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Antje Hermenau: … des Lied ich sing?

Mit der CDU hat die Protagonistin ja schon länger weniger oder mehr geliebäugelt. Schwarz-Grün in Sachsen, hieß das Stichwort. Einst.  Aber wer liebäugelt schon noch mit der CDU? Heutzutage. Die Karawane zieht weiter. Überraschung?

So überrascht braucht sich nun allerdings niemand sein linkes Äuglein reiben oder ins rechte Fäustchen lachen. Zumal 140 twitternde Zeichen nur begrenzt Raum lassen, im großen politischen Weltzusammenhang in Sachsen und darüber hinaus.

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(AfD Kreisverband Mittelsachsen – Screenshot: O.M.)

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Wie gesagt, mit höchstenfalls 140 Unicode-Zeichen kann mitnichten umfassend artikuliert werden. Aber einiges schon. So oder so.

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(Screenshots Twitter: O.M.)

Wobei, überrascht braucht sich da wahrlich niemand sein linkes Äuglein reiben. Sächsisch weltweit. Und darüber hinaus.

Das Erdenleben bietet zuweilen selbst Erklärungen. Mehr oder weniger. Sachsen den sächsischen Indianern. Forza!

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(’Das neue Leben der Antje Hermenau’, Interview in Dresdner Morgenpost am Sonntag, 27. September 2015 – Faksimile: O.M.)

Der AfD Kreisverband Mittelsachsen bewirbt übrigens nach dem – ob nun mit oder ohne Buch stattfindenden – thematischen Stammtisch mit Antje Hermenau nächst nachfolgend eine Bürgerveranstaltung mit der als politisch offen bekannten Beatrix von Storch und übernächst dann eine offene Demonstration von Festung Europa.

Qui habet aures audiendi, audiat.

Gewagter Ausflug nach “Pegidistan“

Ein Büchlein, das im Stil eines nicht gerade unbekannten Reiseführers daherkommt. Ganze 106 Seiten dünn. Die es dann teilweise wahrlich in sich haben. Bei den Beschreibungen von “Reisen im Land hinter der Mauer“.

Nein, es ist kein geschichtliches Déjà-vu in der Matrix. “Kuba den Kubanern, Indien den Indianern“ bleibt weiterhin Walter Ulbricht zugeschrieben. Historisch ist das Schriftwerk mithin schon. Ansatzweise jedenfalls. In seiner Betrachtung einer mehr oder weniger fiktiven, all zu nahen, Zukunft. Aus der Vergangenheit in der Gegenwart begründet. Wer wird in diesen Tagen, Wochen und Monaten ’Dresden’ nur mit ’Dynamo’, ’Sachsen’ lediglich mit ’Eierschecke’ assoziieren können …

“Armes Deutschland!!!!“ prangt vor dem Beginn der Reise, die Uwe Leuthold durchaus sprachgewaltig über einhundert Kapitel lang vor des Lesers Augen in sächsischer Ungemütlichkeit vorüber spazieren lässt. Denn “Pegidistan bedeutet in der Landessprache soviel wie ’Land des ewigen Spaziergangs’“ und dieser kleine Reiseführer “gibt Tipps, wie man in der fremdenfeindlichsten Region zwischen Polen und Frankreich seinen Urlaub zu einem unvergesslichen Erlebnis macht und überlebt“.

Soviel satirischer Sarkasmus darf schon mal sein auf der Tour durch die allgegenwärtige “Pegidische Abendland-Republik Dresden (PRD)“. Gewissermaßen realpolitisch betrachtet.

Einen seiner Höhepunkte hat das Büchlein gleich zu Beginn. In der geografischen Einordnung der PRD mit ihren vier Regionen, “die jede für sich schon eine Reise wert sind“. Als da neben dem eigentlichen “Tal der Ahnungslosen“ wären “Die Elfenbeinturmhänge“, “Die Neustadt“, “Das Schönfärber Hochland“ und nicht zuletzt “Das Hinterland“. Kostprobe?

“… Wenn ein Ort aussieht, als hätten Asylanten ihn zerstört, handelt es sich um Heidenau. Architektonisch erinnert es an eine Raststätte für Sondermüllfahrzeuge. Bedeutendstes Gebäude und gleichzeitig größter Arbeitgeber ist die zentrale Pack-Station.

Freital besticht durch das spröde Flair eines ost-europäischen Straßenstrichs, dem die Nutten abhanden gekommen sind. Berühmt ist die Ortschaft immerhin für die Gedenkstätte ’Grab der unbekannten Weltoffenheit’ …

Von Pirna eröffnet sich der Blick auf die beeindruckenden Felsmassive des Elb-SA-Stein-Gebirges und lenkt ein wenig davon ab, wie die Stadt im braunen Sumpf vermodert …“

Wobei es dem Autor gleichwohl wichtig ist, potenziellen Besuchern ländliche Strukturen zu bebildern, die nicht einmal bodenständig Einheimische wahrzunehmen in der Lage scheinen.

“… Ethisch und moralisch bilden die drei Städte als Hinterland eine Einheit. Die Bevölkerung ist äußerst konservativ. In vielen Tälern und Wäldern wird einer primitiven Urform des Pegidismus – dem Faschismus – gehuldigt. Fremden wird empfohlen, sich in diesen Regionen nur mit einer Führerfigur blicken zu lassen …“

Wohlan denn, sage niemand, er hätte es nicht gewusst, sie wäre nicht gewarnt gewesen. Vor Pegidistan – oder diesem Büchlein.

“… Nur wenige Menschen wagten bisher, was unser Team aus befangenen Überlebenskünstlern und hartnäckigen Schubladendenkern getan hat: Einen Fuß nach Pegidistan zu setzen …“ (Klappentext).

Ein literarischer Bericht à la Goethe ist es indes nicht geworden. Sei’s drum. Lesen bildet. Reisen ebenso. Und wer auf den Gutschein für die angepriesenen fünf Euro Rabatt bei Fahnen Friedrich aus ist, muss sich das Leuthold’sche Werk ohnehin kaufen.

Fahnen Friedrich? Auf nach Pegidistan …

leuthold_pegidistanPegidistan: Reisen im Land hinter der Mauer
Uwe Leuthold
Im Selbstverlag, Dresden 2016

Uwe Leuthold wurde 1976 geboren und lebt in der Dresdner Neustadt und in Berlin. Er hat Politikwissenschaft studiert, arbeitet als freier Autor und Journalist. Bei dem Namen handelt es sich um ein Pseudonym (neustadt-ticker.de, 20. Februar 2016).

Und immer wieder grüßt der Spuckelch [error left]

Sächsischer “Phänomenbereich Sport und Gewalt“

Nach offiziellen Darstellungen waren mit Stichtag 30. April 2013 Informationen über 13.033 Personen in der Verbunddatei “Gewalttäter Sport“ beim Bundeskriminalamt erfasst.

In den letzten Wochen und Monaten wurden beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Berlin und Sachsen-Anhalt mehr und mehr bundesländerspezifische Datensammlungen über Fußballanhänger aller Couleur bekannt. Nun ebenso in Sachsen. Überraschung? Die Rechtmäßigkeit solcher Dateien steht nicht erst seit gestern in der Kritik.

Nach aktuellen Medienberichten sammelt auch Sachsens Polizei seit Jahren Informationen über die fußballtangierende Fanszene. Laut Antworten von Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf Anfragen des bündnisgrünen Abgeordneten Valentin Lippmann (Drucksache 6/4224) sind datensatzmäßig in Sachsen derzeit 594 Hooligans erfasst. Dabei wurden 328 Personen von der Polizeidirektion Dresden, 102 durch die Polizeidirektion Leipzig und 164 von der Polizeidirektion Zwickau gespeichert.

Bei einer bezüglichen Aufschlüsselung durch die Freie Presse hinsichtlich sächsischer Vereine “entfallen die mit Abstand meisten Fälle auf den Drittligisten Dynamo Dresden (328). Auf Platz zwei rangiert Viertligist FSV Zwickau (154), gefolgt von den Leipziger Vereinen Lok (72) und Chemie (19). Dem Umfeld des Drittligisten Erzgebirge Aue wird kein einziger Datensatz zugeordnet, RB Leipzig genauso wie dem VfB Auerbach nur jeweils einer, dem Chemnitzer FC vier und dem VFC Plauen immerhin neun“.

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(Ressentiments – Foto: O.M.)

“Warum es neben der datenschutzrechtlich höchst umstrittenen vom Bundeskriminalamt geführten bundesweiten Datei ’Gewalttäter Sport’ eine weitere sächsische Datei braucht, ist nicht nachvollziehbar. Zumal in der sächsischen Datei offensichtlich mehr Personen aus Sachsen gespeichert werden als in der bundesweiten. Während 2015 in der BKA-Datei ’Gewalttäter Sport’ 480 Personen gespeichert wurden, sind es in der sächsischen Datei immerhin über 100 Personen mehr”, so Valentin Lippmann.

Das für den “Phänomenbereich Sport und Gewalt“ angewandte “ermittlungsunterstützende Fallanalysesystem Sachsen“ (eFAS) sei nach Ministeriumsangaben “keine Auskunftsdatei im klassischen Sinn, sondern ein ’Arbeitsinstrument’ für die Ermittlungen in Strafverfahren“.

“Eine regelmäßige selektive Datenübermittlung erfolgt anlassbezogen an das Bundeskriminalamt … Für personenbezogene Daten ist in eFAS eine Aussonderungsprüffrist von zwei Jahren vorzugeben. Eine automatisierte Routine prüft das Aussonderungsdatum. Mit Erreichung des Aussonderungsdatums entscheidet der Sacharbeiter über eine Löschung oder im begründeten Einzelfall über eine rechtlich zulässige Verlängerung der Speicherung.“

Seit Jahren schon steht mehr als deutlich am Raum, dass allein schon derjenige, “wessen Personalien … einmal im Rahmen der ’Gefahrenabwehr’ kontrolliert worden sind, Eingang in die Datei ’Gewalttäter Sport’ [findet] und sich strafrechtlicher und zivilrechtlicher Anfeindung ausgesetzt [sieht]“ – “Schlimmer geht es nimmer! Dieses System lässt jedem Datenschützer die Haare zu Berge stehen!“ (anwalt.de, 29. Februar 2012).

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– Update –

(…) Nachdem mittlerweile in elf Bundesländern öffentlich wurde, dass die Polizei Datenbanken oder Dateien über Fußballfans angelegt hat, fordert die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte nun die Löschung all dieser Dateien (…) [Faszination Fankurve, 15. April 2016]

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Im Angebot: Bundesland Tschechien

“Wie gut kennen Sie Ihre Heimat?“, titelfragt großformatig die aktuelle Morgenpost am Sonntag Leserinnen und Leser in der sächsischen Welt. Und formulierte 30 Fragen auf üppig bedrucktem Papier. Von der Rubrik “Bauwerke“, über “Wirtschaft und Politik“ hin zur “Natur“ sowie “Persönlichkeiten“, “Geschichte“ und last but not least “Allgemeines“.

Nein, an dieser Stelle wird sich mitnichten über den Schwierigkeitsgrad einiger gequizzter Problematiken lustig gemacht. Selbst nicht beispielsweise über die “Natur“-Frage “Wie nennt der Sachse einen Marienkäfer? – *Modschegiebschn *Schmiesche *Hidsche“.

Schließlich fragt ja nicht umsonst eine balkengroße Überschrift seriös: “Kennen Sie Sachsen aus dem Effeff?“. Auch global. Eben.

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(Morgenpost am Sonntag, 6. März 2016 – Foto: O.M.)

Und jetzt werden einmal flink alle Bundesländer der Republik durchgezählt. Ob noch alle da sind. Irgendwie. Geopolitisch gesehen. Wer übernimmt das?

Biedenkopf gibt Kurt die Hand

Die Zeit ist ein ständiger Fluss. Verschiedenes ändert sich, einiges bleibt gleich. Im Blick auf den Zeitfluss mag mancher zuweilen manches weitestgehend gleichsetzen. Übergreifend. Gewissermaßen nach dem historischen Prinzip einer Querfront. Sinnbildlich. Populistisch?

Populär statt populistisch dünkte Kurt Biedenkopf nicht wenigen in seiner politischen Blütezeit als sächsischer ’Landesvater’. “Das System Biedenkopf“ schien öffentlich eher unpopulär ob einer genaueren Beleuchtung. Im Jahr 2002 bei edition ost publiziert, warf das Werk von Michael Bartsch als Report allerdings mehr als ein erhellendes Licht. “Der Hof-Staat Sachsen und seine braven Untertanen. Oder: Wie in Sachsen die Demokratie auf den Hund kam“ (Buch-Teaser). Lesen kann bilden. Auch heute noch.

Nun, im Zeitfluss geht es nach wie vor um Demokratie. Weniger oder mehr. Und einiges scheint unverändert. Unverrückbar. Fast wie tausendjährig.

Kaum, dass die letztaktuellen Biedenkopf’schen Thesen zur ostdeutschen Immunität gegen rechtsextremes Gedankengut verraucht scheinen, wird wiederum Feuer entfacht. Verbal. Von Sachsens Alt-Landesväterchen. Kann doch so betitelt werden? Obwohl so eine Titulierung ja irgendwie verniedlicht. Und verniedlichen will im demokratischen Diskurs wohl kaum jemand.

“Die Pegida-Demonstrationen sind Ausübung eines ganz entscheidenden demokratischen Grundrechts, nämlich demonstrieren zu dürfen“, referierte Kurt Biedenkopf am 29. Dezember in einem Interview bei Deutschlandradio Kultur seine Sicht der Dinge. Unverrückbar? Grundrechte. Demokratie. Gut. Doch der analytische Blick vom Biedenkopf Kurt endet nicht profan am rechten Rand der jüngeren Geschichte.

“Ich möchte unter keinen Umständen, dass die Pegida-Demonstrationen mit der Statistik von der ’Zeit’ [Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte] in Zusammenhang gebracht wird. Das ist unzulässig.“

Es ist schon ein Kreuz mit den demokratischen Grundrechten. Und manchmal eben ein brennendes. Könnte unzulässig versimplifiziert werden. Wobei Biedenkopf gleich zu Beginn des Gesprächs deutlich macht, “wenn Leute ein Haus anzünden, ist das keine politische Erklärung, sondern ein Verbrechen. Dass wir das sofort der politischen Entwicklung des Landes zurechnen, halte ich für fragwürdig“.

Unethisch meinungsbildet wiederum natürlich kein Ex-Landesväterchen, ein ostdeutschsächsisches schon gar nicht. Denn “es gibt genug Gründe in Ostdeutschland, nicht nur in Sachsen, sondern in Ostdeutschland, warum die Bevölkerung über diesen starken Flüchtlingszustrom beunruhigt ist“, greift Kurt Biedenkopf offenbar das Motto Sachsen den sächsischen Indianern auf und verfeinert es sogleich zielgerichtet, denn “wir müssen mit den Menschen, die so verunsichert sind, Friedensgespräche, Gespräche führen“. Sinnbildlich?

Nun ja, den Gesprächseinwurf der Interviewerin, Liane von Billerbeck, sie wäre “auch Ostdeutsche“ und “nicht verunsichert“, wischt Biedenkopf hinweg, dann sei von Billerbeck eben “eine glückliche Ausnahme“. Und außerdem, “ich glaube nicht, dass wir weiterkommen, wenn wir das immer auf diese Gleise schieben“, so im Weiteren die Biedenkopf’sche Ansage. Mit aller gebotenen Deutlichkeit.

Und nichts liegt dem sächsischen Alt-Landesvater ferner als Undeutlichkeit. Schon in früheren Jahren beschrieb er konkret seine Beobachtungen des politischen Zeitgeschehens. Aufmerksam. Analysierend. Fundiert. Unvergessen.

“In Sachsen haben noch keine Häuser gebrannt, es ist auch noch niemand umgekommen … Und die sächsische Bevölkerung hat sich als völlig immun erwiesen gegenüber rechtsradikalen Versuchungen. In Sachsen gibt es keinen Grund, auf der Grundlage des Wahlverhaltens der Bevölkerung von einer Gefahr von rechts zu reden“ (Kurt Biedenkopf, November 2000).

Dem Fluss der Zeitgeschichte folgend, stellte Deutschlandradio Kultur den CDU-Politiker aktuell als heute in Bayern lebend, “dem Land Sachsen aber weiterhin stark verbunden“, vor.

“Die Sachsen haben eine Innovation gehabt, eine politische Innovation, nämlich eine politische Gruppierung, die keine Partei ist, die sich aber in Anlehnung an frühere Protesterscheinungen in der Zeit vor der Wiedervereinigung an diese Erscheinungen anlehnen und aufmerksam machen wollen“ (Kurt Biedenkopf, Interview, ZDF heute journal, 13. Oktober 2015).

“Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran“ (in memoriam Fehlfarben). Frei nach Hermann L. Gremliza ist in diesem Land nichts unmöglich.