Jahre Haft.

[Dieser Artikel wurde am 10. März 2007 bei redok veröffentlicht.]

Rechtsextreme Schulstunden

Pirna. Die sächsische NPD konnte ihren Landesparteitag – begleitet von Protesten – in einem Beruflichen Schulzentrum der Kreisstadt abhalten. Der Demokratieauffassung der Rechtsextremisten folgend war allerdings nur ein Teil dieser Partei-Veranstaltung öffentlich.

Nach einem wochenlangen Rechtsstreit zwischen dem Landkreis Sächsische Schweiz und der NPD Sachsen ermöglichte letztendlich ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen die Durchführung des NPD-Landesparteitages am 4. März in der Aula des Berufsschulzentrums für Technik in Pirna. Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Parteiengesetz. In dem Verfahren wurde die sächsische NPD durch den vormaligen stellvertretenden Parteivorsitzenden der “Republikaner“, Björn Clemens, vertreten. Über ein eventuell zukünftig geltendes generelles Nutzungsverbot für parteipolitische Veranstaltungen in Einrichtungen mit entsprechender Trägerschaft berät der Pirnaer Kreistag erstmals in der Woche nach dem nunmehr stattgefundenen NPD-Parteitag, politisch also für diesen expliziten Fall zu spät.

Im Vorfeld der relativ kurzfristig bekannt gewordenen NPD-Versammlung verwies die Pirnaer Aktion Zivilcourage auf die offensichtliche Verlogenheit der NPD, welche “einerseits die auf einer demokratischen Verfassung basierenden Rechte dieses Landes ständig einfordert“, andererseits hingegen aber “mit ihrer menschenverachtenden rechtsextremen Programmatik auf die Abschaffung dieser demokratischen Gesetzgebung“ abzielt.

Der Einzug der rund 150 NPD-Parteitagsteilnehmer, darunter nach Augenzeugenberichten Aktivisten der verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) sowie unter der Bewachung durch die Security des so genannten Selbst-Schutz Sachsen-Anhalt, wurde durch Proteste von gut 120 engagierten Bürgerinnen und Bürgern begleitet. Als Redner traten Landrat Michael Geisler (CDU), Pirnas Oberbürgermeister Markus Ulbig (CDU), der DGB-Vorsitzende (Dresden-Oberes Elbtal) Ralf Hron, die Pfarrer Martin Staemmler-Michael (Lohmen) und Christian Fleischer (Pirna) sowie Andrè Hahn (Linksfraktion.PDS im Sächsischen Landtag) auf.

Gegen Mittag demonstrierten – nachdem ihnen der Protest direkt vor dem Berufsschulzentrum in Pirna-Copitz von Polizeikräften verwehrt worden war – gut 50 Antifaschistinnen und Antifaschisten gegen den NPD-Versammlung durch die Pirnaer Innenstadt.

Nach Medienberichten bestätigten die 75 Delegierten des NPD-Parteitages den bisherigen Landesvorsitzenden Winfried Petzold mit 86 Prozent der abgegebenen Stimmen im Amt. Als Stellvertreter ebenso wiedergewählt wurden Holger Apfel, Johannes Müller und Helmut Hermann. Beisitzer des aktuellen Landesvorstandes sind nunmehr Alexander Delle, Frank Rohleder, Andreas Storr, Arne Schimmer, Hartmut Gliemann, Torsten Hiekisch, Jürgen W. Gansel, Kathrin Köhler, Jens Schilling, Carmen Steglich und Wilko Winkler. Neuer Vorsitzender des NPD-Landesschiedsgerichtes wurde Harald Zander, als seine Stellvertreterin wurde Brigitte Lauterbach bestimmt. Die Medien-Öffentlichkeit wurde kurz nach den Wahlen der Landes-Vize-Vorsitzenden von der NPD-Versammlung ausgeschlossen. Bis in die Abendstunden des 5. März schwieg die NPD-Sachsen selbst auf ihrer Homepage zum Verlauf ihres Parteitages. Schließlich vermeldeten die Rechtsextremisten dann doch noch einen aus ihrer Sicht “erfolgreichen Landesparteitag“.

Das Sächsische Kultusministerium (Slogan: “Sachsen macht Schule“) sprach unterdessen im Zusammenhang mit dem Tagungsort von einem “bedauerlichen Fall“. Die Nachrichtenagentur ddp zitiert einen Ministeriumssprecher, dass die Staatsregierung nicht aktiv habe werden können, da es sich bei dem Pirnaer Schulhaus um eine Liegenschaft des Landkreises handele. Zudem habe “die Veranstaltung am Sonntag und damit außerhalb der Unterrichtszeit“ stattgefunden.

“Ein Parteitag in einer Schule – das sollte Schule machen“, so wird aus Pirna einer der geladenen Gastredner, der Fraktionsvorsitzende der Schweriner NPD-Landtagsfraktion, Udo Pastörs, zitiert. Geradezu zivilcouragiert – allerdings scheinbar lediglich plakativ – liest sich in diesem Zusammenhang übrigens der Paragraf 10 der “Benutzungs- und Gebührensatzung für die Überlassung schulischer Einrichtungen der Stadt Pirna“ mit letzter Online-Aktualisierung vom 26. November 2002: “Das unmittelbare Hausrecht an den schulischen Einrichtungen übt der Schulleiter – wenn dieser nicht anwesend ist – der Hausmeister aus. Den Anweisungen des Schulleiters/Hausmeisters haben die Inhaber der Benutzererlaubnis Folge zu leisten … Benutzer, die gegen diese Satzung verstoßen, kann der Schulleiter/Hausmeister mit sofortiger Wirkung von der Benutzung ausschließen.“

[Dieser Artikel wurde am 6. März 2007 bei redok veröffentlicht.]

Die “Freie Offensive Sachsen“ plakatiert militantes ’Fahne hoch!’

Dresden. Auf der vom ausgewiesenen Rechtsextremisten Ronny Thomas verantworteten Internet-Präsenz wird – mitunter verklausuliert – veröffentlicht, was in die politische Stoßrichtung passt. Aktuell ruft dort im Pseudo-Gedenken an Horst Ludwig Wessel gerade “ein Toter zur Tat!!!“.

Besagte Website ist allerdings in so genannten Kameraden-Kreisen ob ihrer vorgeblichen Seriosität nicht unbedingt als herausragend gelitten. So glänzten in jüngerer Vergangenheit unter der angeblichen Ägide von “Freie Offensive Sachsen“ publizierte Texte mehrmals mit aus dem politisch linken Milieu ’entliehenen’ Unterzeichnernamen. Besonders raffiniert erschien den Rechtsextremisten dabei unter anderem die von ihnen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen benutzte angebliche Autoren-Kombination von Carlo Hagen mit Peter Sonthofen.

Sollten bisherige – politisch allerdings stets sehr eindeutige – Veröffentlichungen auf “Freie Offensive Sachsen“ vielleicht noch eher den Charakter einer entsprechenden Klientel-Versorgung darstellen, so wurde mit einem Posting vom 23. Februar mittlerweile gewissermaßen der nationalsozialistische Quantensprung mehr als nur deutlich vollzogen.

Denn missverständlich ist der Text des so genannten Horst-Wessel-Liedes, der offiziellen Parteihymne der NSDAP und der quasi zweiten deutschen Nationalhymne zwischen 1933 und 1945, mitnichten. Auch die auf “Freie Offensive“ fast durchgängig nach deutschem Sprachgebrauch falsch praktizierte Interpunktion relativiert die Eindeutigkeit der Headline des Postings vom 23. Februar keineswegs.

Wer “… die Straße frei den braunen Bataillonen … Zum letzten Mal wird zum Appell geblasen! Zum Kampfe steh’n wir alle schon bereit …“ mit “Ein Toter ruft zur Tat!!!“ ergänzt, weiß ganz genau – noch dazu am 23. Februar – wovon er schreibt und wozu er auffordert. Das so genannte Horst-Wessel-Lied, seine Melodie und markante Teile desselben fallen in der Bundesrepublik Deutschland mithin nicht grundlos unter Paragraf 86 a des Strafgesetzbuches, Absatz “Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“.

[Dieser Artikel wurde am 23. Februar 2007 bei redok veröffentlicht.]

Ku Klux Klan reloaded

New York. Eine aktuelle Studie der Anti-Defamation League (ADL) weist auf das Wiedererstarken des Ku Klux Klan hin. Die ursprünglich vor allem gegen Afroamerikaner gerichteten rassistischen KKK-Gruppen agieren jetzt verstärkt gegen Einwanderer und tun sich mit Neonazis zusammen.

So resümiert die ADL in einer Pressemitteilung vom 6. Februar unter der Schlagzeile “Ku Klux Klan rebounds with new focus on immigration“, der rassistische Geheimbund agiere in letzter Zeit unter einer offensichtlich erweiterten strategischen Ausrichtung wieder deutlich aktiver. Zudem seien in verschiedenen US-Bundesstaaten zahlreiche neue Klans gegründet worden. Darüber hinaus arbeite der Ku Klux Klan (KKK) immer enger auch mit amerikanischen Neonazis zusammen.

Der ADL-Report “The Ku Klux Klan today“ führt unter anderem aus, dass dem KKK die Neurekrutierung von Mitgliedern offenbar über politisch kontroverse Themenbereiche wie beispielsweise Einwanderung, Homo-Ehe und Verbrechensraten in den Städten gelungen sei.

Schon seit den 1990er Jahre suchen KKK-Gruppen mehr und mehr eine zielgerichtete Zusammenarbeit mit amerikanischen Neonazis. Der ADL-Report berichtet in diesem Zusammenhang von einem bekannt gewordenen Strategie-Treffen von zirka 80 Mitgliedern der so genannten “Nationalsozialistischen Bewegung“ (National Socialist Movement, NSM) mit verschiedenen KKK-Mitgliedern im März 2006 in South Carolina. Die sich nunmehr seit Jahren augenscheinlich verfestigende Liaison zwischen Ku Klux Klan und Neonazis ist durchaus dahingehend bemerkenswert, da sich KKK-Mitglieder selbst ja als verfassungstreue Patrioten sehen und auch daher der Klan als solcher in der Vergangenheit von Teilen der amerikanischen Neonazis als politisch zu gemäßigt abgelehnt wurde.

Beispielhaft für die KKK-Expansion betrachtet der ADL-Report die Klan-Gruppierung “Empire Knights of the Ku Klux Klan“: Erst im Jahr 2005 in Florida gegründet, verfügt dieser Klan-Zweig mit Stand Januar 2007 mittlerweile über Strukturen in 18 US-Bundesstaaten. Nicht nur am Rand erwähnt ADL darüber hinaus auch das übers Internet verbreitete “KKK Radio“ – ein Mix aus White-Power-Musik und entsprechender Propaganda.

Erst Ende Januar diesen Jahres meldete die Nachrichtenagentur AFP die Verhaftung eines ehemaligen Mitglieds der rassistischen Organisation. Wie US-Justizminister Alberto Gonzales mitteilte, soll der 71-jährige James Seale im Mai 1964 zusammen mit anderen KKK-Mitgliedern die beiden dunkelhäutigen und zu jener Zeit 19-jährigen Henry Dee und Charles Moore verschleppt, erschlagen und anschließend in den Mississippi geworfen haben. Für seine Beteiligung an diesen Doppelmord wurde Mitte 2005 bereits der frühere KKK-Führungsmann Edgar Ray Killen zu 60 Jahren Haft verurteilt.

Anhänger des Ku Klux Klan, der “ältesten rechtsextremen und rassistischen Gruppierung der USA“ (Bündnis für Demokratie und Toleranz) sind, auch im deutschsprachigen Raum, durch die Verwendung des – die Symbolik des KKK verschlüsselnden – Zahlencodes 311 erkennbar.

[Dieser Artikel wurde am 10. Februar 2007 bei redok veröffentlicht.]

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Nach Einschätzung der Bundesregierung gibt es immer noch vier Klan-Gruppierungen in Deutschland. Allzu viele Mitglieder haben diese rechtsradikalen Rassistenclubs nicht, gefährlich werden können sie dennoch (…)

[“Ku-Klux-Klan – Brennende Kreuze“, sueddeutsche.de, 16. Februar 2018]