Fear City Dresden – Frank Willmann reflektiert Dynamo

Gehen wir davon aus, dass es wirklich Leute geben soll, die sich die Zeitschrift 11Freunde nur allein schon wegen ’Hans Meyers Wahrheiten’ kaufen. Eine Kostprobe aus der neuesten Ausgabe gefällig? “… in der DDR hatten wir ja ohnehin keine Tanzlokale, geschweige denn Autos.“ Wer die Meyer’sche Ironie mag, kann den Hans nur mögen.

Ironie ist ja zuweilen auch ein fester Bestandteil publizistischer Organe in der Presselandschaft. Und muss als solche – griechischer Stinkefinger hin oder her – nicht ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden.

Ist es Ironie, wenn man beim Blättern durch das aktuelle 11Freunde-Heft dann urplötzlich an einen gewissen Andreas Böni erinnert wird? Ein Déjà-vu in der Matrix?

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Nun kann man mitnichten den Artikel “Stadt der Angst“ von Frank Willmann mit dem damaligen Böni’schen “Ich war in der Hölle von Dresden“ vergleichen. Zumal es bei Berichten rund um Dynamo Dresden schon immer gern einmal ein bisschen mehr sein durfte, scheinbar hier und da nach wie vor unverändert. Und wenn es auch nur die reißerische Headline in einer seriösen Fußballfachschrift ist.

Über den Inhalt des Willmann’schen Angst-Beitrages in 11Freunde Numero 161 mögen die geneigten Leserinnen und Leser letztendlich selbst befinden. Der Output von gut drei dreispaltig bedruckten Textseiten hat schließlich einiges an akribischer Recherche hinter und in sich. Ziemlich unironisch gemeint. Garantiert.

“Dynamo Dresden ist der Gewaltklub des deutschen Profifußballs“ (Frank Willmann, 11Freunde, Ausgabe April 2015).

Fein, dass wir wieder einmal darüber gesprochen haben.

Und jetzt haben alle eine Stunde Zeit, um ihr Wissen über Ausschreitungen und Gewalt in der deutschen Fußball-Landschaft zu aktualisieren. Also: Bundesweit. Update läuft.

“Haben Sie schon mal einen Wegweiser gesehen, der mitläuft, junger Mann?“ Der Meyer Hans hat doch immer noch einen auf Lager …

Post Scriptum: Und ja, Herr Frank Willmann, der Kotte-Weber-Müller-Fall war “eine große Schweinerei damals“. Ganz ohne Ironie. Punkt.

[Dieser Artikel wurde am 24. März 2015 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

MedienScreen # 35 [Ultras nach BGH-Urteil nicht mit Hooligans gleichgesetzt]

[Fundstück] “Bundesgerichtshof erweitert den Begriff der kriminellen Vereinigung nicht“, fananwaelte.de, 12. März 2015 –

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte kritisiert die Kommentierung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22.01.2015, 3 StR 233/14, zur Frage der Einordnung von sogenannten Hooligan-Gruppierungen als krimineller Vereinigung. Ohne die schriftlichen Urteilsgründe abzuwarten, wurden nach Bekanntwerden der Entscheidung angeblich erweiterte polizeiliche Befugnisse insbesondere von Seiten der Polizeigewerkschaften begrüßt. Insbesondere wurde suggeriert, der BGH habe die “kriminelle Vereinigung” begrifflich erweitert.

Dies ist jedoch nicht zutreffend. Der Bundesgerichtshof nimmt mit seiner Entscheidung keine Erweiterung des Begriffs der kriminellen Vereinigung vor, sondern hält seine ständige Rechtsprechung aufrecht. Eine Ausdehnung des Begriffs der kriminellen Vereinigung beispielsweise auf Ultrafangruppen lässt sich durch das Urteil des Bundesgerichtshofs gerade nicht begründen.

Nach der Rechtsprechung des BGH setzt eine kriminelle Vereinigung voraus, dass Ziel und Zweck einer Personenvereinigung die Begehung von Straftaten ist, wobei sich – als wesentliches Abgrenzungsmerkmal zu nichtkriminellen Vereinigungen – die Gruppenmitglieder unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinung der Willensbildung der Organisation und diesem Ziel unterwerfen.

Dies ist bei Ultrafan-Gruppierungen nicht der Fall. Die Mehrheit der Mitglieder von Ultrafan-Gruppierungen verfolgt das Ziel, die jeweilige Fußballmannschaft zu unterstützen und stellt das verbindende Fußballerlebnis in den Vordergrund. Das Begehen von Straftaten ist nicht das gemeinsame Ziel, was bereits aus der Heterogenität der Zusammensetzung folgt. Das Urteil des BGH stellt eine reine Einzelfallentscheidung dar und betrifft nicht die Ultrafan-Gruppierungen (…)

[Dieser Beitrag wurde am 23. März 2015 bei Ostfussball.com publiziert.]

Thomas de Maizière und Red Bull – Das geht

In Zeiten einer zuweilen flachpolemisch und zunehmend plakativ geführten Diskussion seitens der Funktionäre aus Sport und Politik um die bereits jahrelangen Fan-Proteste gegen das Konstrukt RasenBallsport Leipzig sei es erlaubt, die jüngst dahingehende Äußerung des amtierenden Herrn Bundesinnenministers leicht polemisch verkürzt zurechtgespitzt wider zu geben.

“Diese Form der Auseinandersetzung geht gar nicht. Die DFL hat recht strenge Regeln, was die Besitzverhältnisse in Vereinen angeht. Ich bin dafür, dass diese Regeln so bleiben. Wir wollen keine Klubs, die Oligarchen aus dem Ausland gehören. Was RB Leipzig angeht, ist alles von der DFL überprüft worden.“

[Thomas de Maizière – ausführlicher zitiert in ’Welt am Sonntag’, 15. März 2015, welt.de]

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(Foto: O.M.)

Was gewaltfreie Protestformen generell angeht, gibt es keinerlei Dissens im praktizierten Verständnis, das ist unbesehen. Protest muss gewaltfrei möglich sein, aber auch ermöglicht werden. Dafür steht das hohe Gut der Meinungsfreiheit.

Vom Recht auf freie Meinungsäußerung ist ebenso die ministerielle Aussage gedeckt, dass das Argusauge der Deutschen Fußball Liga (DFL) das Red-Bull-Engagement seit den Anfängen in Leipzig-Markranstädt geprüft und für richtig befunden habe. Den Sächsischen Fußball-Verband (SFV) sowie den Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) der Einfachheit halber einmal als untergeordnete Dienststellen im fußballerischen Weltgeschehen betrachtend.

Oligarchen gehen zum Lachen wohl eher selten in den Keller. Aber das wiederum ist nur eine Vermutung.

Wer am zurückliegenden Wochenende die Berichterstattungen über den Alltag von der ersten bis zur dritten Liga bei den Fernsehanstalten aufmerksam verfolgt hat, konnte auf verschiedensten Stadionrängen der Republik durchaus so einiges wahrnehmen. Lobpreisungen für Red Bull Leipzig waren das augenscheinlich nicht. Dürfen Fans das? Noch?

“RB Leipzig nimmt DFL in die Pflicht”, meldete DPA dieser Tage. Bei der nächsten Vollversammlung der Deutschen Fußball Liga Ende März soll die Problematik um die Proteste gegen RasenBallsport Leipzig nun sogleich auf der Tagesordnung stehen. Sportpolitisch gesehen. Darf man gespannt sein?

[Dieser Artikel wurde am 15. März 2015 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]

Dynamo Dresden und die Pressefreiheit

“Die Geschichte lehrt andauernd. Sie findet nur keine Schüler“, so formulierte Ingeborg Bachmann. Kann diese eher soziologische Aussage unter gewissen Umständen im Bezug auf den Umgang handelnder Personen bei der Sportgemeinschaft Dynamo Dresden hinsichtlich der Möglichkeit auf freie Berichterstattung mittlerweile als widerlegt angesehen werden?

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(Rudolf-Harbig-Stadion, Abendrot, Frühjahr 2011 – Foto: O.M.)

Im Vorfeld des diessaisonalen DFB-Pokalspiels zwischen Dynamo Dresden und Borussia Dortmund entzog der Dresdner Verein in Persona seines Pressesprechers, Henry Buschmann, dem Journalisten Ullrich Kroemer die Akkreditierung. Nach einem von der Tageszeitung (taz) unterstellten “Kuhhandel zwischen Fußball und ZDF“ erhielt Kroemer “seine Stadion-Erlaubnis zurück“.

Beim Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) hat der Fall für Beachtung gesorgt. Etwas Vergleichbares habe es bis dato nicht gegeben. Er halte es für “besorgniserregend, wenn kritische Berichterstattung auf diese Weise sanktioniert wird“, sagt VDS-Präsident Erich Laaser: “Wir sind die ’vierte Gewalt’ im Staat. Wenn Akkreditierungen entzogen werden, ist das ein Angriff auf die Pressefreiheit.“ [taz.de, 11. März 2015]

Mit Beginn der damaligen Zweitliga-Saison 2011/2012 für Dynamo Dresden verweigerte der Dresdner Verein in Persona seines Pressesprechers, Henry Buschmann, einem Redakteur von Ostfussball.com die Fortführung einer bis dato jahrelang bestandenen Jahresakkreditierung für die Heimspiele im Rudolf-Harbig-Stadion.

(…) Nach erheblicher Intervention unsererseits [Deutscher Presse Verband] hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Durchführungsbestimmungen zu den Medienrichtlinien für die Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga seit dem 1. August 2012 geändert. Seitdem ist die Vorlage “eines von einem Berufsverband ausgestellten, nationalen Presseausweises nachzuweisen“. Dazu zählt der von uns ausgestellte Presseausweis. Die einzelnen Bundesligavereine orientieren sich an diesen Durchführungsbestimmungen.

DPV-Journalisten können sich in Zukunft entsprechend über den Presseausweis als Akkreditierungsmittel bei den Bundesligavereinen beziehungsweise über die DFL als Pressevertreter akkreditieren lassen (…)

Gleichwohl erteilte der Dresdner Verein in Persona seines Pressesprechers, Henry Buschmann, dem Akkreditierungsersuchen eines Redakteurs von Ostfussball.com für das Relegationsrückspiel am 28. Mai 2013 um den letztendlichen Verbleib beziehungsweise Aufstieg in die 2. Bundesliga zwischen Dynamo Dresden und VfL Osnabrück eine erneute Absage.

Einem Aphorismus von Werner Schneyder – “Die Geschichte wiederholt sich nicht. Sie bleibt nur gleich“ – kann an dieser Stelle nur schwerlich widersprochen werden.

Nun ist Ostfussball.com mitnichten dem ZDF vergleichbar. Und auf einen bevorzugt kostenfreien Sitzplatz auf der Pressetribüne, labberige Brötchen und warme Getränke zur Halbzeitpause kann verzichtet werden. Auf die Pressefreiheit nicht.

[Dieser Artikel wurde am 12. März 2015 bei Ostfussball.com veröffentlicht.]